Ein Gruß mit Rückblick: 2019
Pfeifenblog.de wird betrieben von drei Köpfen, die in ihrer Ausprägung, den Ansichten und „Irgendwie und Sowieso“ durchaus eigenständig und unterschiedlich sind. Und so ist es nur logisch, dass der Rückblick auf das heute zu Ende gehende Jahr 2019 verschiedene Sichtweisen erlaubt. Das ist alles andere als dogmatisch und so leistet sich der Blog demnach auch drei Rückblicke. Unseren Abonnenten und der Leserschaft wünschen wir einen geruhsamen Übergang in das nächste Jahr. Bleiben Sie uns gewogen.
Ihr TRIO PFEIFENBLOG
BODO FALKENRIED
Jahresrückblicke sind längst nicht mehr, was sie waren. Erstens wurde das Jahr auf 11 Monate gekürzt, da vermutlich die „Moderatoren“ dieser bahnbrechenden Medienereignisse die Zwölf, vom „Dutzend“ ganz zu schweigen, nicht mehr kennen, so daß der Dezember nicht mehr vorkommt. Ob die meisten von ihnen ohnehin nicht einmal bis Drei zählen können, lasse ich offen. Also, zu Beginn des Fernsehzeitalters gab es exakt am 31.12. eines Jahres den Jahresrückblick, zuerst im Ersten, später dann gefolgt von den Mainzern. Und bei beiden Sendern hieß die Sendung Jahresrückblick und nicht wie heute z.B. beim Herrn Überflüssig Lanz „Menschen 2019“ mit Sarah Connor, den Toten Hosen und der Kelly Family, gesendet bereits am 20.Dezember. Demnach ist für die restlichen 11 Tage des Jahres diese Spezies scheinbar eliminiert. Politik gibt es bei dem Lanz-Format nur marginal, dafür aber ein bedeutsames Statement vom neuen Kapitän der Nation, dem diese Rolle eine Herzensangelegenheit sei, kann aber eigentlich noch nicht als Rückblick gelten, denn er gleitet erst heute Abend zum ersten Mal durch die Gewässer. Zurück blicken auch Dieter Bohlen und ein gewisser Bruce Darnell (?) bei RTL, im SAT gibt es gleiche mehrere Jahresrückblicke, darunter besonders erwähnenswert der von Annemarie Carpendale am 17.12. in Prosieben, wer immer diese Dame auch ist.
Eine Inflation finden wir bei den satirischen Jahresrückblicken und eingedenk der Tatsache, daß heute jeder, der einen Satz in normaler deutscher Umgangssprache nicht einmal unverständlich beenden kann, bereits ein Comedian sein soll, gilt offensichtlich als TV-Förderprogramm für diese Semantik-Eleven. Gespannt sein darf man wohl nur auf die Platzhirsche des Genres, Dieter Nuhr und den klugerweise unterjährig so abwesenden Urban Priol mit TILT.
Wie anders sieht es da in der unüberschaubaren, riesigen Gemeinde der Pfeifentabakgenießer, Pfeifen- und Zigarrenrauchern aus, mit ihrer stetig wachsenden Anzahl von abermillionen Mitgliedern? Wie hat sich deren Welt in 2019 gedreht, wann ist sie stillgestanden , wann hat sie Fahrt aufgenommen und wie lange wird das noch alles so weitergehen? Wobei letztere Frage ja in einem Rückblick gar nicht gestellt werden darf.
Der Anfang des Jahres hat uns den bereits im letzten Quartal 2018 Fahrt aufnehmenden Tsunami um die Dunhill Tabake deutlicher beschert, der dann im Juni/Juli gerüchterweise und endlich im September realiter die Welt der Dunhillianer wieder eingenordet hat. (Fast) alles wieder da und alles wieder unverändert wie zuvor, STG sei`s gedankt. Den Robert McConnell Heritage-Spuk von Kohlhase & Kopp mag man als durchaus daseinsberechtigtes Interregnum betrachten, wenn es auch in die Nähe einer Eselei gerückt werden kann. Egal, Schnee von …. diesem Jahr.
Planta hat die Segel gestrichen und ist unter das Dach von MacBaren geschlüpft, das Unternehmen existiert nicht mehr. Dafür ist Hans Wiedemann mit seiner HU Tobacco kreativ wie eh und je, wahre Meisterleistungen sind der Dark Moor und die Night Owl geworden. Das bayerische 100jährige Jubiläum der Abschaffung der Monarchie brachte uns u.a. den Kurt Eisner Tabak und ….. das war es auch schon. Ansonsten gähnende Langeweile an der Tabakfront (eigentlich haben wir doch alles, was wir uns wünschen) und gleiches gilt auch für die Holzfront. Alte Protagonisten, die üblichen sicheren Bänke, wenig Neues und Kreatives, in Deutschland macht einzig CO Pipes neugierig. Anders in Asien, wo sich viel Interessantes auftut, zum Beispiel in Taiwan und Indonesien.
