Samuel Gawith – die 1792 Flake Bombe

1792 war nicht nur das Gründungsjahr für die Unternehmung des Tobacconisten Samuel Gawith, die uns heute noch maßgeblich im „Genußgriff“ hält, mit dem Habsburger Franz II. wurde auch der letzte Kaiser des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation gekrönt. Durch seinen Onkel und Vorgänger, Kaiser Joseph II, haben unsere armen österreichischen Freunde – und hier insbesondere die Tiroler- bis heute unter dem Tabakmonopol zu leiden. Und das bedeutet, daß sie die meisten der hier vorgestellten Tabake nur über dunkle Kanäle, verschwiegene Grenzstationen, hochgelegene Almen oder gar nicht bekommen können. So auch den im wahrsten Sinne des Wortes bombigen 1792 Flake.

Jörgen Larsen Bamboo – JL Grading

1792 Flake ist ein mustergültiger Virginia/Kentucky Flake, der aus dark fired* Tabaken besteht, die also im Ofen geröstet wurden. Anschliessend werden sie mit Wasserdampf befeuchtet und zu einem Cake gepreßt, der einige Stunden ruhen muß. Der Prozeß der Fermentierung hat eingesetzt. Nun wird dieser Cake in einer Presse unter hoher Hitze für drei bis vier Stunden (oder länger, je nach Rezeptur) quasi gebacken. Der jetzt recht dunkle Cake kühlt ab und verdichtet während des Auskühlens immer fester. Es entsteht ein Plug, der dann in Flakes geschnitten wird. Was den Tabak aber so besonders macht, ist ein durch aus der Tonkabohne gewonnenen Extrakt erzeugtes starkes Aroma, früher wurde es durch den mittlerweile zur Verwendung u.a. mit Tabak verbotenen Wirkstoff Cumarin erreicht. Cumarin wird unter anderem aus der Tonkabohne gewonnen. Und das beim 1792 Flake zur Aromatisierung eingesetzte natürliche Aroma ist ein Extrakt aus der Tonkabohne, der jetzt über die Flakescheiben gesprüht wird. Die Art und Dauer der Herstellung bestimmt u.a. auch den Nikotingehalt des Tabaks, dem beim 1792 Flake eine besondere Bedeutung zukommt.

 

Wie die anderen vor kurzem getesteten Samuel Gawith Flakes ist auch dieser hier nicht zu feucht und geradezu perfekt konditioniert. Wenn das so bleibt, dann entfällt zukünftig die Klage über die grundsätzlich zu feuchten SGs. Auch der Schnitt ist zufrieden-stellend und so kann der Rauchversuch beginnen. Natürlich wird die kleine JL Bamboo mit KNICK&FALT befüllt. Der 1792 Flake traut sich was. Sein Nikotingehalt ist dermaßen bombig, daß mir zum Ende der ersten, zweiten und dritten Pfeife, zwischen deren Gebrauch immer so 2-3 Stunden lagen, ziemlich blümerant wurde. Der Magen rief förmlich nach dem alten Hausmittel Kaiser Natron, das ich in der Küche zum blanchieren von Gemüse und gegen gelegentlich auftretendes Sodbrennen verwende und deshalb immer vorrätig habe. Das müßte eigentlich die Schlußbemerkung dieses Reviews sein, aber so sind Sie schon einmal im Bilde.

Zur erdigen, schwarzbrotartigen, kräftigen Malznote hat der Tabak ein ansprechendes „Waldmeister-Aroma“, das aber weder aufdringlich, aufgesetzt, noch künstlich wirkt und den Röst-Virginia hervorragend ergänzt. Obwohl er für meinen Geschmack zu den sehr starken Tabaken zählt ist, bringt er dennoch eine fast milde Grundstimmung.

Fazit

Ein bemerkswerter, sehr eigenständiger Virginia Flake mit „süffiger“ Hauptnote und durchdringender Wirkung, so daß ich ihn als besonderen Gelegenheitsrauch empfehle. Er verlangt den „ganzen Mann“ ob seiner geschmacklichen Stärke und seines hohen Nikotingehaltes. Er war einen, zwei Versuche wert, ich werde ihn allerdings nur noch in Ausnahmefällen rauchen.

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*Arten der Trocknung

Trocknung durch Sonne – Sun cured, z.B. Orient Tabake
Trocknung durch heiße Luft – Flue cured, z.B. Virginia Tabake
Trocknung an der Luft – Air cured, z.B. Burley Tabake
Trocknung über offenem Feuer – Dark fired, z.B. Kentucky (Würz-)Tabake, aber auch Burley

Bodo Falkenried

exemplarischer Niederrheiner, seit über 55 Jahren in München daheim, genauso lang Pfeifen- und Tabaksammler, versessen auf Musik, Literatur und andere Künste. Unternehmer, Segler, Reisender [..unser Mann in Asien]. Intensiver Marktgeher, immer an Feuer & Herd, sofern in der Nähe.  

4 Antworten

  1. H.Bruno sagt:

    Diesen SG rauche ich nun schon eine geraume Weile und er zählt zu meinen Lieblingstabaken, die ich ständig vorrätig habe und am Abend 1-2 meiner Lieblingspfeifen – einer 1926er Shape 7(jetzt wohl LB) wie auch in kleineren Vetretern der Gattung wie dem Shape 35 und der FET etwa in gleichem Alter rauche. Für mich hat er, langsam geraucht, eine angenehme Stärke. Was zur Konditionierung gesagt wurde, kann ich so nicht bestätigen. Wie alle SG und GH ist er deutlich zu feucht. Er lässt sich in diesem Zustand zwar rauchen, gewinnt aber m.E. wenn er deutlich an Feuchte verloren hat.

  2. Erno Menzel sagt:

    Tatsächlich scheint die Qualität der Flakes besser geworden zu sein ( aber bloß nicht den Tag vor dem Abend…), kräftig und stark ist hier selbstredend subjektiv unterschiedlich in der Wahrnehmung. Ich würde den 1792 eher im mittleren Bereich ansiedeln, ich mag aber auch den Unaussprechlichen😂. Die Vorstellung der SGs macht viel Spaß und hat auch manche Perle (Balkan Flake) wieder in Erinnerung gerufen. Besonders die Klassiker mit Big L rauche ich mit Wonne, die Virginias dagegen nicht mehr so sehr (Ausnahme Epikur).

  3. Servus Erno + H.Bruno, danke für Eure Kommentare. Reviews sind bekanntlich immer subjektiv. Ein Tabak, der mir sehr stark vorkommt, mag für andere eher ein Leichtgewicht sein. Häufig erwähne ich, dass dieser oder jener Tabak für mich so oder so einzuordnen ist. Ihr glaubt nicht, welche unterschiedlichen Einschätzungen zu Tabaken es an den Freitags-Treffen der Münchner Runde gibt …… trotz der Möglichkeit sofortiger Überprüfung am lebenden Objekt. 😂 Da spielen sich so manches Mal Glaubenskriege ab, zum Glück friedfertig.
    SG-Konditionierung: wir haben in den zurückliegenden Wochen eine große Menge an SG Tabaken gekauft und geöffnet. Alle waren „rauchfertig konditioniert“, was uns sehr verwundert hat. Man muss das beobachten und vielleicht geben Leser mal Laut, wie es ihnen mit Neukäufen so ergangen ist.

    • Erno Menzel sagt:

      Habe heute zwei Dosen 92er von Huber erhalten. Besser kann ein Flake nicht konditioniert sein. Die Flakes kommen sehr dünn daher und lassen sich ideal in die Pfeife einbringen.

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