HU Tobacco | Gran Reserva Limitada 2 Años SANCHO PANZA
„Siehst du nicht den Ritter dort, der uns auf einem Apfelschimmel entgegenkommt und einen Goldhelm auf dem Kopf trägt?““Was ich von hier aus sehe und erspähe“, entgegnete Sancho,“ist nichts weiter als ein Mann auf einem graubraunen Esel, ganz wie der meine, und auf dem Kopf trägt er etwas Glänzendes.““Nun, das ist der Helm des Mambrin“, sagte Don Quijote.
Während Don Quijote im nächsten Augenblick dem schockierten Barbier seine messingglänzende Rasierschale vom Kopf fegen wird und sie sich fortan als goldenen Heldenhelm einbildet, erweist sich Sancho Panza mal wieder als absoluter Realist.
Und schon sind wir wieder beim realen Tabak: Sancho Panza heißt der dritte und letzte Tabak der Gran Reserva Limitada Reihe von HU Tobacco und er wird kommende Woche (Stand 14.10.2020) in den Verkauf gelangen. Wie die anderen beiden auch, der Rocinante und der Cervantes, ist der Sancho Panza eine zwei Jahre lang klimatisch kontrolliert bei K&K gereifte naturbelassene Mixture. Wie die anderen beiden auch ist der Sancho Panza limitiert. Sind die ersten beiden Virginia und Burley basierte Mischungen mit einem Perique Anteil, so enthält der Sancho Panza, der ebenfalls Virginia-Burley basiert ist, einen anständigen Latakia-Anteil. Eine solchermaßen gereifte Latakia-Mischung hat durchaus ein gewisses Alleinstellungsmerkmal. Mir zumindest ist nichts Vergleichbares bekannt.
Dass man Tabake reift, bevor sie gemischt werden, ist nichts Besonderes. Viele Rohtabake reifen Monate, manchmal Jahre, bevor sie verarbeitet werden. Beim Reifen von Mischungen sieht die Sache schon anders aus, weil sich die enthaltenen Tabake unterschiedlich entwickeln können. Sind der Rocinante und der Cervantes Mischungen, deren Charakter durch die Virginias und die Burleys mit der süssen Würze des Periques eher vereinigend und geschmacklich einheitlich geprägt ist, lebt der Sancho Panza vom gewaltigen Kontrast zwischen den Virginias und Burleys auf der einen Seite und dem rauchig Kantigen des Latakias auf der anderen Seite. Und genau dieser Kontrast ist nun zwei Jahre gereift worden! Das Ergebnis ist ungemein interessant und auch ungewöhnlich.
Im Tabakbild des Sancho Panza sehen wir in erster Linie eher dunkle Virginias, Red Virginias insbesondere und dunklen Latakia. Dazu kommen etwas Burley und jeweils in minimaler Quantität Kentucky und Perique. Es handelt sich um einen Ribbon Cut von feinem bis mittleren Zuschnitt mit ein paar Ready Rubbed Streifen. Der Geruch, welcher der Dose entströmt, ist malzig süß und rauchig. Um es gleich vorweg zu nehmen: wenn man Latakia nicht mag, sollte man einen Bogen um den Sancho Panza machen, denn obwohl es sich hier keineswegs um eine Latakia-Bombe handelt, ist der Tabak doch dezidiert rauchig! Die Stärke würde ich im mittleren Bereich ansiedeln, allerdings ist er im Vergleich mit anderen Balkan- oder Latakiamischungen schon eher kräftig ohne aber je „stark“ zu wirken. Der Sancho Panza lässt sich vollkommen problemlos stopfen und ebenso problemlos gleichmäßig kühl und langsam rauchen. Diesbezüglich ist er ein extrem gutmütiger Tabak für jede Tageszeit.
Wenn man den Sancho Panza nun entzündet und die ersten paar Züge genießt, wird sofort deutlich, was das besondere an ihm ist: Wir haben eine – für eine Latakiamischung – extrem breite und cremig süsse Basis aus Virginias dezent unterstützt von leicht nussigem Burley, alles ganz weich und rund, wie wir es auch schon von den beiden anderen Tabaken dieser Reihe kennen und daneben den Latakia, der von seiner geschmacklich rauchigen Kraft nichts eingebüßt hat und dem Sancho Panza so zu einer wundervollen rauchigen Würze verhilft. Das Ergebnis des Reifens ist hier ein ganz anderes, als wenn man eine Latakiamischung in der Dose nach Jahren öffnet, denn im Vakuum der Dose gleichen sich alle Aromen an, verbinden sich. Hier haben wir eine extrem weiche Basis, der man den Reifeprozess durchaus anmerkt, während sich der Latakia vergleichsweise unberührt zeigt. Und genau das macht in meinen Augen den großen Reiz des Tabaks aus! Nun gibt es ja eine ganze Reihe „breit“ angelegter Latakiamischungen, aber die meisten dieser wirken da zusammen mit dem Latakia erdig „breit“, wo der Sancho Panza cremig und süß „breit“ wirkt und mit der Würze des Latakias punktet. Der enthaltene Kentucky macht sich für mich geschmacklich nicht bemerkbar, der Perique ist wie eine kleine Prise Pfeffer in einem Gericht: es braucht sie, ohne dass sie zum Thema werden würde. Dazu sind die zwei großen Akteure Virginia und Latakia zu bestimmend! Auch in einer aufregenden Wechselwirkung, die bis zum Ende der Füllung kontinuierlich anhält und für den Latakia-Raucher ein ungewöhnliches Raucherlebnis bereit hält, welches trotzdem vollkommen harmonisch ausfällt. Von solchem Stil könnte es für meinen Geschmack durchaus mehr Tabake geben!
Abschließend: in meinen Augen hat sich Hans Wiedemanns Reife-Experiment absolut gelohnt, waren die Ergebnisse des Reifens beim Rocinante und beim Cervantes eher erwartbar, so wartet der Sancho Panza mit einer Überraschung auf, die mir persönlich besonders gut gefällt. Gerade beim Sancho Panza wird das Risiko des Prozesses besonders deutlich, auch wenn es besonders gut ausgegangen ist…
Wie bei den beiden anderen Tabaken dieser Serie gilt auch hier:
P.S.: Normalerweise sind alle Tabake, über die ich schreibe, käuflich erworben. In diesem Fall hat mir Hans Wiedemann eine Dose zu Testzwecken geschickt, was mein Urteilsvermögen allerdings nicht im Geringsten beeinflusst hat.
Tabak des Jahres, neben dem Rustica (Tschuldigung Herr Falkenried😉)! Eine gänzlich andere Art Latakia einzubinden und daher ungemein bereichernd in der Tabakbar. Zum Glück hatte ich wohl Schutzengel im Bestellungskampf, denn ich könnte tatsächlich einen kleinen Vorrat anlegen, was mir nun mehr Volumen gibt, diesen Tabak zu erkunden und das hat er auch verdient. Bleibt gesund!