Zugenommen in 2019 hat die Anzahl der You Tube Kanäle, die Wissen und Anreiz rund um Pfeife und Tabak bieten wollen. Hier sehen wir eine ähnliche Entwicklung wie bei den satirischen Jahresrückblicken: nur wenige sind berufen. Bei diesen Formaten ist festzustellen, dass die Sprechpausen durch unzählig zu wiederholendes Anzünden der Pfeife oftmals mehr Zeit einnehmen als die eigentliche Berichterstattung. Das es eine Schneidetechnik gibt, scheint da keine Rolle zu spielen.
Fazit kurz und bündig: Der zum Jahresanfang erwähnte Tsunami hat sich sehr schnell in ein schmalbrüstiges, plätscherndes Rinnsaal geformt und so war das gesamte pipologische Jahr 2019.
ALEXANDER BROY
Ich habe schon seit Jahrzehnten kein „Fernsehen“ mehr geschaut, deshalb kann ich zu dieser Form von Jahresrückblick wenig beitragen, aber dass am 20. Dezember ein erster Jahresrückblick erscheint, ist nicht ganz unsinnig. Der 20. Dezember ist der Tag des Ungläubigen Thomas und in einigen Kulturen beginnt mit diesem Tag die Zeit der Raunächte. Die alten Kalender konnten die Tage der Sonnenwenden nicht so genau bestimmen und so blieben durch ein paar Rechenfehler immer ein paar Tage übrig. Das sind die Raunächte, die nicht den Lebenden, sondern den Toten, den Göttern, Geistern und Dämonen gehören. Am 20. schlachtete man einen Eber einerseits als Opfer und andererseits als Weihnachtsschmaus, denn während der Raunächte verlässt man besser nicht sein Heim. Ob man nun einen heiligen Eber schlachtet, oder nur wieder eine andere Sau durchs Dorf treibt, egal. Das Jahr ist rum, da kommt nichts mehr, ausser der Perchta oder dem Heiland.
Was das Tabakjahr angeht, so gab es für mich tatsächlich auch nur diese drei Tabake Kurt Eisner Tabak, Dark Moor und die Night Owl da stimme ich meinem Vorredner zu. Hans Wiedemann hat spätestens mit diesen Dreien bewiesen, dass HU-Tobacco zu den ganz Grossen zählt. Diese drei Tabake waren auch mit Abstand seine erfolgreichsten Kreationen. Ich freue mich sehr, dass wir zu diesem Erfolg auch einen kleinen Teil beitragen konnten. An Planta verschwende ich keinen einzigen Gedanken (Mist, schon passiert) und Dunhill ist eine wunderbare Erinnerung an vergangene, goldene Zeiten. Ob die Navy Rolls von Dunhill, STG, Peterson oder sonst wem kommen, ist mir egal, ich rauche nur Escudo 😉 (Egal, ob Mailand oder Madrid, Hauptsache Italien)
Ich liebe YouTube und ich mag auch die neuen und alten „Pfeifen-Tabak-Youtuber“. Viele Videos haben vielleicht nicht den „Production-Value“ von HBO und nicht jeder PfeifenTuber hat das Charisma von Luis Trenker oder auch den Sachverstand von … weiss nicht ich hör jetzt auf … aber es ist eine nette, sympathische und liebenswerte Community entstanden, die zwischen lehrreich, meditativ, entspannend und (auch unfreiwillig) komisch schwankt. Also ich schau da sehr gerne immer wieder rein.
Und da ich der einzige von uns Bloggern bin, der einen Facebook-Account hat, will ich auch da einen kleine Rückschau liefern.
Die Foren sind tot, danke DSGVO! *Sarkasmus-Schild-hoch* was blieb sind ein paar Blogs und Facebook. Und auch auch was dieses sonst sehr zwiespältige Social-Network angeht, hege ich was die Pfeifengruppen angeht auch dahingehend überwiegend positive Gefühle. Auch da sind viele sympathische, nette und auch kauzige Menschen unterwegs, die man einfach gern haben muss und von denen man gern Bilder sieht und Geschichten liest. (Naja, nicht alle, aber eben doch recht viele).
