Pfeifen Huber | Epikur
Tabake werden nicht besser, nur weil man öfter über sie schreibt. Es gibt hier bereits einen Artikel über diesen Tabak, in dem vieles, was man vielleicht wissen will, schon beschrieben ist. Warum also nochmal einen Artikel über den Epikur? Ganz einfach: weil ich mehr über den Geschmack schreiben will und weil ich ihn vollkommen anders aufbereite, als Bodo das beschrieben hat.
In Erwartung, dass der Brexit auf dem Tabakmarkt nicht spurlos vorüber gehen könnte, habe ich kurzfristig beschlossen, mir nochmal ein paar Dosen des Epikurs zu kaufen und einzulagern. Das ist im Wesentlichen der Anlaß für dieses Review und meine Überlegungen.
Bekanntlich handelt es sich beim Epikur um die Plug-Version von Samuel Gawith’s Full Virginia Flake. Der Full Virginia Flake wird in Deutschland flächendeckend angeboten, der Plug, also der Epikur, nur unter dem Huber Etikett. Jetzt kann man sich fragen, ob es das überhaupt braucht? Klare Antwort: Ja! Nächste Frage: Warum braucht es das? Und jetzt muss man schon ein bisschen weiter ausholen:
Plugs zu rauchen ist kein Zauberwerk, das einer erfahrenen Raucherelite vorbehalten ist, Plugs zu rauchen ist einfach nur mehr Aufwand! Und den betreibt man nicht, weil es etwas besonderes ist, mehr Aufwand zu betreiben, sondern weil man im Wesentlichen zwei Vorteile hat, wenn der gepresste Tabak nicht schon in Scheiben geschnitten oder gar zum Ready Rubbed vorgerubbelt ist.
Der erste Grund hat mit dem Hersteller Samuel Gawith und dessen Konfektionierung der Flakes zu tun: Die Scheiben des Full Virginia Flakes sind nicht selten relativ dick geschnitten, ungleichmäßig geschnitten und ziemlich feucht abgepackt. Das macht das Rauchen dieses Flakes manchmal nicht gerade einfach, je nachdem, wie man ihn gerade erhält. Beim Plug, der auch relativ feucht ist, hat man das Aufbereiten in der eigenen Hand, was für mich ein signifikanter technischer Vorteil ist.
Der zweite Grund dagegen ist viel fundamentaler und für mich der eigentliche, um die Plugversion zu bevorzugen: Plugs reifen anders als geschnittene Tabakscheiben oder gar ein Ready Rubbed! Der Geschmack, der dabei entsteht, ist komplexer und intensiver als bei den bereits aufbereiteten Versionen! Und gerade, wenn man dem Tabak Zeit zum Reifen lässt, ist es den Mehraufwand des Aufbereitens allemal wert!
Gleich vorweg möchte ich sagen, dass Samuel Gawith’s Full Virginia Flake für mich DER Referenztabak unter reinen Virginiatabaken ist – gerade nachdem McClelland mit ihrer speziellen Fermentation die Produktion eingestellt hat. Und der gereifte Epikur ist folgerichtig die Referenz der Referenz! Auch wenn es wirklich viele reine Virginias auf dem Markt gibt, in vielen Stilen, der Full Virginia Flake und der Epikur im Besonderen stellen für mich den Archetypus eines perfekten Virginias dar. Der Tabak zeigt alle Facetten auf, die Virginia haben kann und das auf allerhöchstem Niveau!
Der Epikur kommt in kleinen gepressten Quadern und Würfeln, zum Teil mit kleineren Flakestücken auf das richtige Füllgewicht von 100g gebracht. Das Konfektionieren eines solchen Tabaks ist nicht ganz einfach, weshalb diese Tabakform auch relativ selten ist. Wenn ich solche Dosen aufmache und reinschaue, dann denke ich immer an jemanden, der erleichtert „Ubongo“ schreit… Die Farbe der Tabakwürfel ist eher dunkelbraun mit hellen Streifen durchsetzt, an den Schnittflächen lassen sich schön die einzelnen Blätter mit ihrem farblichen Nuancen erkennen. Auch leicht hellgraue kristalline Ausscheidungen zeigen sich vereinzelt. Der Geruch ist intensiv malzig süß und hat feine Nuancen von getrockneten Früchten, eine ganz dezente Säure und etwas Heu.
Interessant ist, einen frisch gekauften Epikur mit einem vier Jahre lang gelagerten zu vergleichen: hier zeigt sich schon allein optisch, was der Reifeprozess bewirkt, denn der gereifte Tabak ist jetzt fast schwarz und im Geruch dominieren die Trockenfrüchte mit Karamell und etwas Schokolade, während das Heu vollends verschwunden ist.
