Viking Bay Flake – Pipe Republic

Das Gezeter und Gejammer unter vielen Tabakliebhabern nimmt zu ob der abnehmenden Verfügbarkeit so mancher Tabake, die gemeinhin als Ikonen betrachtet werden. Du meine Güte, als ob wir nicht in einem Tabakparadies leben, in das sich z.B. unsere österreichischen Freunde, die seit 1784 unter einem habsburgischen Tabakmonopol darben müssen, mit Freuden begeben würden. Wenn es denn nur in ihren Landesgrenzen liegen würde. SG liefert anscheinend immer noch nicht in die EU, die Germains verbreiten unverändert falsche Nachrichten in bester Trumpmanier. Oder besser, weil aktueller, wie ihr Landesherr, der honorige Herr Johnson. In Dänemark finden eklatante Markt- und Markenverschiebungen statt, die die Tabakwelt einschneidend, grundlegend und „katastrophal“ verändern. (Ironie)

Wie soll das enden?

Vielleicht lebe ich ja in einer Parallelwelt, aber das alles geht nahezu spurenlos an mir vorüber, ist mir nicht einmal ein lakonisches Schulterzucken wert. Denn immer wieder entdecke ich interessante Tabake, die frei verfügbar sind. Das heißt, kaufen muß ich sie natürlich, aber das ist ja die einfachste Übung. Ein wenig schränke ich mich selbstauferlegt ein, denn die marktbeherrschenden Aromaten „gehen nicht an mich“, wie HD Hüsch anschaulich niederrheinisch formuliert hat. Ergo bleiben die „reinen“ oder „fast reinen“ für mich übrig. Völlig ausreichend, selbst wenn ich nicht über die Jahre ein ganz, ganz kleines Handlager mit ein, zwei Pretiosen angelegt hätte.

Ein blütenreiner Virginia ist der Viking Bay Flake von Pipe Republic, einer Marke aus dem Zigarren-, Pfeifen- und Pfeifentabak Emporium der Düsseldorfer Tabac Benden. Online bestellt, traf er bereits am nächsten Tag bei mir ein. Die Steuernummer und das bekannte Inlay zeigen es: der Hersteller ist die Lauenburger Dan Pipe Dr. Behrens KG, genauer deren Tochter DTM – Dan Tobacco Manufacturing GmbH. Neben Kohlhase & Kopp der zweite, wichtige deutsche Tabakproduzent, nachdem Planta von MacBaren geschluckt wurde.

DTM fertigt u.a. eine ganze Reihe bekannter naturreiner und naturnaher Virginia Tabake, die wir alle kennen und der Viking Bay Flake von Pipe Republic gehört zu den typischen DTM Epigonen, nur das er sicherlich einer der absolut „rein-reinsten“ Virginias ist und damit fast schon ein Alleinstellungsmerkmal hat.

Vorweggenommen: ein Volltreffer!


Pipe Republic gibt an, das der Viking Bay „als einer der wenigen zum allergrößten Teil aus echten US- Virginias aus dem Old Belt besteht“. Wir nehmen das jetzt einmal als Qualitätskriterium, ganz einfach, weil sich das beim testen nachvollziehen ließ. Jedenfalls ist der Duft aus der geöffneten Dose wunderbar voll, heuig trocken und mit einer sehr verhaltenen virginia-typischen Süße versehen, der meiner Vorstellung eines hellen, absolut naturreinen Virginias exakt entspricht.

In der geöffneten 50g Runddose sehen wir die erwarteten exakt gleich dick geschnittenen Flakescheiben.

In der geöffneten 50g Runddose sehen wir die erwarteten exakt gleich dick geschnittenen Flakescheiben

 

Diesmal habe ich Meerschaumpfeifen ausgewählt, um den Viking Bay auszuprobieren. Für mich ist das ideales Material, da es bei Meerschaum kein cross over gibt und er sich völlig neutral verhält.

Mit K&F (Knick & Falt) und drei halben Flakescheiben in die Pfeife gefüllt, wurde begonnen. Der perfekt konditionierte Tabak brannte sofort gleichmäßig an, dazu benötigte ich tatsächlich nur 1 Streichholz! Auch das üblich leichte Andrücken nach wenigen Zügen machte kein Nachzünden notwendig. Die Grundtendenz bleibt kühl und sauber mit einem sanften, herben und spritzig-pfeffrigen konsistenten Geschmack von Anfang bis Ende. Ich schmecke eine ganz feine nussige Note, ein wenig helles Brot und auch Zeder und anderes Holz, aber die beeinflußen nicht die klassische, subtile und haferig/körnige, heuige Note des Virginias.

