Der Wi(e)dergänger – Robert McConnell „Old London“
Robert McConnell`s Old London hat eine ähnlich zerfledderte Vita wie der Capstan, die Three Nuns, Dunhill Tabake oder die von Charles Rattray und zeigt einmal mehr den Niedergang der alten, traditionsreichen englischen Pfeifen-Tabakmanufakturen auf. Letzlich sind viele englische Tabake mit einer klangvollen Historie auf dem Kontinent* gelandet, entweder bei der Scandinavian Tobacco Group (STG), MacBaren oder Kohlhase & Kopp.
C.E. McConnell Ltd war ein kleiner Tabakhersteller in London, der von 1848 bis 1989 existierte und in seinen letzten „Lebensjahren“ nahezu ausschließlich OEM Tabake hergestellt hat, also Tabake für andere Brands, darunter für Rattray und Wessex, aber auch für zahlreiche US Distributoren wie z.B. Marble Arch. Unter anderem gingen die letzten Inhaber der Firma, die Brüder Ken und Michael McConnell (einen Robert hat es nie gegeben, das ist eine „Marketing Erfindung“, Robert McConnell war schlichtweg ein wohl nicht registrierter Zusatz zum rechtlichen Firmenamen) eine Liaison mit William Ashton-Taylor ein, der als Ergänzung zu seinen Ashton Pfeifen eine Tabaklinie aufbauen wollte. Und so wurde u.a. neben Black Parrot, Celebrated Sovereign, Original Old Church, Brindle Flake, Old Dog auch der Ashton Old London Pepple Cut geschaffen.
Als C.E. McConnell nach 141 Jahren 1989 geschlossen wurde, übernahm Kohlhase & Kopp (K&K) quasi den Nachlaß und fertigte die Tabake für Europa und die USA, bis der letztere Markt von Ashton an McClelland vergeben wurde. Letztlich aber ging 2005 die Gesamtfertigung wieder zurück an K&K, die allerdings im Gegensatz zu McClelland nicht mehr die identischen Rezepturen von C.E. McConnell verwendeten, wie es ja so häufig bei Markenübernahmen geschieht. Die Robert McConnell Reihe (Robert McConnell Original und Heritage) ist nun vollständiger Bestandteil des K&K Portefeuille. Von der ursprünglichen C.E McConnell Ashton Reihe werden von K&K nur noch Black Parrot, Sovereign und Old London hergestellt, allerdings gibt es von K&K unter den Brands Robert McConnell und Ashton eine ganze Reihe weiterer, bemerkenswerter Tabake. Über die zunächst als Dunhill-Ersatz geplante Heritage Linie haben wir hier und in weiteren Artikeln ausführlich berichtet.
Der Robert McConnell Old London ist ein naturreiner Virginia Perique Flake mit Orientanteil (?), dem abweichend von den Ursprungsrezepturen in der K&K Version Black Cavendish hinzugefügt ist. Hergestellt wird der Basis Flake von STG, K&K übernimmt die Konfektionierung. Der Schnitt wird seit jeher mit Pebble Cut bezeichnet, was immer das sein mag. Ich würde ihn eher Ribbon nennen, wie wir ihn vom Honeydew Flake – jetzt Golden Flake – vom Tobacconisten Pfeifen Huber her kennen. In der hohen 100g Dose liegt das breite Tabakband säuberlich gerollt und zeigt ein wunderschönes Bild.
Der Duft aus der geöffneten Dose ist wundervoll. Backflaumen, Heu, Pumpernickel, alten Port vemag ich zu riechen, alle Gerüche völlig naturrein. Die abrundende leichte Süße des Tabaks, im Duft wie auch im Geschmack, stammt vom nussigen, hellbraunen sowie einem aromareichen roten Virginia. Louisiana Perique bringt Würze…… und der Orient-Pfeffer? Nicht sicher bin ich, ob tatsächlich noch Mazedonischer Orienttabak Teil der Mischung ist. Ich vermute, dass der von der Ur-Rezeptur abweichende Black Cavendish diesen ersetzt hat. Allenfalls dürfte sich Orient nur noch in homöopathischen Mengen zu finden sein.