Von mir also nur Versöhnliches, 2019 war für mich ein schönes Pfeifenjahr. Kommt gut rüber, bleibt gesund, bis nächstes Jahr, euer Alexander.
PETER HEMMER
Mit den Rückblicken ist es immer so eine Sache. Sie machen nur Sinn, wenn man so Erblicktes mitnimmt in den Blick nach vorne. Und trotz manchen Lichtblicks war das Jahr 2019 in fast jeder Hinsicht ein eher dunkles Jahr, auf das wir da zurückblicken.
Mein persönlicher Lichtblick – und das meine ich vollkommen ehrlich und aufrichtig – ist Greta Thunberg! Nicht, dass sie schnell mal die Welt verändert hätte, die Klimaerwärmung gestoppt oder das Artensterben aufgehalten hätte, oder wir schlechte Menschen wären, weil wir nicht im Segelboot reisen. Nein, es ist diese bewundernswerte Kompromisslosigkeit, mit der sie versucht, sich unserem kollektiven Selbstmord auf Raten entgegenzustellen und an der all diese professionelle, gezielt ins Nirwana führende Kompromissphrasendrescherei des Politbetriebes einfach mal folgenlos abperlt!
Uns kommt unsere Lebensgrundlage abhanden. Mal wird sie uns weggespült, dann trocknet sie uns weg oder sie brennt uns weg und sie stirbt uns weg, immer irgendwo, immer in noch bedrohlicheren Ausmaßen, erst reicht noch das Saarland als Größenvergleich, dann ist es Brandenburg und ein Ende ist irgendwie nicht in Sicht. Da sitzt jemand bei einem Vortrag in der LMU und ein Agrarwissenschaftler erklärt, dass in Bayern aufgrund des Insektensterbens und des Klimas Landwirtschaft, je nach Gutachten, in 10 – 30 Jahren unmöglich sein würde. Nicht im australischen Busch oder im Mündungsdelta Bangladeshs, nein bei uns!
Und dann schauen wir uns an, wie politische Entscheidungsprozesse bei uns ablaufen. Mit ihren verdeckten Lobbyschlachten, dem anbiedernden Kampf um Wählerstimmen, die von immer mehr alten Menschen stammen, obwohl Politik langfristig für junge Menschen gemacht werden muss. Das alles gestaltet sich schwierig und braucht Zeit. Zeit, die wir nicht mehr haben. Von globalen wirtschaftlichen Interessen und nationalem Machtstreben ganz zu schweigen. Und dem stellt sich dieses Mädchen entgegen – „Hier stehe ich. Ich kann nicht anders. Amen.“ – und blamiert diesen ganzen Zirkus bis ins Mark! Wir sollten uns ein Stück von diesem Lichtblick mitnehmen!
Pfeife 2019? Gab’s da was außer Horror?
Untaugliche Influencer, die eher ihrer eigenen Eitelkeit fröhnen als die horriblen Entwicklungen, an denen sie teilweise selbst Schuld sind, zu benennen. Immer mehr Pfeifenmacher, die immer weniger können – Ausnahmen bestätigen die Regel. Ein Fachhändler, der mit 65% Rabatt einen der besten deutschen Pfeifenmacher aus seinem Sortiment schießt und damit natürlich beschädigt, einfach, weil sich dessen Pfeifen nicht von ganz alleine verkauft haben.
Und letztlich das Aus von Butz-Choquin im September. Mal nur zum Überlegen: da geht es nicht nur um eine Marke mittelprächtigen aber durchaus seriösen Rufs weniger, da geht es viel mehr um einen der großen Zulieferer der Pfeifenwelt. Das ist Krise pur, denn wenn da noch andere nachfolgen, wird es keine Coupeure mehr geben, denn die leben nicht von der Hand voll Kanteln, die sie einzelnen Pfeifenmachern verkaufen, die leben von den Mengen für die Industrie. Das ist eine existenzielle Frage für das Fortbestehen der Pfeifenkultur. Was kann man machen? Serienpfeifen, wenn es nicht seltene oder alte Sammlerstücke sind, gefälligst nicht als Estates kaufen! Leute, die auf Pfeifenmessen stolz mit einer Plastiktüte voll unaufgearbeiteter einfacher Serienpfeifen daherkommen und deren Verkäufer, dienen nicht der Pfeifenkultur, das sind die Totengräber derselbigen! Das gilt natürlich genauso für den Online-Handel! Der Markt ist eh schon so unter Druck, da sollten diejenigen, die ihn stützen könnten, ihn nicht auch noch schwächen, in dem sie sich keinerlei Gedanken machen, welche Folgen ihr Kaufverhalten hat.
