HU Tobacco | Manyara

Rechtzeitig zur Pfeifenshow in Lohmar gibt es wieder einige neue Tabake von HU Tobacco, darunter auch einen aus der Afrika-Serie, an dem ich mitgewirkt habe (um das gleich vorweg zu sagen) und den ich hier kurz vorstellen möchte. Er heißt „Manyara“, benannt nach dem gleichnamigen See in Tansania und wie bei allen den Tabaken der Serie ist der Name auch hier eine Referenz an die Herkunft einiger dabei verwendeter Basistabake, nämlich Westafrika.

HU Tobacco ManyaraNach der wahnsinnig positiven Resonnanz auf die letzte Neuerscheinung, den Nyala, der ja eine Burley/Virginia/Perique basierte Mischung mit Zigarrenblattgut, in diesem Fall Havanna und Brasil, war, haben wir beschlossen, das Konzept „Zigarrentabak“ als Komponente eines trotzdem geschmacklich eindeutigen Pfeifentabaks zu wiederholen – nur eben ganz anders: Ist es beim Nyala ein karibischer Einschlag, welcher der süßen Burley Mischung das gewisse Etwas verleiht, so haben wir dieses Mal beim Manyara an die italienischen Toscani, also fermentiertes Kentucky-Blattgut, gedacht. Wieder sind es verschiedene Burleys, die den Geschmack mitbestimmen, allerdings abgemischt mit einem kräftigen Firecured Virginia, der dafür einen etwas kleineren Anteil hat. Dazu eben der Kentucky, wieder etwas Brasil und, auch hier dem Nyla nicht unähnlich, die nötige Menge Perique. Hinzu kommt noch eine geringe Menge cypriotischen Latakias, die sich geschmacklich aber ganz weit hinten anstellt und eigentlich eher die Funktion hat, die Würzigkeit ein klein wenig zu erhöhen und die breite Erdigkeit des Kentucky in Schach zu halten. Verbunden wird das alles mit einen kleinen, gerade ausreichenden Anteil Orient.

Ich weiß, bei der puren Erwähnung von Latakia klingeln bei vielen eingefleischten Virginia/Perique Liebhabern alle Alarmglocken, aber beim Manyara ist das gänzlich unnötig, denn geschmacklich ist die Mischung von einer „englischen“ Latakiamischung soweit weg wie eine Giraffe vom Nordpol. Trotz des kleinen Latakiaanteils haben wir es beim Manyara mit einer naturbelassenen, relativ süß-cremigen und trotzdem recht würzigen Mixture zu tun, die sich durchaus auch (und vielleicht sogar in erster Linie) an Pfeifenraucher wendet, die mit Latakia nichts am Hut haben. Der Latakia ist hier eher wie eine Piccoloflöte in einer großen Orchesterbesetzung.

HU Tobacco ManyaraDas Tabakbild präsentiert sich entsprechend vielfältig: farblich die gesamte Palette vom grünlichen Orient über die verschiedenen Brauntöne der Burleys, des Kentuckys und des Virginias bis zum Schwarz des Periques und des Latakias. Eine ähnliche Bandbreite haben wir auch bei den Schnittarten mit verschiedenen Ribbon Cuts, Ready Rubbed Flakes und bei einem der Burleys Cube Cut. Das Ganze sieht nicht nur wunderschön vielschichtig aus, es gewährleistet auch ein perfekten, gleichmäßigen wie langsamen Abbrand.

