Cornell & Diehl | Bayou Night

Was ist das: es ist Latakia drin und es ist kein Segelschiff auf der Dose? Dann könnte es Nacht sein. Bingo! Diesmal hat es mit der Nacht allerdings seine besondere Bewandnis, denn Cornell & Diehls Bayou Night hat ein Gegenstück, den Bayou Morning. Beide Tabake gehören seit vielen Jahren zum klassischen Kernrepertoire von Cornell & Diehl, wobei der Bayou Night kein Bayou Morning mit Latakia drin ist sondern auf einer eigenständigen Basis steht. Im geschmacklichen Erlebnis dagegen, so finde ich zumindest, lassen sich die beiden Tabake durchaus gegenüberstellen. Dazu gleich mehr.

Der Bayou Night ist eine Ribbon Cut Mixture, die aus Virginias, Latakia, etwas Orientals und Burley und einer ziemlich beeindruckenden Portion Perique besteht. Wegen dieses beträchtlichen Perique-Anteils ist der Bayou Night mit seinem Latakia als Scottish Mixture beschrieben, was ich doch etwas irreführend finde, denn der Bayou Night ist ein ziemlich einzigartiger Tabak, der sich der Einordnung in stilistisches Schubladendenken eigentlich verschließt.

Bayou Night

Wenn wir uns das Tabakbild mal anschauen, dann sehen wir eine farblich ziemlich ausgewogene Ribbon Cut Mixture, bei der sich Virginias, Orientals und Burley auf der einen Seite mit dem dunklen Blattgut auf der anderen in etwa die Waage halten. Da der Bayou kein übermäßig rauchiger Tabak ist, wird also auch optisch schnell klar, dass da eine beträchtliche Menge Perique im Spiel ist. Im Geruch sowieso, denn der Tabak riecht schwer malzig, etwas säuerlich mit starken, leicht muffigen Trockenfrüchte-Noten und einer zwar deutlichen, aber keineswegs dominanten Latakia-Rauchigkeit. Diesem Tabak fehlt jede Leichtigkeit. Schwer und breit fluten einem die Aromen aus der Dose entgegen. Attraktiv im Übrigen!

Bayou Night

Wie die Aufbereitung als Ribbon Cut Mixture erwarten lässt, stellen das Stopfen und gleichmäßiges Entzünden des Bayou Night keinerlei Problem dar. Der Tabak glimmt langsam und gleichmäßig konstant über die ganze Füllung hinweg durch. In diesem Sinn wäre der Bayou Night eigentlich auch für Anfänger geeignet, -wäre-, denn nach wenigen Zügen wird klar, dass hinter diesem Tabak eine ganz beträchtliche Kraft und Stärke stehen, eine Stärke, wie sie für Latakia-Mischungen ziemlich ungewöhnlich ist.

Aber ist der Bayou Night geschmacklich überhaupt eine Latakia-Mischung? Klare Antwort: Jein! Der Bayou Night ist ein Tabak, der sich zwischen die Stühle setzt und zwei an und für sich recht unterschiedliche Tabak-Genres gleichermaßen bedient: für mich, als ein Raucher, der hauptsächlich Latakia-Mischungen raucht, kommt der Bayou Night wie ein voller Virginia/Perique Tabak daher, dem man eine Portion Latakia verpasst hat. Man kann den Tabak aber auch genauso gut umgekehrt, als Latakia-Blend mit einer breiten Virginia/Perique Basis interpretieren. Hier hängt es auch ein bisschen davon ab, ob man den Bayou Night aus „Latakia-Pfeifen“ raucht, was ihn mehr auf die englische Seite schlägt, oder aus neutraleren Meerschaumpfeifen, bei denen die Va/Per Stilistik präsenter bleibt.

Das liegt daran, dass der Bayou Night ziemlich gut ausbalanciert ist – mit einer Ausnahme: der Perique. Der ist sehr präsent und man sollte Perique schon wirklich mögen, wenn man Gefallen am Bayou Night finden will! Allen anderen sei empfohlen, einen Bogen um den Tabak zu machen!

Bayou Night

Entzündet man den Tabak, dann hat man sofort, vom ersten Zug an, diesen großen breiten und starken Virginia/Perique Eindruck im Mund. Malzige Süsse, eine buttrige Cremigkeit, doppelt gebackenes Brot mit seiner dunklen, von rauchigen Röstaromen dominierten Kruste, was auch dem Latakia geschuldet ist, dazu deutlich Feigen und getrocknete Pflaumen mit etwas Bitterschokolade und Pfeffer. Und Rauch. Immer und gegen das Ende der Füllung auch immer präsenter. Aber nie wirklich über die Virginia/Perique Basis dominierend. Abgesehen davon, dass sich der Latakia zum Ende hin etwas lauter bemerkbar macht, ist der Geschmackseindruck ziemlich konsistent. Burley liefert in Nuancen nussige Noten, aber ich würde denken, der Einsatz von Burley und Orientals ist in erster Linie dem raffinierteren Einbinden des Latakias geschuldet, sodass der Eindruck, wie ihn Bayou Morning liefert, beim Bayou Night durchaus zu finden ist.

