Drucquer – von der Alten in die Neue Welt
Hätte John Drucquer sich vom Pessimismus seines preußischen Zeitgenossen Schopenhauers beeinflussen lassen, so wäre es 1841 wohl kaum zu Eröffnung eines Tabakladens in London gekommen, eine zunächst kleine Unternehmung. Zu der Zeit wurde Tabak fast ausschließlich in Drogerien und Apotheken angeboten. Man kann sich vorstellen, mit wie wenig Herzblut und Engagement der Verkauf erfolgte. John Drucquer aber war ambitionierter Tabakliebhaber und als Unternehmer erkannte er, was auch heute noch zu Erfolg führt: die Nische.
Und die schaffte er, indem er spezielle Mischungen „vor Ort“ angeboten hat, die unter den Tabakliebhabern schnell zum „talk of the town“ wurden. Ein Angebot, mit dem später auch Alfred Dunhill reüssierte. Heute nennt man ein solches Geschäftsprinzip wenig prosaisch customizing. Aus der Tabakwelt weitgehend verschwunden, sieht man mal von LJ Perreti und einigen wenigen anderen Shops ab, haben heutezutage viele Hausmischungen von Tabakhändlern diese Art der Versorgung verdrängt, wenn der Afficionado nicht nur auf die Standards der großen Marken oder auf Tankstellenprodukte ausweichen will. Dahinter liegt das merkantile Erfordernis der Absatzmenge, so ist unsere Zeit nun mal. Dennoch – das ist das Zuversichtliche – sind wir Tabakliebhaber Individualisten genug, um auch schwierige Beschaffungswege zu beschreiten und immer noch gibt es Tobacconisten, die Gelegenheiten dazu bieten.
In den 1930er Jahren, als Drucquer in England längst zur Institution geworden war, beschloß John Drucquer III das Geschäft in die USA zu verlegen, nach Kalifornien. Ich vermute, wegen des Klimas. Sicher aber wegen des größeren Marktes. Das Geschäft florierte und Drucquer wurde die bevorzugte Marke vieler ambitionierter Pfeifenraucher. 1964 übernahm der heutige Weinproduzent Robert Rex den Drucquers Shop in Berkley und setzte die Strategie von handgemachten, naturbelassenen Premium Mischungen fort, bis sich sowohl der Kundengeschmack mehr in die Richtung künstlich aromatisierter Massentabake entwickelte, aber auch die kalifornische Anti-Raucher- Bewegung zunehmend wirkungsvoller wurde. Schliesslich erfolgte durch die Nachfolger von Rex 1990 die Geschäftsaufgabe und Drucquer war nur noch Geschichte.
Aber nicht aus dem Gedächtnis der Drucquer Liebhaber. Ich selbst habe in den 1980er Jahren in Marty Pulvers Sherlock`s Haven im Embarcadero Center in San Francisco Druquer kennengelernt und rauchte diverse Drucquers während meines fast zweijährigen US-Aufenthalt als meine damaligen Standardtabake. Blend 805 und The Devil`s Own waren die Favoriten.
Das definitive Raucherparadies – längst vergangen
In addition to the thirty-odd blends listed in our catalog, we have in our files 1000 private blends, dating from the time of the first Berkley shop on Shattuck avenue. If you cannot find just what you are looking for, we can undoubtedly blend something to suite your taste. we are also caoable of matching almost any non-aromatic tobacco you may wish to reproduce.
GL Pease, bekannter Blender in der US-Tabaklandschaft, hatte in vergangener Zeit für Drucquer gearbeitet. Er gibt an, dort das Handwerkzeug und die tiefe Kenntnis über Tabak erhalten zu haben, für die er weltweit bekannt ist. Ihm ist es zu verdanken, dass Drucquers Tabake wieder auf dem Markt sind, wenn auch nur in den USA, wo sie von Cornel & Diehl produziert werden. Das sind wirklich gute Nachrichten aus dem Land der unbegrenzten und unvorstellbaren Möglichkeiten, wie sie der fassungslosen Welt soeben vermittelt werden. Und ich fühle mich wie nach einer erfolgreichen Schatzsuche.
Was mir noch fehlt: der Blend 805 und Temple Bar, letzteren gibt es zwar bereits von GL Pease, aber offensichtlich mit einer anderen Rezeptur.
Roter und goldener Virginia, Virginia, abgerundet mit Perique, gepresst und in Riegel geschnitten, die man dann in Scheiben schneidet und aufdröselt – als ready rubbed.
Die Neuauflage der Drucquer and Sons Tabake sind erhältlich bei smokingpipes.com. in 100g und 200g Dosen und werden auch nach Deutschland geliefert. Allerdings kann es sein, dass die Sendung verzollt werden muß (nicht immer). Die 200g Dose (35,75 USD) bringt eine Ersparniss von 40% (!) gegenüber der 100g Dose (21,25 USD). Bei der Einreise nach Deutschland dürfen 250g eingeführt werden.
Lieber Bodo, da hast Du was angerichtet! 🙂 😀 .Jetzt schaufle ich schon de zweiten Abend durch das ein ganzes Pfeifenraucherleben füllende Angebot von Deinem Link. Wahnsinn, was die alles haben. Vor längerer Zeit schon einmal durchforstet, aber jetzt wieder mit der Nase drauf gestoßen.
Auch die Reviews zu den einzelnen Tabaken. Manchmal regelrechte Verrisse. Und die „warehause-blends“. Hat irgendeiner von uns jemals den Sir Walter Raleigh geraucht? Zu Ende geraucht,mein ich?
Danke Bodo, you made my day. Two days,
Zu Deinem wohltemperierten Review: Die Drückis sind leider alles Latakia verseuchte Tabake und daher selten meins. Aber das weiß man bei mir nie so genau. Das Wesen, welches mehr als meine Frau ist, seufzt.
Lieber Karl, den Sir Raleigh kenne ich nicht. Dafür habe ich alle hier vorgestellten Latakia-Verseuchten schon früher geraucht. Der Red Lion könnte Dein Einstieg sein. Der Seufzer von herrschender Stelle kann nachvollzogen werden. Sind das nicht schöne, nostalgische Etiketten?
verseucht–Latakiaverseucht! Bleibt bei euren Maracuja,Quittenmarmelade,Sahne Mischungen.
Latakia-eine Seuche.Ich bin angesteckt.Der Krankheit völlig verfallen.