G.L. Pease | Windjammer – Ein Schiff wird kommen….

Vielleicht sollten wir uns ernsthaft überlegen, eine neue Pfeifentabak-Kategorie im Blog einzurichten? Pfeifentabak mit Segelschiffen auf dem Etikett! Jeder hat so seine Fetische und was dem Schrauber sein Nackedei auf einem Motorrad ist, scheint dem Pfeifenraucher das Segelschiff auf der Büchse zu sein. Jedenfalls ein inflationär oft erscheinendes Thema! Gut, würde ich mich nackt auf einem Motorrad räkelnd ablichten lassen, vielleicht so ähnlich wie Tischbeins „Goethe in der Campagna“ und dann sowas wie „The Bavarian Scandal“ unter das Motorrad schreiben… Nein, lassen wir das! Bleiben wir lieber beim x-ten Segelschiff!

Windjammer ist ein verhältnismäßig neuer Tabak von Greg Pease, irgendwann während Corona auf dem Markt lanciert. Und wie das bei den Tabaken mit Segelschiffen auf dem Etikett üblich ist, enthält der Tabak ein leichtes Casing von – ÜBERRASCHUNG! – Die Spannung steigt: Rum! Hätten sie’s erraten? Wie jetzt „ja“?

Ich kenne jemand, der erzählt, solange ich ihn kenne, immer die gleichen Witze. Die Witze sind ganz okay, aber wie gesagt, wenn man sie schon viele Male gehört hat… Das Tolle ist aber die leidenschaftliche Hingabe des Freundes beim Erzählen seiner Witze. Die ist immer anders, immer an eine andere Situation angepasst und die ist viel unterhaltsamer als die Witze selbst. Warum ich das erzähle? Zurück zum Tabak:

Mag das Marketingkonzept des „Windjammer“ auch noch so beängstigend ausgelutscht und altbekannt sein, der Tabak selbst ist es nicht und macht einen Heidenspaß! Er begeistert mich mit jeder neuen Füllung und zwar so sehr, dass ich ihn sofort zu meinen Favoriten unter den Tabaken von Greg Pease zählen würde! Und das bei einem Pease-Tabak, der keinen Latakia enthält. Und ausgerechnet auch noch mit Aromatisierung!

Pease Windjammer

Der Windjammer wird von Greg Pease beschrieben wie folgt:  „A rich and satisfying cut cake comprising sweet, ripe Virginias, nutty Burleys, unflavored toasted black Cavendish, and a generous measure of Perique. A splash of dark rum ties it all together, and adds a bit more sweetness. As you enjoy this slow, clean-burning flake, you’ll find hints of cocoa, black walnuts, and dried fruits enhancing complex, natural tobacco goodness. Full on the palate, with a delightful aroma. Enjoy smooth sailing with Windjammer.“ Dem ist erstmal nichts hinzuzufügen und ich würde mir wünschen, dass mehr Hersteller und Händler als ein paar Ausnahmen ihre Produkte so stringent und treffend beschreiben könnten!

Schauen wir uns das Tabakbild mal genauer an: Da tummeln sich alle möglichen Brauntöne, wenige helle Virginias, der große Teil ist mittel- bis dunkelbraun und dann gesellen sich auch noch schwarze Sprengsel dazu. Das verspricht eine satte Virginia/Burley-Mischung mit Perique und zwar nicht besonders wenig davon. Der Geruch, der einem aus der Dose entgegenschlägt, nachdem man dieses absurd umständliche „Cornell&Diehl’sche Papier-Entblätterungsorigami“ hinter sich gebracht hat, ist erstmal eines: voluminös. Volumiös malzig, voluminös fruchtig, cremig und süß. Pflaume, Trockenfrüchte, Kakao, Nüsse.

Pease Windjammer

 

Das Rum-Casing des Windjammer ist präsent, nicht dominant, aber präsenter als bei etwa bei HU Tobaccos „Dark Sea“ oder beim Pease’schen Sextanten und erst Recht präsenter als bei den Latakia-lastigen Segelschifftabaken wie Gawiths „Navy Flake“ oder Cornell & Diehls „Black Frigate“. Die Schnittart, als „Cut Cake“ beschrieben, ist eher ein loseres Ready Rubbed, was den Windjammer auf der einen Seite völlig unproblematisch zu stopfen und zu entzünden macht, auf der anderen Seite aber auch dafür sorgt, dass der Tabak problemlos und außerordentlich langsam abglimmt. Zumal der Tabak mit einem absolut perfektem Maß an Feuchtigkeit auch optimal konditioniert ist um größtmöglichen Genuss zu liefern.