Übrigens und ganz nebenbei bemerkt: der Bayou Night passt ganz hervorragend zu Kaffee und einem kraftvollen Espresso insbesonders!

Mir gefällt an diesem Tabak vor allem, wie raffiniert und gut balanciert es gelungen ist, dieser Virginia/Perique Basis eine Latakia-Rauchigkeit daneben zu stellen, ohne dass es einen Moment lang langweilig oder eindimensional wirken würde! Allerdings sollte man den Bayou Night nicht auf leeren Magen rauchen. Die Stärke ist zwar nicht vergleichbar mit so Sachen wie Gawiths Black XX oder ähnliches, aber schon im gehobenen Bereich, was vor allem für Latakia-Raucher ungewohnt sein dürfte! Einen Versuch ist der Bayou Night allemal wert, für Latakia-Raucher wie für Virginia/Perique Raucher gleichermaßen!

10 Antworten

  1. Thomas sagt:

    Servus Peter, wie immer ein perfektes Review, ich muss den Bayou Night jedenfalls noch einmal versuchen da mein Empfinden den Perique betreffend ein Anderes war, dies bedarf einer nochmaligen Überprüfung?!

    Gruß Thomas

    • Peter Hemmer sagt:

      Hallo Thomas,
      danke für den Kommentar und ich kann den Bayou Night gerne morgen in den Club mitbringen, ich habe noch eine zweite Dose…
      Grüße
      Peter

  2. Winfried KARL sagt:

    Hallo Peter,
    Zuerst mal herzlichen Dank für das umfassende Review!

    Alexander Broy hatte ja im Review zum Bayou Morning Flake schon eher nahegelegt einen Filter zu benutzen.

    Da ich vorwiegend Latakia-Mischungen rauche stellt sich bei mir schon nochmal die Frage nach der Stärke des Bayou Night.

    Meine bisherige Erfahrung mit Perique-Mischungen sind: Peterson Navy Rolls, Davidoff Flake Medaillons, die frühere D.-Elizabethan Mixture, Ashton (heute McConnel) Old London, Huber English Balkan…..die kann (konnte) ich alle gut rauchen, was mir inzwischen zu stark ist, das ist der Marlin Flake von Rattray.
    Kannst du da bitte nochmal eine Einschätzung geben, wo sich der Bayou Night einreiht?

    Und vielleicht auch nochmal, wie weit die Perique-Dominanz über diese Tabake hinaus geht.

    Herzliche Grüße
    Winfried

    • Peter Hemmer sagt:

      Hallo Winfried,
      also Stärke meint hier ausschließlich Nikotin-Stärke, nicht geschmackliche Fülle, die etwa Latakia bietet ohne über viel Nikotin zu verfügen, weshalb auch volle Latakia Blends hinsichtlich Stärke kaum über Medium hinauskommen. Der Bayou Night ist stärker als alle von dir genannten Tabake, hinsichtlich Stärke kommen ihm hier die Navy Rolls am nächsten.

      Im Bayou Night ist auch deutlich mehr Perique drin als in allen von dir genannten Blends. Nur muß man bedenken, dass es einen Unterschied macht, ob da deutlich Latakia mit im Spiel ist oder nicht: reichen bei reinen Virginias schon sehr wenige Prozent Perique-Anteil um den Blend geschmacklich deutlich zu verändern, verträgt ein Blend auch einen viel höheren Perique Anteil, wenn ein signifikanter Latakia-Anteil vorhanden ist. Bei den von dir genannten Latakia Blends ist Perique nur als minimaler „Würztabak“ eingesetzt, beim Bayou Night ist es ganz anders: hier spielt der Perique immer eine Hauptrolle!
      Herzliche Grüße
      Peter

      • Winfried KARL sagt:

        Herzlichen Dank.
        Meine Frage bezüglich Stärke bezog sich auf die Nikotinstärke, also perfekte Antwort für mich.
        Da ich am liebsten ohne Filter rauche muss ich jetzt mal schauen….. vllt wird es versuchsweise mal ein „Tanz auf Balsa-Holz“ ….

        • Peter Hemmer sagt:

          Lieber Winfried,
          laß‘ den Filter weg, wär schad um das schöne Geschmacksvolumen! Der Tabak ist genau richtig so, wie er ist. Seine Kraft und Vollmundigkeit ist Teil seines Charakters, dafür ist er so gemacht. Wenn du das Gefühl hast, dass er dir zu stark sein könnte, dann nimm‘ lieber erstmal eine kleine Pfeife, eine Dunhill Group 2 oder ähnliches nach dem Essen… Vor dem Bayou Night muß man keine Angst haben, nur für einen Allday-Smoke wäre er mir zu stark!
          Grüße
          Peter

          • Jens-Helge Gottschall sagt:

            Genau diese Gedanken habe ich mir als Latakia- Jünger auch gemacht. Aber Versuch macht kluch! Der Tipp mit der Dunhill Gr. 2 könnte sich als wertvoll erweisen. Ich bin gespannt, wie es mir am Wochenende ergehen wird.