Der Abbrand – langsames Rauchen vorausgesetzt – erfolgt gleichmäßig und in der Tat habe ich nur ein zweites Streichholz benötigt, um die Füllung zu einem trockenen, grauweissen Ascherest herunterzurauchen. Nicht einmal als Ansatz kam eine trockene Schärfe auf, der Viking Bay wurde weder zu heiß noch zickig.

Bamboo von Jerry Zenn, Taiwan und ein pimped Old Boy

Für mich ist der Viking Bay ein besonders gelungener straight Virginia, der ein zwar nicht komplexes,  dafür aber ein gradliniges Rauchvergnügen schafft. Völlig naturreiner Tabak kann eindimensional daherkommen, wenn er nicht besonderen Lager- oder Fermentierungsmethoden ausgesetzt wird, von Casings und Toppings gar nicht zu reden. All das umgeht der Viking Bay hervorragend und ich bin geneigt zu glauben, das neben der herausragenden Qualität der Virginias die sorgfältige, lange Lagerung und die perfekt Reife zu diesem überzeugenden Ergebnis führt.

Dennoch werde ich ihn nicht täglich rauchen, wie ich es beim ebenso ultimativ naturreinen Kurt Eisner Blend kann, der mit geringen Spuren von Burley -ich nenne sie mal einen kompositorischen Hauch – aufwartet. Somit bleibt der Viking Bay für mich ein Tabak für die „goldenen Stunden“ einer Woche, in denen ich meinen Geist von den Wirrnissen unserer Zeit entlasten will. Andere joggen oder tauchen, spielen Minigolf oder Tischtennis, ich rauche Virginia.

Ach ja, die passende, stimmungsabrundende Musik zum Viking Bay habe ich auch, sofern man keinen Wochenendtrip an die Küste von Kent plant: die letzten beiden ECM Alben von Oded Tzur – Isabela (2022) und Here Be Dragons (2020), langen exakt für die Reichweite einer Pfeife.


Ich werde ein paar Dosen einlagern und in 5 und dann wieder 10 Jahren prüfen, ob meine Einschätzung der Lagerfähigkeit sinnvoll war und hier berichten. Interessenten, die in meiner Nachfolge das Ergebnis einer 20 jährigen Lagerzeit autorisiert testen und hier berichten (sic!) wollen, mögen sich rechtzeitig mit den üblichen Bewerbungsunterlagen vorstellen (nur schriftlich, bitte sehen Sie von althergebrachten, nicht mehr zeitgemäßen persönlichen Direktkontaktaufnahmen unbedingt ab). Als Ausnahme akzeptiere ich allerdings Einladungen in exqusite Restaurants, bevorzugt hier in München oder in Salzburg, um unkomfortable Anreisen zu vermeiden.

Zwei, drei Dosen werde ich sofort backen und nach der erforderlichen kurzen Ruhezeit (des Tabaks) testen und natürlich hier informieren.


Bezug

Viking Bay Flake

50g oder 100g Dose

exklusiv bei Tabac Benden Düsseldorf i. Rhld (!!!)

im Shop Burghofstraße 28, 40223 Düsseldorf-Bilk

oder

online

 

Bodo Falkenried

exemplarischer Niederrheiner, seit über 55 Jahren in München daheim, genauso lang Pfeifen- und Tabaksammler, versessen auf Musik, Literatur und andere Künste. Unternehmer, Segler, Reisender [..unser Mann in Asien]. Intensiver Marktgeher, immer an Feuer & Herd, sofern in der Nähe.  

10 Antworten

  1. Karl Hirsch sagt:

    Immer diese Österreicher…Aber es ist wohl einmalig, daß eine unter gänzlich anderen Prämissen entstandene Einrichtung aus dem ausgehenden 18. Jhdt. durch die Maschen der EU-Bedingungen für den Beitritt Österreich durchgegangen ist.
    Zitat: Wenn es denn nur in ihren Landesgrenzen liegen würde. Ei ja. Es liegt an Euren Landesgrenzen, die zentral innereuropäisch von einem Ministerpräsidenten, Herzog, Hauptsturmbayer, was auch immer, unter fadenscheinigen (und unwirksamen) Begründungen quasi nicht mehr passierbar gemacht worden sind. Daß ein paar unbelehrbare Untertanen trotzdem drüber fahren wollen, beantworte ich mit hochnäsiger Abscheu. Auch wenn der Huber noch so lockt.

    Außerdem raunt mir gerade mein alter ego was ins Ohr.