Entzündet man den Windjammer, dann hat man sofort den Mund voll. Wenn man wissen will, was die Amerikaner meinen, wenn sie einen Tabak als „rich“ beschreiben, dann sei der Windjammer beispielhaft empfohlen. Der erste Eindruck, den man geschmacklich hat, erinnert mich immer an Russ Ouellettes „Anniversary Kake“ mit seiner vollmundig cremigen Süsse. Gut, der „Anniverary Kake“ ist ein Virginia Perique Krumble Kake und geschmacklich nicht wirklich vergleichbar, aber dieses hohe und konsistente Maß an Süsse, wo man immer überlegt, ob es nicht doch ein bisschen „zuviel“ des Guten ist, das haben wir auch beim Windjammer. Nur beim Windjammer ist das weniger geradlinig sondern gepaart mit einem Aromenspektrum, das weit über die klassische Virginia/Perique Kombination hinausgeht: Die Burleys unterstreichen die Nussigkeit des Tabaks in der Basis, sind nicht aromatisch „draufgesetzt“, der Black Cavendish sorgt für Harmonisierung.

Das aber, was den Tabak für mich so besonders macht, das ist die Kombination aus dem dunklen Rum-Casing und dem hohen Maß an Perique! Man weiß eigentlich nie, wann die Aromatik des Periques anfängt und die Aromatik des Rums aufhört bzw. umgekehrt. Perique und Rum ergänzen sich in ihrer Verwandschaft geschmacklich so perfekt und rocken den Windjammer von Anfang bis Ende und das Ganze auf einer wirklich breit süssen Basis, die diesem Feuerwerk absolut standhalten kann. Geschmacklich eine tolle Einheit, die schnell vergessen lässt, dass man es mit einem Aromaten zu tun hat.

Pease Windjammer

Da wirkt nichts künstlich aufgesetzt wie so of bei unseren heimischen 08/15 Aromaten! Das ist für mich schon ziemlich beeindruckend gemacht und auch ein bisschen überraschend in der Qualität, weil ich die großen Stärken von Pease eigentlich immer woanders gesehen habe. Ein wirklicher Meister!

Mir gefällt das Rum-Casing beim Windjammer auch viel besser als beim Pease’schen Sextanten: obwohl deutlich präsenter wirkt es für mich immer harmonisch und nie „dazugefügt“ wie beim Sextanten, auch wenn es sich bei diesem schnell wieder zurückzieht.

Der Windjammer sei jedem empfohlen, der Tabake mit einem hohen Maß natürlicher Süße mag, und er sei auch jenen empfohlen, die eigentlich keine Aromaten mögen! Man muss keine Angst haben! Die Stärke ist gehobene Mittelklasse. Nichts, was fordert, auch weil der Tabak so wahnsinnig kühl und langsam glimmt.

Kopp Tobaccos müsste man für den Import dieser Tabake einen Orden verleihen! Die Tabake sind ein absoluter Gewinn für den deutschen Markt und offensichtlich auch ein Erfolg, wenn man über die Expertise verfügt, sinnvoll auszuwählen! Schließlich ist der Versuch von anderer Seite, die Tabake in Deutschland verfügbar zu machen, vor Jahren schon einmal kläglich an einer sehr seltsamen Auswahl gescheitert!

In München sind die Pease und Cornell & Diehl Tabake, soviel ich weiß, nur bei Pfeifen Diehl im Laden vorrätig, ansonsten im engagierten Online-Handel!

11 Antworten

  1. Bernd Fleischmann sagt:

    Nach dieser äußerst stimmigen und informativen Beschreibung scheint der Tabak wie für mich gemacht zu sein. Ich werde ihn im Auge behalten …

  2. Tabakdosen mit dem Motiv „Segelschiff“ finde ich klasse, allerdings würde ich mir wünschen, daß nicht immer nur Rahsegler zu sehen wären ….. meinetwegen könnten auf allen Dosen Segler abgebildet sein.
    Peter liess die Münchner Runde am vergangenen Freitag bereits in den Genuß des „Windjammer“ gelangen, da war sein Artikel noch nicht veröffentlicht. Aber mit der Begleitung seiner detaillierten persönlichen Erläuterungen, wie er den Tabak aufgenommen hat, war es leichter, eine eigene Einordnung zu finden. In diesem Fall gibt es leider ein gegensätzliches Geschmacksempfinden und ich war ein wenig enttäuscht.
    Gleich zu Beginn machte sich für mich der Rum in der geöffneten Dose eher a-typisch als Gummibärchenduft bemerkbar und auch unterm rauchen führte er mich nicht hin zu der erwarteten starken Symbiose mit Virginias und Perique, die vermutete geschmackliche Fülle stellte sich bei mir überhaupt nicht ein und keine Tiefe. Wenn ich der Schilderung des „Windjammer“ nicht folgen will, so werden Leser das sicherlich anders sehen. Geschmack ist schliesslich individuell, ansonsten würden wir alle den gleichen Knösel rauchen. Ich ziehe in jedem Fall den Sextanten aus gleichem Hause vor, der mir mehr Charakter und weniger Beliebigkeit bietet. Sieht man vom Rum einmal ab, dann hätte ich es vorgezogen, wenn Kopp statt „Windjammer“ endlich den Haddo´s Delight importieren würde.
    Der lange, kühle Abbrand war vorzüglich, was sicherlich auch dem schönen Format zu danken ist, die Fotos vom Tabakbild dokumentieren das deutlich. Dieser Ready Rubbed Mix ist etwas Besonderes, aber er muß auch einen Raucher finden, der sich der nicht alltäglichen Komposition hingibt. Bei mir hat das unerwartet nicht geklappt.

