Juragan Icoqu | Light Tamarin

Es ist immer so eine Sache, einen Bericht über einen Pfeifentabak zu schreiben, den man praktisch hierzulande trotz Internets kaum erwerben kann. Trotzdem ist dieser Tabak so interessant und für unsere Verhältnisse derart exotisch, dass ich euch meine Eindrücke nicht vorenthalten möchte.

Singapur Botanischer GartenZu den nennenswertesten landwirtschaftlichen Relikten der niederländischen Kolonialzeit in Indonesien gehört der Tabakanbau. Wir kennen hier hauptsächlich Sumatra und Java als Hauptanbaugebiete, die erstere Insel bekannt für ihre Zigarrentabakproduktion, die zweite nicht zuletzt für den Anbau von Pfeifentabak, der bis in die 50er Jahre – über den Handelsweg Niederlande – auch das Pfeifentabakangebot bei uns maßgeblich prägte. Dass in der Sulawesi Region, einer Insel zwischen Borneo und Papua-Neuguinea, auch Tabak angebaut wird, war mir bis vor kurzem vollkommen unbekannt. Genauer bis zu meinem letzten Besuch in Singapur im Dezember letzten Jahres, als mir unser lieber Freund David bei der samstagnachmittäglichen Pfeifen- und Zigarrenraucherrunde im Grande Vida eine durchsichtige Ziplock-Verpackung mit ausgesprochen seltsam anmutendem Tabak in die Hand gedrückt hat, die er bei einem seiner zahlreichen Aufenthalte in Indonesien erworben hatte. Er sagte mir, dass der Tabak aus Sulawesi von einem manufakturähnlichen Betrieb Namens Juragan Icoqu stammt und erklärte mir, was es mit dem seltsamen Aussehen des Tabaks auf sich hat. Dazu aber erst etwas später, denn unabhängig vom individuellen Herstellungsprozess haben wir es bei den indonesischen Pfeifentabaken, von denen ich inzwischen auch ein paar andere von anderen Herstellern kenne, mit einer Besonderheit zu tun: der Produktionsprozess von Pfeifentabak ist in den allermeisten Fällen aufgeteilt zwischen landwirtschaftlichem Tabakanbau, Handel mit Tabak und der Aufbereitung und Erstellung der Mischungen plus Marketing. Das ist in diesen Fällen anders, denn hier ist der komplette Herstellungsprozess in einer Hand und an einem Ort, das heißt grob gesagt, dass der Tabakbauer auch die Reifung, das Aufbereiten und das Mischen übernimmt. Für Pfeifentabak ist das sehr ungewöhnlich und es erklärt aber auch, warum diese Tabake in erster Linie auf dem inländischen, also indonesischen Markt vertrieben werden.

Juragan IcoquJuragan Icoqu stellt eine kleine Palette verschiedener Tabake her, die sich, soweit ich das sehe, in ihrem Grundherstellungsprozess alle mehr oder weniger ähneln, sich allerdings in ihrer Aromatisierung voneinander unterscheiden. Ein überhaupt nicht aromatisierter Tabak von Juragan Icoqu ist mir unbekannt. Wie der Name schon sagt, ist der Light Tamarin, also der Tabak um den es hier im Nähreren geht, mit Tamarinde aromatisiert. Das allerdings so dezent, dass die Aromatisierung kaum ins Gewicht fällt.

Das erste, was meinen Blick auf sich gezogen hat, als ich den Tabak bekommen habe, war dieses seltsam flache fast zusammengepresste fladenähnliche Gebilde sehr dunklen Tabaks, das sich in der Mitte des Ziplockbeutels abzeichnete. Wie die Scheibe eines Bohrkerns mutet der Tabak an, der sich, wenn man genauer hinschaut, als leicht gepresster und extrem feingeschnittener Ribbon Cut entpuppt. Vom klassischen Feinschnitt unterscheidet ihn lediglich die deutlich geringere Länge der feinen Streifen und das vereinzelte Vorhandensein einiger breiterer und größerer Blattteile. Diese fallen farblich mit ihrem dunklen Braun auch etwas heller aus als der feingeschnittene tiefschwarze Rest.

Jurangan Icoqu Light TamarinDavid erklärte mir, dass es sich bei dem Tabak um Firecured Burley handelt (ich würde denken, dass da auch Virginia mit drin ist) und dieser Tabak wird für den Curing Prozess bereits geschnitten, teilweise mit Palmsirup gesüsst, in relativ große Bambusrohre gepresst, die verschlossen werden. Auf diese Weise wird der Tabak in den Bambuspaketen zwar erhitzt, kommt aber relativ wenig in Kontakt mit dem Rauch der Feuer innerhalb der Scheune. Ist der Prozess abgeschlossen, wird der Tabak, der die zylindrische Form des hohlen Bambusrohres angenommen hat, in Scheiben geschnitten und portioniert. Eine solche Scheibe ist in dem Ziplockbeutel. Bemerkenswerterweise ähnelt dieser Curing Prozess, abgesehen natürlich von der Dauer, dem Herstellungsprozess von Lemang, einem klassischen indonesischen Reisgericht, bei dem Reis mit Kokosmilch in Bambusrohren verpackt über offenem Feuer gekocht wird. Von unseren westlichen Tabaktypen ähnelt der Juragan Icoqu Light Tamarin am ehesten einem nicht oder eben sehr dezent aromatisierten Black Cavendish.