Nächste Frage ist nun, wie bereite ich den Tabak auf, um ihn geniessen zu können. Bodo schlägt in seinem Artikel vor, ihn quasi in einen Cube Cut zu zerschneiden, also in kleine Würfelchen, die man dann in die Pfeife einfüllt. Mit dieser Version komme ich persönlich nicht besonders gut klar, weil, wie oben schon erwähnt, der Tabak relativ feucht ist und die feuchten Cubes lange brauchen, um ein bisschen zu trocknen und feucht nicht besonders gut glimmen. Die geschmackliche Entwicklung ist für mich eher bescheiden. Man kann ihn so rauchen, aber für mich ist das nicht die beste Wahl!
Ich bevorzuge es, mit einem wirklich sehr scharfen Kochmesser sehr sehr dünne Scheiben von den Würfeln abzuschneiden, ca. 1mm dick, also fast eher Späne als Scheiben. Der Tabak ist feucht und dicht genug, sodass diese dünnen Späne nicht zerfallen. Auf diese Weise lässt sich der Tabak ganz leicht etwas antrocknen – das dauert nur zehn Minuten bis eine Viertelstunde – und die so getrockneten Scheibchen lassen sich perfekt in Kügelchen gedreht oder geknickt und gefaltet in den Pfeifenkopf füllen. Wie bei einem Flake. Nur entwickelt bei meiner Art zu rauchen der etwas trockenere Epikur auf diese Weise eine größere Geschmacksfülle, weil er unkomplizierter und bei mir kühler abglimmt. Das liegt auch daran, dass ich die relativ feuchten Cubes doch öfter mal nachzünden muss, während die getrockneten Späne problemlos langsam vor sich hinglimmen. Das macht sich bei mir geschmacklich sehr positiv bemerkbar.
Entzündet man den Tabak, was auch bei meiner Methode ein paar Anläufe braucht bis die Oberfläche gleichmäßig glimmt, dann haben wir sofort betörend süße malzige Noten mit einem leichten Karamell und Röstaromen wie von Brotkruste. Anfangs auch mit leichten heuigen Noten versetzt, die sich aber im Lauf der Füllung immer weiter verflüchtigen und mehr und mehr den Noten nach getrockneten Früchten (Feige) und in Nuancen dunkler Schokolade Platz machen. Die ersten zwei Drittel der Füllung wirkt der Tabak opulent und cremig süß, erst zum Ende hin wird er nicht nur stärker und intensiver sondern auch zunehmend erdiger und kantiger. Die Süsse bleibt bis zum Finale präsent und sorgt dafür, dass der Geschmackseindruck nicht rustikal endet, sondern immer fein und perfekt balanciert wirkt.
Full heißt hier nicht stark im Sinne von Nikotinstärke, sondern im Sinn von Geschmacksfülle! Auch wenn der Tabak schon das nötige und natürliche Gewicht besitzt und keineswegs leicht ist. Überwältigend stark aber ist er nicht. Wem er trotzdem zu kraftvoll daherkommt, der sei an den Best Brown Flake oder dessen Plug-Bruder Kendal Plug verwiesen! Der ist im Stil ähnlich, aber deutlich leichter, was man allerdings auch an der Geschmacksfülle merkt: kleines Feuerwerk beim Kendal Plug, großes Feuerwerk beim Epikur!
Gut geschrieben und hat auch mir noch neue Facetten aufgezeigt. Da liebt jemand Tabak, das ist in jeder Silbe zu spüren. Schön.
Es ist schön, daß der Epikur noch einmal besprochen wird. Sicherlich macht es Sinn, die Entstehungsgeschichte dieses Tabak ebenfalls zu beleuchten. Als Jens Meyer (Pfeifen Huber) und ich darüber nachdachten, wie wir für das seinerzeit sehr aktive Forum „Pfeifen und mehr“ (PUM) als Ergänzung zu den beliebten Jahrespfeifen -auch ein gemeinsames, erfolgreiches Projekt – einen weiteren „Identitätsgenuß“ kreieren konnten, war ein Tabak naheliegend. Aber wie auch die Jahrespfeifen (Poul Winslow nach unserem Design), sollte dieser etwas ganz besonderes und in Deutschland nicht erhältlich sein.