    • Peter Hemmer sagt:

      Ich lasse das mal so stehen, schließlich hat jeder seinen eigenen Geschmack. Nur bei deiner einzigen inhaltlich beschreibenden Aussage zu dem Tabak möchte ich vehement widersprechen, weil es für mich eine irreführende Aussage zum Windjammer ist: Da ist zu keinem Moment auch nur irgendein Anflug von Gummibärchenduft! Da muß euch irgendwas anderes in der Nase gewesen sein, aber nicht dieser Tabak.
      Ich war ja nur kurz im Club am Freitag, weil ich mich mit meiner Frau und ein paar Freunden getroffen habe. Darunter war auch eine ziemlich bekannte Parfümeurin. Und da ihr zwei mich mit eurer vehementen Behauptung Gummibärchen riechen zu können, irritiert habt, habe ich ihr die geöffnete Dose unter die Nase gehalten: „Beschreib‘ doch mal kurz, was du da riechst!“ Die Antwort war zum Teil wortwörtlich deckungsgleich mit Pease‘ eigener Beschreibung. „Und Gummibärchenaroma? Haribo?“ fragte ich. „Gar nicht. Wie kommst du denn da drauf?“ „Weil mir vor zwei Stunden zwei Leute gesagt haben, dieser Tabak würde nach Gummibärchen riechen.“ Antwort: „Das ist vollkommen abwegig.“
      Ich schreibe das keineswegs, weil ich unbedingt Recht haben will, sondern weil ich vermeiden will, dass jemand wegen des vermeintlichen Gummibärchenaromas ausgerechnet einen Pease-Tabak kauft und dann enttäuscht wird. Wie gesagt, da muß euch irgendwas anderes gerade olfaktorisch irritiert haben. Das gibt’s manchmal.

      • Selbstverständlich spreche ich Deiner befreundeten Parfumeuse nicht die Expertise ab, die unsere olfaktorischen Möglichkeiten sicherlich weit in den Schatten stellt. Da sind wir ja Laien. Nun habe ich am Samstag einen Windjammer gekauft und siehe da, für mich war das Geruchserlebnis kein anderes. Also scheiden spezielle Umgebungseinflüsse des Clubs aus, auch habe ich weder am Freitag noch am Samstag wie gewöhnlich meinen Clubtee „Montagne d`Or zu mir genommen, war also geschmacklich nahezu nüchtern. Wir bekommen z.B. Klarheit, wenn alle am nächsten Freitag den Windjammer rauchen ……. und jeder an seiner eigenen Dose riecht. 🙂

  3. Don Perique sagt:

    „Jammern“ auf höchstem Niveau – der Pfeifenblog bleibt sich treu. Gut so!

    • Danke, Don Perique. wir sollten stets an unseren Ansprüchen gemessen werden, wobei wir neben der faktischen Info vor allem den Unterhaltungswert im Blick haben 🙂
      Und noch etwas aus der „Schlaumeierecke“: der Windjammer jammert ja nicht, sondern er „jam(t)“ vor, mit oder gegen den Wind.

  4. Martin Stief sagt:

    Als üblicherweise stiller Mitleser möchte ich doch einmal meine Wertschätzung über die hier verfassten Berichte der Autoren zum Ausdruck bringen, die mich regelmäßig zu neuen Genüssen verführen. Vielen Dank dafür!
    Normalerweise holen mich Tabake die Latakia enthalten, ich will sie mal Rum Aromaten nennen, wie der Dark Sea und vor allem der Black Frigate wirklich ab. Deshalb würde ich vorzugsweise den Sextant gern in die Pfeife stopfen, wenn er denn hier erhältlich wäre. Dennoch, wird meine nächste Bestellung wohl wieder um zwei Unzen gehaltvollen Rauchgutes schwerer ausfallen, um die wohlgeformten Umschreibungen selbst nachzuerleben.

  5. Eddy sagt:

    Und noch so ein neuer Pease, dessen Veröffentlichung ich zwar irgendwie mitbekam, den ich aber noch nicht probieren konnte.

    Danke für das wie immer toll geschriebene und Lust machende Review.

    LG, Eddy

  6. Ein Duft nach Gummibären ist in der Tat völlig abwegig.
    Der Gummibär hat auch ganz und gar nichts mit Windjammer, Segeln und den Sieben Weltmeeren zu tun.
    Was Bodo vermutlich gerochen und wie so oft unzureichend benannt hat, war „Blaubär“-Aroma.

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