Cornell & Diehl | BIJOU

Ein Juwel soll dieser Tabak sein! Zumindest suggeriert es uns der Name, denn „Bijou“ bedeutet „Juwel“ oder „Schmuckstück“. Das Dosendesign beschert uns ein Schlüsselloch in einer Holzfläche und ein schmales Stück Rosenstoff mit Lilie zwischen zwei Ornamentbändern. Ein Fass zum Reifen? Eine Schatztruhe? Ganz bestimmt! Mit etwas Phantasie? Keine Ahnung, es spielt aber auch gar keine Rolle, denn es geht ja „nur“ um Tabak!

Übrigens um einen Tabak, den man reifen lassen soll – kann – muss! Laut Kleinsttext auf dem Etikett (den man ohne Lupe aber sowieso nicht richtig lesen kann, zumindest nicht, wenn man schon in einem Alter ist, das einem das Erwerben von Tabak gesetzlich erlaubt) erreiche das Juwel seinen Höhepunkt voraussichtlich erst in 10-15 Jahren! Mein Gott! Jetzt stehe ich aber echt blöd da mit meinem Review. Erst in 10-15 Jahren also…

Gut, 10 – 15 Jahre reifen lassen zur Genussoptimierung, das ist natürlich vollkommen richtig und natürlich ist es ein bisschen dämlich, sich darüber lustig zu machen – nur: das ist ja nun wirklich kein Alleinstellungsmerkmal dieses Tabakjuwels, sondern es gilt eigentlich für jeden halbwegs anständigen Tabak auf dieser Welt, sofern der luftdicht verpackt und nicht in irgendeinem Aroma ertränkt worden ist! Also ein Mordsbohei um eine schlichte Selbstverständlichkeit?!

Cornell & Diehl Bijou

Was der Tabak im Übrigen überhaupt nicht nötig hat, denn den Bijou ungelagert zu rauchen ist deutlich weniger fordernd als eine Fassprobe Barolo im ersten Jahr nach der Lese. Den Bijou zu rauchen ist überhaupt ausnehmend angenehm. Es ist nämlich ein absolut erstklassiger Tabak dieser Bijou, der mir immer und mit jeder Füllung große Freude gemacht hat! Aber was für ein Tabak ist das überhaupt?

Auf der Dose steht: „Choice 2003 vintage, Eastern North Carolina Red Virginias crown this blend, accented by Bright flue-cured leaf and small-leafed Katerini. Pressed and sliced into delicate flakes. … Estimated peak: 10-15 years.“

Ein Flake also. Ein Flake? Gut, wenn es ihnen so viel Freude macht, dann lasst uns den Bijou einen Flake nennen! Um ehrlich zu sein, ich glaube inzwischen fast, dass „Flake“ bei Cornell & Diehl in allererster Linie als Hinweis dient, dass man nach dem Öffnen der Dose mehrere Papierscheiben entblättern muß bevor man zum Ziel – sprich: Tabak gelangt. Im Gegensatz zu den Mixtures, da ist es nur eine. Der Bijou ist eindeutig ein gepresster Tabak, nur kann von feinen konsistenten Flakescheiben, wie bei europäischer Flake-Provenienz üblich, hier keine Rede sein: es ist eigentlich eher ein Ready Rubbed Flake. Was im Übrigen durchaus kein Nachteil ist, denn der Tabak lässt sich so völlig problemlos stopfen und anzünden, ohne dass man sich groß Gedanken machen müsste, wie man mit dem Tabak umgeht. Und am langsamen gleichmäßigen Abbrand merkt man gleich den Vorteil des Pressens – am vollen, vollmundig weichen Geschmack dann erst recht!

Cornell & Diehl Bijou

Nochmal zurück zum Dosentext: da steht nichts von einer Aromatisierung. Darf vermutlich auch nicht? Auf der Herstellerseite ist vom einem Hauch Honig die Rede, was auch der Importeur Kopp Tobaccos bei seiner Beschreibung aufnimmt und was vollkommen richtig ist, wenn man am Bijou riecht: dunkler Honig, Waldhonig macht sich da sofort bemerkbar. Malzig und dunkel, nichts blumig leichtes, und das wirklich sehr dezent, nur ein ganz leichtes Casing, das wunderbar eingebunden ist und dem Tabak einen ziemlich tollen Touch mitgibt ohne eine gestandene Aromatisierung daneben zu stellen! Der Bijou ist für mich weit weg von einem Aromaten.