    • Servus Karl, ich wollte andeuten, daß für Euch Post-Habsburger verständlicherweise ein (Tobak-) Paradies nur in Euren Grenzen akzeptabel wäre und selbst dem Reiz uneingeschränkter Verfügbarkeit außerhalb Eurer Landesgrenzen nur bedingt etwas paradiesisches anhaften würde.
      Daß Dir Flakes und Latakias keine Gustostücke bieten, schränkt den Genuß natürlich erheblich ein, insofern bleibt der Aufschrei des Publikums aus, da von Dir selbstverschuldet.

  2. Karl Hirsch sagt:

    Na, zwischen selbst verschuldet und selbst entschieden ist doch ein bissele ein Unterschied. Flakes sind kein absolutes no-go, was mich eher stört, in der Herde mitschwimmen zu müssen. Und auch dieses leidige Aufrubbeln oder knick-falten. Eigentlich eine in Lobeshymnen des Herstellers untergegangene Zumutung. War früher ein Kompromiss für Seeleute, die Flakes hießen früher ja auch Navy Cut
    Ähnlich ist es auch mit dem ausgeuferten Anteil an latakiahältigen Tabaken. Früher eher eine Randerscheinung, hatte jemand die geniale Idee, diese Tabake „englich“ zu nennen. unvergessen die Verwunderung meines aus London zu Besuch weilenden Großonkels, als ihm meine Großmutter den Balkan Sobranie als englischen Tabak zum Geschenk machte. Daß man da als Träger Billigtabake hernehmen kann, da die vorlaute Latakiakomponente alles niederknüppelt, was man sonst noch röche. ist ein sorgfältig gehegter Verschwörungsgedanke.

    • Ich wüßte überhaupt nicht, ob und wo welche Herde schwimmt, die grasen doch meistens nur. Oder kennst Du Flake rauchende Amphibien? Der Latakia knüppelt auch nix nieder, wenn die Gesamtmischung stimmt – und da war der BS 759 schon einer der feinsten Kräuter. Wie auch die Drucquers und so andere mehr. Aber wir leben hier in freien Ländern ….. keiner zwingt Dich, außer Steuern und Versicherungsprämien zu zahlen.

  3. EG-Gesundheitsminister sagt:

    Woher weiß ich nur immer, nach einem gelesenen Satz in der Vorschau, dass ein Artikel von Bodo geschrieben wurde?

    • Vielleicht, weil der Bodo in der Volksschule (so hieß das damals wirklich) schon Lesen und Schreiben gelernt hat und heute der antiquarische Pelikan stets gut gefüllt mit Pelikan 4001 Königsblau immer einsatzbereit auf dem Schreibtisch liegt, denn täglich werden seit fast 60 Jahren immer noch 2-3 Briefe am Tag geschrieben ….und der Tabak, wie hat der Tabak geschmeckt ? 🙂

  4. EG-Gesundheitsminister sagt:

    Ja… wie unterschiedlich man doch so einen Kommentar interpretieren kann 😉
    Leider bin ich noch nicht in den Genuss des Tabaks gekommen – wenn er in Reichweite ist werde ich aber zuschlagen.

    Grüße

  5. Frank Günther sagt:

    Sehr interessantes Review! Wegen der Lagerung allgemein einmal ne Frage.
    Wenn ein Tabak (reden wir von Virginia/Burley) ein leichtes Casing hat – wie verhält es sich mit der Lagerung? Mac Baren zum Beispiel oder der Eisner Tabak vom Huber. Ist/kann das Lagern genauso verheerend sein, wie wenn man einen Hocharomaten lange lagern würde? Wenn anteilig Perique, Kentucky, Cavendish (nicht black!) oder Latakia dabei ist – ist das dann evtl. auch nicht ratsam für eine Lagerung, da die Tabakkomponenten ggf unterschiedlich reifen und es dann zu einer Geschmacksverwerfung kommen kann? Viele Fragen…. Vielen Dank für die Antwort. Es wäre mal,ein toller Blogeintrag über das Lagern. Liebe Grüße Frank Günther

    • Bodo Falkenried sagt:

      Oh je, Frank, da haben Sie ein großes Faß aufgemacht, allerdings wert, darüber einmal detailliert nachzudenken. Wie man so etwas sinnvoll und basierend auf Erfahrung und nicht Vermutung hinbekommt, werden wir im Autoren-Trio besprechen müssen. Machen wir erst einmal ein „Projekt“ daraus 🙂
      Phase 01 = Versuch, Geschwätzschmutz vermeiden und Tatsachen festlegen.

      Wir melden uns wieder …

  6. Frank Günther sagt:

    Das finde ich toll. Danke!

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