  3. Bodo sagt:

    Hallo Peter
    Vielen Dank für die treffende Beschreibung dieses Tabaks. Nach dem ich beim letzten Review durch den Latakia abgeschreckt war, bin ich diesmal neugierig geworden. So habe ich ihn am Freitag probiert und war sehr angenehm überrascht. Er verleugnet nicht seine Virginia/Perique Basis, fügt aber durch den Latakia eine zusätzliche Würze hinzu, die dem Tabak eine besondere Note gibt. Ich kann nur jedem Virginia Raucher empfehlen den Bayou Night mal zu probieren. Aber auch der Latakia Raucher wird überrascht sein, da die ausgewogene Mischung in eine Geschmacksrichtung geht, die er wahrscheinlich sonst nicht gewohnt ist.
    Danach habe ich den Bayou Morning geraucht und mir hat plötzlich etwas gefehlt. Aber keine Angst, dass war nur nach den ersten Zügen so. Er ist natürlich nach wie vor derjenige, der in mein Beute Schema passt.
    Zusammenfassend kann ich sagen, kein Tabak, den ich den ganzen Tag rauche aber eine sehr interessante Bereicherung.

    • Peter Hemmer sagt:

      Lieber Bodo,
      hat mich gefreut, dass dir als fast notorischem Latakia-Verächter der Bayou Night gefallen hat! Und deine Beschreibung als Va/Per Blend mit deutlicher Würze trifft es auch recht gut.
      Grüße
      Peter

  4. Winfried KARL sagt:

    Nach der Stärke-Erfahrung mit dem Bayou Morning Flake war ich bezüglich meiner Grenzen vorgewarnt.

    Ohne Filter wollte ich schon probieren.

    Also erstmal mit kräftigem Abendessen gute Grundlage schaffen!
    (American Barbecue im Louisiana Style hätte zwar zum Thema gepasst, aber das überlassen wir mal den Amerikanern.)

    Beim Schnuppern an der Dose denke ich zunächst „der riecht fast wie der Morning Flake“. Erst im Vergleichsschnuppern merke ich die sehr hintergründige Rauchigkeit des Latakia.

    Ab jetzt ist eine kleine Pfeife für mich bei diesen Tabaken obligat. Rein mit dem Tabak und Feuer frei.

    Uih, da kommt es gleich dicht, schwer, cremig mit dunkler, runder, malziger, aber dezenter Süße, Anklänge von Pfeffer unterlegt von Rauch der dem ganzen eine runde „Wohligkeit“ verleiht und ab und zu fliegt eine Spur Kakao vorbei….. mein erster Gedanke: als Nachklang zu einem exzellent gewürzten Barbecue ( mit etwas Kakao in der Sauce) hätte das auch gepasst.

    Allerdings: jetzt, aus einer Pfeife aus der nur Virginia/Perique Tabake geraucht werden, hätte ich Latakia als Ursache der Rauchigkeit nicht zuordnen können.

    Nach dem Smoke bleibt ein wohliges, rundes Mundgefühl dessen dunkel-schokoladige Anklänge eigentlich nach einem guten Espresso verlangen, wie man ihn z.B. im Münchner Patolli serviert.

    Szenenwechsel:
    Der Tabak jetzt in einer „Latakia-Pfeife“ aus der nur reine Latakia/Virginia/Oriental-Mischungen geraucht werden.

    Völlig anderer erster Eindruck!
    Dieses oben beschriebene wohlig runde, leicht dunkel-schokoladige Mundgefühl hat sich zu einem deutlich rauchigeren, cremigen, leicht pfeffrigen verändert.
    Jetzt ist der Latakia schon als solcher schmeckbar, ganz leicht nur, aus dem Hintergrund.

    Der rauchige Aspekt steht deutlich mehr im Vordergrund, ohne dass sich eigentlich der Charakter des Tabaks an sich verändert.
    Die Nuancen sind halt anders.

    Nochmal Szenenwechsel:
    Jetzt aus eine „Latakia-Pfeife“ aus der auch Mischungen mit Perique geraucht werden.
    Und wieder ist es anders. Mehr dem ersten Eindruck aus der reinen Virginia-Perique-Pfeife ähnlich, aber wieder mit anderen, leicht pfeffrigen Nuancen.

    Spannend.

    Je nach Stimmung und Gusto kann man so durch die Wahl der Pfeife diesen Tabak in der Richtung verändern.

    Das funktioniert, so glaube ich, aber nur durch die große Ausgewogenheit dieses Tabaks.

    Mit oben genannter „Grundlage“ haben sich meine Bedenken gegen zu viel Stärke völlig aufgelöst. Langsam geraucht hat der Tabak so viele schöne Geschmacksnuancen, die man mit Filter sicher so nicht wahrnehmen würde.

    Lieber Peter, nochmal herzlichen Dank für deinen Rat einen Filter wegzulassen!

    Ich bin ziemlich angetan.

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