Dafür sorgen schon die Tabake in der Basis: vollmundig malzig süß, erdig und würzig auf der einen Seite und transparent leicht schwebend auf der anderen. Der Bijou ist ein Tabak von kräftiger Statur, die Virginias sind durchaus komplex und vielschichtig, quasi eine ganze Palette von Virginianuancen wird uns da offeriert und diese Palette bekommt durch die Orientals einen heu-ig blumigen Aspekt an die Seite gestellt, der den Bijou zwar geschmacklich keineswegs prägt oder dominiert, der eher im Hintergrund wirkt, aber der dafür sorgt, dass es über die gesamte Füllung hinweg nie langweilig süß oder gar zu breit wird. Letztlich wirkt der Bijou auf mich wie ein ziemlich gut gemachter Virginia/Oriental/Perique Blend, bei dem man auf den Perique mit seiner Würze verzichtet hat und stattdessen einen Hauch dunklen Honigs als Casing dazugegeben hat. Und das schmeckt mit jedem Zug attraktiv und vollkommen harmonisch und natürlich. Über die gesamte Füllung hält der Bijou seinen Geschmack kontinuierlich, große Entwicklungen sind seine Sache nicht, was ich bei dieser Art von Tabak aber auch nicht als Manko empfinde.

Cornell & Diehl Bijou

Das, was beim Bijou der Beschreibung nach eigentlich wie ein angenehmer Allday-Smoke klingt, wäre mir zu kraftvoll, komplex und vollmundig, um es einfach nebenher wegzurauchen. Da gibt es mit dem Huber Golden Flake eine geeignetere Alternative: beide Tabake haben ein Honigcasing, beim Golden Flake kommen auch noch zitrische Noten hinzu und die Virginias sind deutlich heller und leichter. Im Vergleich beider Tabake wirkt der Bijou wie eine Riserva Speciale, der der Golden Flake nie das Wasser reichen kann, aber wer will schon den ganzen Tag lang Riserva Speciale?

Dass man mich nicht falsch versteht: der Bijou ist kein Nikotinhammer oder besonders herausfordernd, aber er ist auch weit entfernt von einem Bruder Leichtfuß. Es ist einfach ein erstklassiger Tabak. Meiner Meinung nach auch durchaus für Anfänger geeignet, die etwas volleres probieren möchten. Attraktiv ist er auf jeden Fall und eine Empfehlung wert!

8 Antworten

  1. Eddy sagt:

    Schön von dir zu lesen Peter!

    Ich hatte den Bijou auch schon, das ist aber eine ganze Zeit lang her – ich hatte zwei Dosen von der ersten Charge damals gekauft; ich habe mal nachgeschaut, 2016 war das. Eine Dose hatte ich geraucht, und ich fand ihn auch gut, solide, aber ich erinnere mich, dass ich damals für mich entschieden hatte, ich müsse ihn nun nicht unbedingt nachkaufen. Ist leider zu lange her, als dass ich mit Sicherheit sagen könnte, warum. Vielleicht und wahrscheinlich war er mir eine Spur zu eintönig. Die zweite Dose liegt seitdem im Schrank, und ich habe tatsächlich entgegen der Empfehlung ein bisschen Angst sie zu öffnen. Denn woran ich mich sehr genau erinnere, ist, dass es zumindest bei dieser ersten Charge ganz enorme Probleme mit Schimmel gab. Mal schauen, ob ich noch die letzten zwei Jahre mit dem Öffnen warte, damit er seinen „Peak“ erreicht hat. Vermutlich finde ich dann einen übel riechenden Haufen schimmelnden Tabaks vor. Oder er ist unwiderstehlich gut. Dann hieße es… nochmal 10 Jahre warten. 🙂

    Liebe Grüße, Eddy

    • Peter Hemmer sagt:

      Hi Eddy,
      ich würde schon vermuten, dass ein solches Schimmelproblem kurzfristig in den Griff zu bekommen ist! Das passiert halt mal – gottseidank recht selten und es hat bisher fast jeden Hersteller über die Jahre mal mit einer kleinen Charge eines Tabaks erwischt. Ich habe zwei Dosen Bijou für das Review geraucht, auch weil mir durch die gesundheitlich erzwungene Pause der Tabak aus der ersten Dose etwas trocken geworden ist und ich die Reviews nicht aus dem Gedächtnis schreiben will. Also habe ich ihn nachgekauft. Auch weil er mir gut gefallen hat. Jedenfalls war der Bijou nie übermäßig feucht, im Gegenteil. Gerade richtig und sofort problemlos zu rauchen. Ich hatte nie das Gefühl, dass da diesbezüglich Gefahr besteht! Und er wäre, wenn das kritisch wäre und ein kontinuierliches Problem darstellen würde, ganz sicherlich vom Markt genommen worden! Du kannst ja mal Feedback geben, wenn du den Bijou auf seinem Gipfelpunkt erwischen solltest – dann müßtest du ihn aber mit einem frischen vergleichen…
      Herzliche Grüße
      Peter