Jurangan Icoqu Light TamarinWie aber raucht sich dieser Tabak und wie schmeckt er? Wie oben schon erwähnt, ist der Juragan Icoqu Light Tamarin relativ fein geschnitten und kommt auch ein bisschen trocken daher, was sein Abbrandverhalten nicht ganz unproblematisch gestaltet: er brennt relativ schnell und tendenziell auch heiss, was man einerseits korrigieren kann, in dem man den Tabak etwas befeuchtet, behutsam raucht und Pfeifen benutzt, die kleinere Brennkammerdurchmesser aufweisen. Berücksichtigt man das, dann belohnt einen der Tabak mit einem sehr tiefen intensiven vollem Malzgeschmack mit leichter Rauchigkeit, der erstaunlich wenig süss wirkt. Ich hatte hier deutlich Süsseres erwartet, was vermutlich damit zu tun hat, dass der Tabak, wenn überhaupt, nur sehr dezent gesüsst wurde und das ganz leichte Tamarindenaroma mit seinen säuerlichen Holznoten das sehr gut balancieren kann. Macht sich dieses Tamarindenaroma im Geschmack erst relativ gegen Ende einer Füllung bemerkbar, so riecht man es im ungerauchten Tabak sofort, indem es eine Spur dieser McClelland Ketchupnote beisteuert, die bei der Kombination von Malzsüsse und Säure entsteht. Geschmacklich hat der Tabak allerdings nichts mit McClelland zu tun! Deutlich sagen muß man, dass der Juragan Icoqu Light Tamarin relativ nikotinstark ist, was ich aber ausgleiche, indem ich kleine Pfeifen benutze.

Da sich der Tabak geschmacklich über die gesamte Füllungslänge hin, von der Zunahme des Tamarindenaromas gegen das Ende abgesehen, kaum verändert, sind kleinere Pfeifen für mich hier eh die bessere Wahl. Der Eindruck, den der Tabak hinterlässt, ist sehr direkt, sehr vollmundig mit einem durchaus rustikalen Charme, der als Abwechslung zu meinen englischen Mischungen oder den VA/Periques große Freude macht. Als Alltagstabak wäre er mir nicht vielschichtig genug. Wenn man aber die Gelegenheit hat, einen solchen Tabak zu probieren, sollte man sich nicht scheuen…

 

4 Antworten

  1. Vielleicht bei uns nicht so bekannt: Nach China ist Indonesien (über 7000 Inseln, 260 Millionen Einwohner) der zweitgrößte Tabakmarkt der Welt und wächst jährlich. Gut 80% der Männer sind starke Raucher (bei uns sind nur noch 30% der Erwachsenen Raucher). Allein in den vergangenen 10 Jahren gab es bei indonesischen Rauchern einen Zuwachs von über 25%, bevorzugt werden Kretek-Zigaretten (Nelkenaroma) geraucht.
    Für die nationale (Gudang Garam, Djarum) und internationale Tabakindustrie (Philipp Morris, BAT) ist Indonesien eine Goldgrube. Es gibt so gut wie keine Rauchverbote, Zigaretten- und Tabakwerbung ist überall gegenwärtig. Im unverändert korruptionsgeplagten Indonesien zählt die Tabaklobby zu den mächtigsten Organisationen. Pfeifentabak hat einen verschwindend geringen Anteil. Dennoch zeigt uns Peters Artikel, wie interessant diese indonesischen Nischenprodukte sind.

  2. Karl Hirsch sagt:

    Eine recht interessante Vorstellung, sie entführt mich in ein mir völlig unbekanntes Neuland.

    Es ist ein wenig billig, da jetzt einem ausgewachsenen review mit einem Link zu einer ergoogelten Homepage zu antworten, aber man erfährt noch ein bissel mehr über die dortige – indonesische – Auswahl. Auf einem der Fotos der unter dem Produktbild eingestellten kleinen Galerie, die auch kurze englisch geschriebene Kundenerfahrungen enthalten, sieht man auch die Vorrichtung zum Firecuring mit den von Peter beschriebenen Bambusrohren, die natürlich vom Gebrauch derart geschwärzt sind, daß man ihre pflanzliche Herkunft nicht mehr erkennt. Sehen eher aus wie unsere schwarzen Plastikabflußrohre.

    Hier also schmucklos der Link.

    https://www.tokopedia.com/juraganicoqu

    Bestellen können Nicht-Österreicher dort auch. Wie ich die Asiaten zu kennen glaube versendet man sicher weltweit.

    • Es wäre hilfreich, wenn Du die Übersetzung aus Bahasa mitgeliefert hättest…….

      Der Preis ist heiß: Ico Ugi Bugis varian PURE SOPPENG per bambu berat nett 2 kg = 19,29 €uro für 2 KG
      55 gr für 1,07 €uro

      Wir sollten gemeinsam einen 20 ft Container bestellen ……..

      • Karl Hirsch sagt:

        Der Googlebrowser übersetzt auf Wunsch. Copy/Paste in den Bing translator ist eher mühsam.

        Allerdings habe ich beim Ausprobieren deutscher Tabake trotz Lektüre goetheinstitutfähiger Beschreibungen und reviews genauso herbe Überraschungen erlebt. Es ist im Prinzip wurscht, ob man weiß was da steht. Den Bestell-button kann man sowieso auf keiner Onlinehandelsseite übersehen. Selbst die online Beschaffung einer Stirnrüsselbürste aus dem klingonischen Manufactum (ghop Qap) Katalog glaube ich zu schaffen. Hab nur keinen Stirnrüssel.

        Ach ja, das da obe heißt „Ico Ugi Bugis Variante PURE SOPPENG pro Bambus Gewicht Netto 2 kg = 19,29“ Soppeng würde ich mit Dynamitsuppe übersetzen.

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