Und Tabak?
HU Tobacco „Darkmoor“ forever! Mein Tabak des Jahres! Und vor allem, die Freude, zu sehen, wie Hans Wiedemann mit einem Tabak, der stilistisch so sehr „seiner“ ist, einen richtigen Volltreffer gelandet hat! Gleich danach folgen auch bei mir der „Kurt Eisner“ von HU für Huber und der Night Owl. Anders als Bodo bin ich aber auch ein großer Fan der McConnell Heritage Reihe, denn da sind etliche Tabake, die deutlich interessanter geraten sind als ihre Vorbilder und deshalb für mich einen Gewinn darstellen. Dieses Marketingdesaster am Anfang hin oder her, die Tabake sind erstklassig! Und die Wiedergeburt der Dunhills als Petersons ist für Leute, die immer schon 911er gefahren haben und denen jetzt wurscht ist, dass da nicht mehr Porsche sondern FIAT drauf steht. Recht so, schließlich rauchen wir keine Dosen mit ihren Etiketten sondern den Inhalt und der ist gut!
In der Süddeutschen der letzten Tage war zu lesen, dass in deutschen Haushalten mehr als ein Drittel allen gekauften Brotes weggeworfen wird, dass die Anzahl der SUV Zulassungen auf einem Rekordhoch ist und weiter steigen soll, und vor allem, dass 15% der jährlichen Feinstaubbelastung ausschließlich in der Silvesternacht erzeugt wird! Für unsere Gattungsbezeichnung haben wir „Homo sapiens“ gewählt, irgendwann mal, wobei sapiens für „verständig, vernünftig, klug, weise, einsichtsvoll“ steht. In diesem Sinne mit dem schönsten und lustigsten aller Silvesterfeuerwerke ins Neue Jahr 2020 mit allen guten Wünschen!
Dem ist bezüglich der Tabake des Jahres nichts hinzuzufügen!!! Dem TRIO sei gedankt für manch gelungenen Beitrag! Allen Pfeifenfreunden wünsche ich ein glückliches Jahr 2020, vielleicht kommen ja doch goldene Zwanziger, noch ist Einsicht möglich.
Servus Erno, danke für die Wünsche. Aber „Goldene Zwanziger“ ? Was war das doch für das Gros der Bevölkerung für eine Zeit mit erbärmlichen Lebensumständen. So kann z.B. und u.a. die fürchterliche NSDAP zu unseren Zeiten zwar nicht mehr in den Zwanzigern (24.02.1920) gegründet werden, allerdings ist sie quasi seit 2013 in nahezu ähnlicher Form bereits wieder da. Und ich hoffe, das sich 2020 gänzlich anders herausstellen wird, als die so fälschlich apostrophierten 1920er Jahre.
Wir hören uns ……
Dann liegt es wohl an uns, es besser zu machen. Im Übrigen bezieht sich dieser Ausdruck historisch gesehen auf die Zeit nach dem Krisenjahr 1923, da war die NSDAP verboten, und ist vor allem kulturell und versöhnend (Stresemann) zu verstehen. Daher endete diese Periode selbstredend 1929. Natürlich spricht niemand im Kontext des Faschismus von „Golden“. Daher habe ich die Farbe auch adjektivisch klein geschrieben. Beste Grüße
Lieber Erno, ich will Dir folgen, wenn maßgeblich Kunst und Kultur sowie Wissenschaft den Begriff der „Goldenen Zwanziger“ prägen, denn Politik und Okölogie machten in diesen knapp 10 Jahren soviel „Bocksprünge“ mit nur ganz wenigen Konstanten (darunter Stresemann, wie Du bereits anführst), das eine konjunkturelle Verbesserung zwar dem Handel und der Industrie geholfen hat (sog. Klientelpolitik, kommt heute wieder sehr bekannt vor), der Bevölkerung aber nur marginal. Und als 1929 mit dem Börsenkrach in den USA und der Bankenkrise (und der auch in Deutschland schon einige Zeit vorher stattgefundenen Abschwächung der Konjunktur) die Goldenenen Zwanziger sich abrupt als Wolkenkuckucksheim zeigten oder treffender: als „gefühlte Hochlage“ … aber das wissen wir ja heute alle. Ergo bleibt aus meiner Sicht zu hoffen, das 2020 nicht zu einer Replik der 1920er wird und auch nicht zu einer für die nächste Decade.