Das Flake-Band ist perfekt konditioniert. Sehr leicht lassen sich bröselfrei Stücke abdrehen. Ich befülle die Pfeife wie gewohnt mit Knick&Falt, die beste Methode, gepresste Tabake als einheitliche Komposition zu erfahren. Wer davon nicht überzeugt ist, nur über eingeschränkte Fingerfertigkeiten verfügt oder einfach seinem alpinen Widerspruchsgeist folgen muß, läßt es bleiben und bringt den Tabak in die Pfeife, wie er es mag, meinetwegen auch pulverisiert. Bei Knick&Falt darf der Tabak nicht zu fest gestopft werden, denn er quillt leicht bei zunehmender Hitze. Und deshalb gilt hier wieder einmal mehr: langsam, langsam rauchen. Windumtoste, regengepeitschte Mittagspausenrauchplätze meiden, denn auch die kleinste Flakepfeife braucht für den uneingeschränkten Old London Genuß länger als eine halbe Stunde.
Old London Pebble Cut ist ein komplexer Tabak, der ein vielschichtiges Geschmackserlebnis verschafft. Einerseits bringen die unterschiedlichen Virginias Süße und eine gewisse, nussige Leichtigkeit, während der Perique für Kraft und Würze zuständig ist. Ob der Orientersatz Black Cavendish zu einer großen Abweichung von der Ashton / C.E. McConnell /McClelland Old London Version führt, weiß ich nicht. Eine 100g Dose wurde kürzlich auf ebay für 200 US $ angeboten, das waren mir dann doch 5 $ zuviel, zumal mir der K&K Tabak hervorragend schmeckt. Orient hin oder her.
Obwohl kein Latakia in der Mischung verwendet wurde, möchte ich den Old London als einen typisch englischen Virgina-Perique Flake bezeichnen, der einen Hauch Nostalgie in den Genuß einbringt. Eine geringe geschmackliche Nähe zum Rattray Marlin Flake ist feststellbar, kommt dieser letztlich ja auch von K&K.
Unterstützt habe ich das hervorragende Raucherlebnis mit einem wundervollen 2007er Niepoort Vintage Port, dessen Tiefe und Vollmundigkeit die des Old London perfekt abrundet.
* [Ironie ein]Ob der Brexit den zwei (drei) verbliebenen britischen Manufakturen Samuel Gawith & Gawith & Hoggarth und J.F. Germain & Son zum Wohl gerät oder zumindestens nicht schadet, bleibt abzuwarten. Womöglich werden sie dann ebenfalls in Dänemark oder Deutschland, also in der EU hergestellt.[Ironie aus]
Das ist kein Sprachblog, aber pebbels (irgendwas wie Kiesel, Geröll, ich glaub auch Murmeln? o. ä.) kann ich mit dieser Walze mit dem besten Willen nicht assoziieren. Oder zerfällt der Tabak in diese wenn der Kleber vertrocknet ist, pebbelig?
Du hast recht, Pepple Cut ist genau das nicht, wie der Old London gepresst und geschnitten ist. Obwohl eigentlich richtig, ist aber auch meine Bezeichnung als Ribbon in unserem Metier anders verortet. Außerdem: der Kleber ist dermaßen kräftig, das mein Opinel, mit dem ich das Band quer zur Laufrichtung vorschneide, regelmäßig verstumpft und verklebt.:)) Wer neben dem Pfeiferauchen gerne schnüffelt, hat zwiefach etwas vom Old London.
Ist Pebbles nicht die Tochter der Feuersteins? Würde jedenfalls passen…
Ja. Ungegoogelt.
…. Ihr kennt Leute, raucht lieber den vorgestellten Tabak.
Ich kann mir nicht helfen, aber für mich ist das der Marlin Flake unter anderem Label aus gleichem Hause.