Der Manyara lässt sich vollkommen problemlos stopfen und entzünden, ist für jede Brennkammergröße gleichsam geeignet und läßt sich genauso problemlos bis zu Ende rauchen. Das klingt eigentlich auch nach einem wunderbaren Anfängertabak, aber ich würde ihn eher erfahreneren Pfeifenrauchern empfehlen, erstens weil der Tabak sehr komplex ist und zweitens weil der Manyara kein Leichtgewicht ist. Kentucky, Dark Fired Virginia und der Perique sorgen für einen anständigen Körper. Trotzdem ist der Manyara weit entfernt von einer „Bombe“, gerade auch von einer „monotonen Bombe“, wie sie uns bei Kentucky-basierten Tabaken oft begegnet. Wir wollten explizit einen geschmacklich vom Kentucky geprägten Tabak kreieren, dem aber diese monotone Monumentalität abgeht und der stattdessen raffiniert und komplex ist. Ich persönlich finde, dass das dem Hans Wiedemann sehr gut gelungen ist und die ersten Reaktionen bestätigen das aufs Trefflichste.

HU Tobacco ManyaraWenn man nun den Manyara raucht, entfalten sich geschmacklich genauso viele Nuancen, wie man sie im Tabakbild schon optisch wahrnehmen kann. Von Beginn an und kontinuierlich bis zum Ende einer Füllung. Dabei entwickelt sich der Tabak nicht von einer bestimmten Richtung in eine andere, sondern dieses geschmackliche Feuerwerk von malziger Süsse, Kuchen, Brot, Erde, Leder, Schokolade, Nuss, Trockenfrüchte, Holz und Röstaromen hält über die gesamte Rauchdauer an. Der Manyara lässt immer etwas davon aufblitzen. Das macht ihn in meinen Augen so attraktiv, obwohl ich ansonsten ein großer Fan von „Entwicklungstabaken“ bin. Langweilig ist der Manyara nie, dazu ist er viel zu komplex und vielschichtig.

Übrigens trinke ich sehr gerne einen Kaffee zum Manyara und abends auch manchmal noch einen Grappa dazu und träume mich mit einem Anflug von Toscanello in eine neapolitanische Bar vor dreißig Jahren als das Rauchen dort noch erlaubt war….

7 Antworten

  1. Alexander sagt:

    Lieber Peter, das ist mal wieder ein wunderbares Review und ich hätte auch dieses Mal wieder erst den Artikel und dann den Tabak geniessen sollen, so vieles ist mir beim Rauchen nicht aufgefallen. Das einzige was ich sofort bemerkt habe, war, dass es tatsächlich – wie es oft irrtümlich dargestellt wird – kein „Engländer“ mit nennenswert Latakia ist.

  2. Als ich „Havanna und Brasil“ gelesen habe, war der Tabak gleich mal für mich durchgefallen. Als 120%iger Pfeifler, der in seinem kurzen Leben weder jemals eine Zigarette noch eine Zigarre geraucht hat, ein sogenanntes no-go, oder verständlicher, wenn auch länger, ein „da führt kein Weg nicht hin“.
    In diesem Fall verstehen Bayern, womöglich auch Frrranggen oder Österreicher, Tiroler, die doppelte Verneinung keineswegs als Bejahung.
    Beim vorletzten Münchner Clubtreffen konnte ich mich als umgänglicher, höflicher Zeitgenosse einer Probe allerdings nicht entziehen. Zum Glück hatten sich schon Viele vor mir bedient, so dass nur ein kleiner Rest verblieb, auch noch ziemlich bröselig und kurz vor der „Verstaubung“ stehend.

    Aber ööha! Selbst diese Höflichkeitsmenge machte durch eine unglaubliche Geschmacksbreite meine in der Regel zementierte Voreingenommenheit und Unbelehrbarkeit sogleich zunichte. Ein erneuter Versuch aus eigener Dose war notwendig und erfolgte in den vergangenen Tagen, ausserdem wollte ich das so schön beschriebene Tabakbild in realiter sehen.

    Kurzum: befüllen, zünden und alles ist nur noch abgehoben gut. Eine solche Komposition bei einem neuen Tabak ist mir schon lange nicht mehr untergekommen. Ich habe eine 1966er mittelgroße Kriswill Bernadotte für die erste Füllung gewählt, gefolgt von einer Jess Chonowitsch Canadian.
    Alles, was der Rezensent beschrieben hat, stellte sich ein, mir fällt dazu noch ein Prädikat ein, mit dem ich für mich den Manyara einordne: s ü f f i g !