Ich hatte den FV Plug schon vorher jahrelang geraucht, es gab in nur im heutigen Brexit Country oder aber bei Synjeco in der Schweiz. Dort konnte man ihn noch ganz einfach bestellen. Allerdings war er nicht in einer Dose, sondern in Staniolpapier verpackt und ist das wohl noch heute. Denn Samuel Gawith hatte strategisch eher den aus dem Plug geschnittenen und eingedosten Full Virginia Flake vorgesehen, der Markt war schließlich ungleich größer.
Es gelang Jens Meyer, alle Beteiligten zu überzeugen und wir konnten den nächsten Schritt planen: die Konfektionierung (Größe der Plugs auf 100g) und das Dosen-Layout. Die Namensfindung war ein Thema, das einiger Diskussionen bedurfte und irgendwie erschien uns „Epikur“ so naheliegend. Denn der Plug war etwas besonderes, die Qualität der Virginias herausragend und die Formatierung gleichmaßen ….. und er war unikat, es gibt ihn nach wie vor nur bei Pfeifen Huber, in der 100g „Malerdose“.
Als wir das Forum Pfeifen und mehr inaktiv setzten, erhielt der Epikur unter Beibehaltung des Namens ein etwas anderes Layout und gehört unverändert zum Standardangebot von Pfeifen Huber.
Hier gibt es bei mir einen kleinen Wermutstropfen: mir gefällt das Forum Layout um Längen besser, vielleicht, weil wir uns so viel Mühe damit gemacht haben. Oder einfach aus nostalgischen Gründen.
Also, wann immer ich einen Forum-Epikur leergeraucht habe, fülle ich eine Dose aus der „Nach-Forum“ Ära sofort um. Na ja, auf den Tabak hat das keine Auswirkung. Er ist für mich nach wie vor der beste reine Virginia.
Peter hat angeführt, der Brexit könnte womöglich Einfluß auf die Verfügbarkeit haben. Dem habe ich daraufhin umgehend vorgebeugt …….
Auch für mich ist der Epikur und der FVF unnahbar, weshalb ich mich auch ein wenig bevorratet habe, aber ich wäre begeistert, noch mehr Gawith als plug in Deutschland zu bekommen, hätte Huber da kein Interesse daran (Kendal plug, St James plug….)das Sortiment auszubauen? Viele Grüße
Natürlich wäre es schön, wenn es diese Plugs in D gäbe. Der Markt dafür ist aber wohl so gering, daß ein Import für einen Distributor nicht lohnt. Der Fachhändler träfe es nur wenig einfacher an, obwohl er nicht das Bestellgröße-Problem hätte wie der Distributor (Importeur). Wer aber soll das Marketing dafür machen?. Das alles würde sich kaum rechnen und ich bin mir sicher, daß eine solche Nische in diesen Zeiten, in denen niemand weiß, ob und wie UK Tabake ab Januar in die EU und zu welchem Preis gelangen, nicht kommerziell sinnvoll plaziert werden kann.
Die Situation beim Epikur war eine gänzlich andere: seinerzeit war zu Beginn der Markteinführung das Forum Pfeifen und mehr der Imageträger und die Exklusivität durch Pfeifen Huber hat die bis heute funktionierende Nische geschaffen. Beispiel: meinen letzten Kendal Plug habe ich im Dezember 2008 bei Synjeco in der Schweiz bestellt und von den 3 Blöcken gibt es immer noch einen. Wahrlich kein Geschäft für den Handel.
Aber vielleicht kann sich Jens Meyer zu Ihrer Frage bei Gelegenheit einmal äußern.
Das Mengenproblem glaube ich gern, allerdings wundert es mich, dass die kleine Schweiz sich diese Fülle „leistet“… Der Epikur ist derzeit weg aus dem online – Shop…. Das überrascht mich nicht….
Hallo Peter,
sehr schön geschrieben! Ich hab dne Epikur auch gerade da und werde deine Methode mit der von Bodo vergleichen. Hoffen wir, dass der Epikur, respektive FVP, wie auch der Rest der Gawith Tabake auch nach dem Jahreswechsel wie gewohnt verfügbar sein werden. Ich vermute zumindest eine Preissteigerung durch eventuelle Zölle. Wir werden es ja sehen.
Rauchige Grüße
Jürgen
Hallo Jürgen,
jeder hat so seine individuelle Art zu rauchen, manch einer kommt auf die eine Art gut klar, ein anderer eben auf eine andere! Was die Verfügbarkeit angeht, decken sich unsere Bedenken wie unsere Hoffnung! Das war ja für mich erst der Auslöser für den Kauf und dann für’s Review!
Herzliche Grüße
Peter