  2. Don Perique sagt:

    Ein Produkt zu erstellen, das gealterte Komponenten enthält und dessen Verwendung erst in Dekaden empfohlen wird ist schon kühn. Pfeifenraucher sind schon ziemlich geduldige Zeitgenossen – und Optimisten!

    • Peter Hemmer sagt:

      Dass die Verwendung, bzw. der Konsum erst in 10-15 Jahren empfohlen wird, das steht ja nirgendwo! Natürlich kannst du den Tabak auch jetzt mit Genuss rauchen! Das ist ja z.B. mit den Navy Rolls etc. nicht anders, die sind fantastisch, aber nach 10-15 Jahren noch besser.
      Der Markt besteht halt nicht hauptsächlich aus Rauchern, die wissen, dass man manchen Tabak einlagern und reifen lassen kann… Ich find’s nicht schlimm. Eher ein Hinweis auf eine Binsenweisheit – zumindest für uns, die wir immer nach was Besonderem suchen anstatt Tag ein Tag aus ein und denselben Kirscharomaten zu rauchen. Aber die sind eh nicht die Zielgruppe eines solchen Tabaks, weil da weder die Geschmacks- noch die Preisstruktur hinkommt. Es ist halt eine Nische!

    • Seit 3 bis 4 Dekaden kaufe ich Tabak nicht nur zum „Sofortverzehr“. Ich weiß, wie sich die meisten meiner Tabake über lange Jahre zum Besseren entwickeln. Und verfüge so über einen großen Vorrat von heute als Raritäten angesehene Tabake. Das hat nichts mit Kühnheit zu tun, sehr wohl aber mit Passion. Wäre ich ein ungeduldiger Mensch, so würde ich weder Tabak noch Wein lagern. Bin ich aber nicht und so finde ich den Hinweis, daß ein Tabak in 10 bis 15 Jahren seine Bestform erreicht, sehr angebracht. Die Rolls, den Dunhill Flake, Epikur, Honeydew und Marlin Flake, rührt man besser nicht an, bevor sie mindestens 5 Jahre -oder besser einige mehr- an Ruhe hinter sich gebracht haben. Da man bis dahin natürlich auch rauchen will, spricht nichts dagegen, sich mit dem einen oder anderen Jüngeren zu vergnügen. Das eine tun, ohne das andere zu lassen.
      .

      • Winfried KARL sagt:

        Und im Gegensatz zur Fassweinprobe eines Barolo, bei der man eher nur erahnt wie der später mal wird, bereiten diese „jungen“ Tabake schon wirklichen Genuss.
        Was das 10-15 jährige Altern betrifft, irgendwann wird man selbst ein Alter erreichen, bei dem man sich über potentielle Erben des Tabaks Gedanken machen sollte……😉
        Also, unbedingt auch jetzt schon genießen!

  3. Don Perique sagt:

    Daß sich Aromen im Zeitverlauf verändern und Geschmäcker verschieden sind, hat ja auch sein Gutes. Das Absolute ist selten unterhaltsam 😉

  4. Winfried KARL sagt:

    In einem Kundenkommentar bei einem online-Tabakhändler las ich gerade: „Leider zu teuer für den täglichen Genuss, einer der teuersten Tabake überhaupt“.🤔
    Worüber beschwert man sich da?

    Der Tabak kostet umgerechnet 35 Cent/ Gramm.
    Für die Füllung einer Pfeife mittlerer Größe benötigt man 2-3Gramm.
    Rauchdauer 1-2 Stunden.

    Eine Zigarette, 35Cent/Stück ist in 5 Min. geraucht.

    Für 1 Std Rauchgenuss bei Zigarren zahlt man 5- über 20€.

    Außerdem haben wir es hier mit Tabak höchster Qualität zu tun!

    Ich kann da für mich bezüglich Preis keinerlei Beschwerdegrund finden!

    Es sei denn ich lasse ihn aus mangelnder Sorgfalt vertrocknen.

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