Dunhill Flake | seit 6 Jahren immer noch ein Überflieger
Legenden gibt es bekanntlich nicht nur in Hollywood. Bei legendären Tabaken finden wir -anders als in der Welt des Zelluloid- häufig die Situation, dass sie wiederbelebt werden. Und die Tabakgemeinde schreit auf: im günstigen Fall schmeckt die Wiedergeburt wie das ach so lang vermisste Original, für andere wieder liegt die Neuschöpfung völlig daneben, ganz euphorische Gourmets finden diese Kreation besser als den oder die Vorgänger. Schön, dass es so ist, denn sonst würden die Neuzeitversionen von Legenden wie Nightcap, Early Morning Pipe, Escudo, Ready Rubbed und Three Years Matured Virginia und vielen anderen wohl nur noch unkommentiert und unbestritten reinen oder gar keinen Genuss verschaffen.
Die Kontroverse war beim im Jahre 2010 (ab 2011 im deutschen Fachhandel erhältlich) wieder aufgelegten Dunhill Flake vorherzusehen. Deshalb ist es heute durchaus an der Zeit, einmal vom mittlerweile 6 Jahre andauernden Langzeittest dieses außergewöhnlichen Flakes zu berichten. Und gleich einen Vergleichsrauch des 2010er mit zwei seiner Vorgänger durchzuführen: dem Dunhill Flake von Murray`s von 1998 und dem Dunhill Flake von Orlik aus dem Jahre 2005, der letzten Variante, die um das Jahr 2007 herum vom Markt genommen wurde. Alle drei Varianten sind naturreine Virgina Flakes, bei denen reifer Virginia als Flakescheiben mehrfach gepresst und in der Pressung lange gelagert wird, was zu einer naturreinen, dunklen Süße führt, die keinerlei künstlicher Aromatisierung bedarf. Das ist unverändert beim 2010er der Fall. Weder optisch (feine, akkurat geschnittene Flakescheiben – im 2005er stehen sie aufrecht in der kleinen 50g Dose – beim 2010er liegen sie nebeneinander in der neuen flachen Rechteckdose) gibt es im Mischungsbild einen Unterschied. Beide Tabake haben nicht einmal eine farbliche Differenz. Der Trockengeruch ist ebenfalls völlig identisch, trotz des Altersunterschieds von mittlerweile über 10 Jahren.
Beide Flakes sind bei Orlik hergestellt und es handelt sich mit großer Wahrscheinlichkeit um den gleichen Blender. Kräftiger Geruch nach Pflaume mit einem Hauch von Zitrone ist die vorherrschende Geruchsnote. Da der Tabak naturrein ist, fehlen aufdringliche oder gar stechende Aromanuancen. Mit Knick/Falt fülle ich den perfekt konditionierten 2010er (gekauft vor einer Woche, also eigentlich ein 2016er) in eine 4111 Dunhill Cumberland und eine 3er oder höchstes 4er erscheint uns die ideale Größe für den Flake, dessen Geruch zunächst auf eine ziemliche Stärke schliessen läßt. Nach dem Anbrand allerdings verliert sich sofort das Trockenaroma und nach wenigen Zügen – und das ist aussergewöhnliche am 2010er Flake im Vergleich zu ähnlichen Virgina Flakes -gibt der Tabak einen kräftigen, dennoch weichen, vollmundigen Virginiageschmack ab, der sich bei langsamen Rauchen komplett erhält. Ein leichter Pflaumengeschmack – eine typisch dunkle Geschmacksnuance reifer, satter Virginias- ist stets vorhanden. Keine Abweichungen in der Mitte oder zum Schluß – schlichtweg perfekter Geschmack von Anfang bis Ende. Das spricht eindeutig für die Kunst des Blenders und für die Qualität der verwendeten Komponenten und letztlich des Herstellungsprozesses. Der aktuelle Dunhill Flake ist weniger kräftig als zunächst vermutet, aber auch kein Leichtgewicht, deshalb auch die Empfehlung der Kopfgröße. Er bedarf beim Abbrand für den geübten Flakeraucher keinerlei Aufmersamkeit und läßt lediglich hellweiße Asche übrig. Kondensat ist fast keines entstanden, die Pfeife bleibt bis in den Holm nahezu trocken. Gleiches gilt im übrigen auch für den 2005er Vorgänger.
Ich bin nicht in der Lage, auch nur den geringsten Unterschied zwischen der 2005er und der aktuellen Version festzustellen. Wohl aber steht das Urteil über den jüngsten der drei Probanten fest: ein absoluter Premiumtabak, der mit einem unvergleichlichen, eigenständigem Aroma gepaart mit ebenso herausragendem Rauchverhalten aufwartet. Für den Liebhaber naturreiner, mittelkräftiger Virginia Flakes ist dieser Tabak ein Muß. Müßig zu erwähnen, das ich die Bestätigung für mein Allzeit – Triumvirat für die einsame Insel erhalten habe: Escudo, Huber Balkan und nun – endlich wieder – der Dunhill Flake.
Und wie schnitt nun der Senior ab, der Murray`s? Leider kann er aufgrund seines hohen Alters nicht in einen fairen Vergleichstest einbezogen werden. Der Geruch nach dem öffnen der Dose war zunächst ein gänzlich anderer. Kräftiger, dunkler und mit einer etwas stechenden Zitronen (Nelken?) Note versehen. Nach dem anzünden benötigte er etwas „Betriebstemperatur“, um dann aber mit nikotinstarker, gewaltiger Geschmacksentfaltung voll da zu sein. Die Geschmacksabgabe schien eine andere zu sein, denn zum Ende hin wurde er noch kräftiger und biß ein wenig. Verwunderlich, da alte Tabake in der Regel weicher im Geschmack werden. Vielleicht aber spielte sich das nur in meinem Kopf ab, da ich zuvor den neuen Flake ausgiebig geraucht habe. Und der ist so überzeugend gut, dass die erwartete oder erhoffte überragende Position des „Vintage“ ein wenig verblassen mußte. Was soll`s, es gibt ihn eh nicht mehr und der Dunhill Flake 2010 – respektive 2016 – läßt kein Bedauern darüber aufkommen.
Allen Latakia-Abholden, die gerade darauf warten, dass neue Flakes wie der Gladora Pesse Canoe oriental wieder erhältlich sind, sei empfohlen mal wieder den allzeit erhältlichen Peterson (Dunhill) Flake zu rauchen!
Ein alter Klassiker, der zeigt wie wundervoll Virginia Flake alter englischer Richtung sein kann.
Natürlich völlig gegensätzlich zum Pesse Canoe, aber um zu vergleichen zwischen unterschiedlichen Stilen geradezu prädestiniert.
Harmonisch, rund, etwas Pflaume, dezente Zitrone, ein Hauch Pfeffer und vor allem eine völlig unaufdringliche, leichte Süße, die nie hervor sticht, machen diesen Tabak nach wie vor zum Hochgenuss.
Bei mir heute Abend begleitet von Beethovens 6. Sinfonie (Pastorale) in der Interpretation von Günter Wand mit dem NDR-Sinfonie Orchester ein rundes Abendvergnügen.