Vergangenen Freitag, Jul 28, 2023, Club der Münchner Runde, dreieinhalb Jahre nach Veröffentlichung des Artikels: ich hatte eine „frische“ Dose vom Londoner dabei und reichte sie herum. Letztlich waren ausnahmslos (fast) alle begeistert, obwohl einige nicht mehr wußten oder vergessen hatten, daß es den Artikel gibt und ich frage mich ……. wer liest unsere Reviews, merkt sie sich und folgt ab und zu den Empfehlungen?
Diese Frage erwartet keine Antwort!
Doch doch, ein Aufschrei !! Die Artikel werden – zumindest von mir – aufmerksam gelesen.
Natürlich ist mir dein Review bzgl des Tabaks noch in meinem Gedächtnis. Aber in Anbetracht der vielen, guten Tabake, die hier in Deutschland zu haben sind und der eigenen Vorlieben, die ja auch bedient werden wollen, ist der Tabak im Laufe der Zeit immer weiter in die hintere Gehirnhälfte gewandert. Vor dem vollständigen Vergessenwerden konnte der Old London Pebble Cut nun glücklicherweise in der Münchner Runde getestet werden und siehe da, er hat sich nun in der vordersten Gehirnhälfte festgesetzt und ist schon auf meiner Einkaufsliste gelandet. Also, ganz klar: Die Reviews im Blogg werden von mir gelesen und im Regelfall auch beachtet. Diese Antwort bin ich dir dann doch schuldig, auch wenn wir uns am Freitag hoffentlich im Club sehen.
Dieter, Bernd …. also doch, es gibt noch Hoffnung! 🙂
Eine Frage an die Spezialisten:
In einem der Kommentare hier lese ich dies:
„Ich kann mir nicht helfen, aber für mich ist das der Marlin Flake unter anderem Label aus gleichem Hause.“
Ich kannte nur die Ashton Version des Old London (Virginia, Orient, Perique) mit einem, so fand ich, sehr brotigen Duft, gepaart mit dem Duft trockener Früchte aus der Dose und einer sehr vielfältigen Geschmacksfülle beim Rauchen.
Zum deutlich nikotinstärkeren Rattrays Marlin Flake (Virginia, Black Cavendish, Perique) hatte er zwar eine gewisse Verwandschaft, aber es waren geschmacklich zwei deutlich unterschiedliche Tabake.
In der McConnel Version wurde nun der Orient durch Black Cavendish ersetzt, was nicht nur im obigen Riview sondern auch bei diversen Tabakhändlern in der Inhaltsangabe zum Tabak so bestätigt wird.
Meine Frage nun an diejenigen die die McConnel Vesion des Old London und den Marlin Flake öfter rauchen: Hat sich der Geschmack des Old London durch den Cavendish wirklich so angeglichen, dass zwischen ihm und dem Marlin Flake geschmacklich kaum noch Unterschiede sind?
Für mich nein, es sind verschiedene Tabake, die sich ähnlich, aber doch verschieden sind. Ausserdem wurde beim Old London keineswegs der Orient vollständig ersetzt, sondern der Black Cavendish – warum auch immer – hinzugefügt. Hypothetisch: selbst wenn alle Komponenten gleich wären, so können sich Mischungen durch unterschiedliche Gewichtungen dieser sehr wohl und deutlich unterscheiden.
Ich empfinde den Marlin nikotinhaltiger und etwas stärker. Zwar ist er geschmacklich rund, aber nicht so seidig wie der Old London.
Schnellraucher berichten immer wieder, dass der Marlin kratzig werde, so ab dem ersten Drittel. Da ich beim Marathon oder beim Sprinten nicht rauche, kann ich dazu nichts sagen.
Herzlichen Dank Bodo für die schnelle Antwort.
Im zitierten Kommentar klang es für mich irgendwie als würde man mit zwei fast gleichen Tabaken auf unterschiedliche Markenpferde setzen.
Dann werde ich mich demnächst dem Old London wieder zuwenden, den ich früher sehr gerne rauchte.
Beim Marlin Flake wurde bei mir früher nix kratzig. Allerdings hält mich in Bezug zu ihm derzeit die Nikotinstärke etwas zurück.