    Der Rezensent mag sich in das 1930er Jahre Neapel wünschen, meinetwegen auch ins Berliner Deutsch-Sibirien oder auf den Mond, bei mir reichte ein Abend auf der Terrasse, in meinem raucherlaubten Garten, mit einem Monsooned Malabar vom Fausto und – als Kontrast zu dieser gewaltigen, sanften Geschmacksvielfalt des Manyara, ein knallharter Grappa Nardino (Bianco) aus der Billigfraktion, immerhin aus der ältesten Destillerie Italiens. Insofern folge ich der Empfehlung für das begleitende Drumherum.

    Auf jeden Fall: ein so eigenständiger, perfekt komponierter Tabak, der neben wunderschöner Optik, einer Melange aus unterschiedlichen Schnittformaten, die zu einem hervorragenden Abbrand führen und mit dem Wichtigsten aufwartet, nämlich einem köstlichen Wohlgeschmack, gehört in die Standardriege eines jeden ambitionierten Tabakliebhabers. Ich fange schon mal an zu bunkern.

  3. Karl Hirsch sagt:

    Seit vergangenen Freitag versuche ich dem Tabakerlebnis der Vorkoster auf die Spur zu kommen.
    Aber…
    …ich öffne die Dose – Latakia.

    …ich zünde den Tabak an.
    …ich zünde den Tabak an.
    …ich rauche den Tabak – Latakia, doch, Latakia meldet der Geschmacksinn.
    …ich zünde den Tabak an.
    …ich schnuppere während des Rauchens den Rauch, irgendwas …ich zünde den Tabak an…
    anderes, mit ordentlicher Substanz, aber auch keine Glimmmarmelade, meldet die Nase. Während ich den Tabak anzünde fällt mir das Modewort „kann was“ ein.
    …ich zünde den Tabak an.
    …ich betrete den Rauchsalong wieder – Zigarre. Ganz leicht, aber Zigarre meldet die Nase.

    Sicher keine zypriotische Bombe, aber…Ich würde diesen Tabak weniger als Latakiamischung empfehlen, mit der auch ein Pfeifenraucher, der dieser Sorte von Würztabaken ablehnend gegenübersteht, seinen Frieden findet, sondern eher den Tabakfreunden, die sich der Welt dieses alle anderen Geschmackstönungen spurlos niederknüppelnden Latakia nähern und ab da zeitlebens keinen richtigen Tabak mehr rauchen wollen, als ersten Schritt in die falsche Richtung.

    Wie? Ich ein Latakiafeind? Bitte, ich habe seit Jänner 2009 eine Dose Huber Balkan aus der ich immer wieder gerne eine kleine Menge entnehme. Doch, noch jede Menge vorhanden. Sogar Zündhölzer.

    Oder die Kirchberger hat mir das Pfeiferauchen verlernt. Klagen?

  4. Karl Hirsch sagt:

    PS: Falls jemand den beschriebenen Tanz mit dem Feuerzeug ernst nimmt: Wenn man am Freitag frischen Tabak erhält und nicht warten kann, bis er sich etwas konditioniert hat (Fön kommt nur beim Epikur zum Einsatz 😉 ) ist es kein Wunder, wenn man öfter zum Zündmittel greifen muß. Also die Abbrennqualitäten entsprechen mit Sicherheit eher den Eindrücken, die Peter Hemmer gewonnen hat. Übertrieben hab ich allerdings nicht.

  5. Karl Hirsch sagt:

    Erratum und nochmals von vorne.

    Nachdem einige Zeit vergehen konnte ehe meine Kommentare freigeschaltet werden (schaut da überhaupt noch jemand nach 🙂 ? ), ist es eine günstige Gelegenheit, mein vielleicht allzu hartes Ersturteil zu mäßigen, ja, sogar zu revidieren.

