Kingfisher – eine Butera Legende

Es gibt so viele Tabake, die den meisten Rauchern nur noch als Legende bekannt sind und die sie nicht mehr genießen können. Deshalb macht es Sinn, Erfahrungsberichte festzuhalten und so finden Sie einige Reviews hier bei uns, die aktuelle „live Tests“ längst verschwundener Preziosen schildern. Die Autoren, allesamt erprobte „Veteranen“ der Tabakliga, haben durch gezieltes, vielfach jahrelanges lagern solcher Tabake, vorausschauend vorgesorgt. Ergänzend möchte ich erwähnen, daß wir kürzlich Zugriff auf einen größeren Vintage-Bestand eines befreundeten Sammlers erhielten und die Mitglieder der Münchner Runde damit versorgen konnten. Im August haben wir über den Bombay Court Extra berichtet, nun folgt der Kingfisher, den ich seit langen Jahren rauche und von dem ich immer noch einige Dosen „gebunkert“ habe.

In der Tat, es ist kein Schreibfehler an dieser Stelle: der seinerzeit auf den Britischen Inseln (Jersey) von J.F.Germain & Sons für Butera hergestellte und beginnend mit dem Jahr 2015 anscheinend heute sang – und klanglos eingestellte Kingfisher ist ein „Double Cut Krumble Kake“.

Ganze Tabakblätter werden zusammen geschichtet und dann in Kuchen gepresst, bis die Mischung der Blätter perfekt gereift ist. Diese Schichtung wird geschnitten, zu einem Band gesponnen und ein zweites Mal in Kuchen gepresst, anschliessend in Flakescheiben geschnitten (daher Double Cut) und in kleine 50g Rechteckdosen verpackt.

In der kleinen rechteckigen Dose mit dem wunderschönen Etikett befinden sich sorgsam nebeneinander und aufrechtstehende kleine „Schnittchen“, der gleiche Cut wie der ebenfalls von Germain  produzierte Penzance, allerdings von gänzlich anderer Konsistenz. Entnimmt man nämlich 2-3 davon,  zerbröseln sie sogleich in mittelgroße Brocken, das ist dann der Krumble Kake, der Krümel Kuchen. Der Eisvogel  besteht aus Virginia, Burley und Perique.

Zunächst bleibt festzustellen, daß es sich nicht in erster Linie um eine Virginia / Perique Mischung handelt und damit dürften die VA Liebhaber der reinen Lehre schon einmal ein Problem haben. Der Burley Anteil ist sehr hoch, es gibt denn auch eine ziemliche Portion Nikotin. Zumindest am Anfang macht sich ein deutliches Zigarrenaroma bemerkbar, nicht gerade angenehm, und scharfer Zitrus. Ist der Tabak und die Pfeife aber angewärmt, kommt der echte Kingfisher zutage: voll, rund, süßlich. Burley- und der Zitrusgeschmack weichen zurück und nun bin ich in einer wundervoll weichen VA Geschmacksfülle, deren Gesamtheit mich am ehesten an dunkle, getrocknete Feigen und an Hefe erinnert. Also, da muß man erst einmal durch.

In einer mittelgroßen Jörgen Larsen, die ich mit dem Eisvogel sorgsam (und andächtig) befüllt habe, bewährt er sich hervorragend. Ich rate ab, ihn in zu großen Pfeifen zu probieren, da der anfänglich hohe Nikotingehalt Wirkung zeigt. Kleine bis mittelgroße Köpfe bekommen ihm am besten. Die Scheiben, zwei, drei davon, zerbrösele ich leicht und lasse sie einfach in den Pfeifenkopf fallen, leicht andrücken. Knick&Falt funktioniert hier nicht, da die Scheiben sofort zerfallen. Nach zweimaligem anzünden brennt er problemlos und gleichmäßig über die gesamte Fläche. Er raucht sich trotz der Feuchte kühl und fast ohne Kondensat, feinste weiße Asche bleibt zurück.

Mir fällt eine sehr unikate Reaktion des Kingfishers auf: je länger er glimmt, um so häufiger verändert er die Geschmacksrichtung. Mal tritt der Burley mehr nach vorn, macht sich erdig, holzig und nussig schmeckbar. Die Virginias wiederum bieten eine kräftige, säuerliche und spritzige Zitrusnote, die einhergeht mit viel Brot, Zucker und dem typischen Virginia Heu. Ihre Gesamtwirkung ändert sich, da sie immer wieder die Führung übernehmen. Der erdige, holzige Perique bleibt stets als geringere Komponente in der Mitte der Geschmacksfülle, leicht pfefferig und mit einigen Gewürzaromen, ein wenig Feige und Pflaume. Ein dezenter Auftritt. Der Tabak benötigt bei gemächlichem Rauchen kaum Aufmerksamkeit, allerdings ist er nichts für Raucher, die sich solch komplexen und variierenden Geschmacksnuancen bisher nicht genähert haben. Der Abbrand ist langsam, ziemlich kühl, sauber und manchmal etwas sahnig.

Eine unverwechselbare Kombination aus würzigem Virginia, Burley und Perique. Ein leichter, süßer, weicher Rauch, subtil und komplex, mit einer Geschmackskurve, die von leicht pikant bis satt-kräftig zitronig reicht. Der Geschmack ist ziemlich nuanciert und neigt dazu, sich uter dem Rauchen öfter zu verändern.

Als Rarität rauche ihn natürlich nicht häufig, er soll etwas Besonderes bleiben, was er ohne Zweifel auch ist. Nach meinen Beobachtungen gewinnt der Kingfisher, wenn die Dose einige Wochen geöffnet ist. Dann sollte er zügig aufgeraucht werden, denn er vertrocknet sehr schnell. Wer mag schon Staub rauchen, auch wenn es ein Seltener ist. In meiner persönlichen Flake & Curly Favoritenliste befindet er sich unter den ersten 5 Plätzen, nach Penzance, Dunhill Flake, Escudo/DDLNR und Orlik Golden Sliced.

 

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Bodo Falkenried

exemplarischer Niederrheiner, seit über 55 Jahren in München daheim, genauso lang Pfeifen- und Tabaksammler, versessen auf Musik, Literatur und andere Künste. Unternehmer, Segler, Reisender [..unser Mann in Asien]. Intensiver Marktgeher, immer an Feuer & Herd, sofern in der Nähe.  

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