    Der Grund für die sie absonderliche Reposte auf die Begeisterungsstürme der Vorkoster liegt eindeutig in meiner Ungeduld. Man muß demTabak schon einwenig Zeit lassen sich für das Gerauchtwerden in Form zu bringen, sprich, ihn einwenig Feuchtigkeit verlieren lassen.

    Die eingangs erähnte deutliche Latakialastigkeit ist jetzt weg. Lediglich beim etwas Flamme benötigenden frisch Anzünden ist dieser Geruch immer noch deutlich, verschwindet aber dann, um dem erwähnten dezent riechenden Wölkchen Platz zu machen.
    Da ich den (zu) frischen Tabak ständig anzünden mußte, ist dieses Phänomen omnipresent gewesen. Immerhin eine interessante Entdeckung: Je heißer, desto Latakia.

    Auch der Zigarrengeruch im Zimmer ist weg. Es duftet wie die von Mund und Pfeife aufsteigenden Rauchkräusel. Leicht, feenhaft. Man befindet sich in der selten gewordenen Welt des Guten und Wahren. Unauffällig zwar, wie es das Gute und Wahre leider so an sich hat, aber ein subtileres Abkoppeln vom Alltag als wie der Griff zu irgendeinem Vergissesgesöff.

    Getestet habe ich in einer frischen 20-cm-Tonpfeife. Man sollte ja sowieso nichts anderes rauchen. Zwei Füllungen hab ich noch, ich habe den Verdacht, die sind dann noch besser.

    • Lieber Karl, es tut mir sehr leid, dass ich deine Kommentare nicht eher freischalten konnte, aber ich kraxelte in den österreichischen Bergen herum und da ist – wie gerade du sicher bestätigen kannst – nicht immer alles so wichtig, was in diesem „Internetz“ passiert. Umso mehr freue ich so viel deiner sprachlichen Köstlichkeiten auf einmal lesen zu dürfen. (Wenn mir schon Bodo meine einzige Dose Manyara abgeschwatzt hat und ich mich mit ein paar Scheiben Dockworker Flake auf dem Sonnenbankerl vor der Almhütte begnügen musste – was für ein Stilbruch!)

  6. Anonymous sagt:

    Hallo zusammen, liebe Gemeinde,
    nach einem wiederholten Lesen der Rezension als auch der Kommentare, stelle ich fest, dass der Tabak eher nicht meine Richtung sein dürfte, da war von Schokolade, Trockenfrüchten und Nüssen die Rede…. tststs, ja hammer denn scho Weihacht’n?

    Unbeschadet dessen hat mich der Artikel wieder mal auf die Seite von http://www.hu-tobacco.de respektive Bosch in FFB geführt und dabei habe ich feststellen können, dass das Portfolio dermassen gewachsen ist, dass man schon fast den Überblick verliert.
    Es wäre sehr schön, wenn man hier mehr dazu zu lesen bekäme, ein Review ist halt doch immer etwas anderes, als eine reine Beschreibung auf der Seite des Anbieters.
    Insbesondere vor dem Hintergrund, dass viele (fast alle?) Tabake der Africa-Linie mit Perique sind. Das mag nicht unbedingt was Schlechtes heißen, aber jetzt eine 100gr. Dose eines Tabakes zu versuchen, der zwar interessant klingt, aber eine Zugabe enthält, die ich nur in homöopathischen Dosen vertrage/ertrage/schätze, dünkt mich mit leicht unkalkulierbarem Risiko verbunden zu sein.
    Also liebe Autoren, helft mir und anderen Interessierten und Verängstigten!

    Dazu eine weitere Anmerkung: da dieses Forum ja doch in engerem Kontakt mit der HU-Manufaktur steht, und auch schon das Buch dazu besprochen wurde, wie wäre es denn, würde man die Tabake in eigenen Rubriken zusammefassen? Sonst ist es ein bisschen umständlich zu suchen, insbesondere, wenn man weiter zurückliegende Rezensionen finden möchte.

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