John Cotton`s Smyrna – Oriental Urgestein

Vintage ist „in“. Auf dem Gitarrenmarkt, eine der besten Kapitalanlagen in den vergangenen Jahren, ist es mittlerweile nur noch eine Enklave für Gutbetuchte und deshalb abflauend. Anders in der Tabakindustrie, in der Vintage boomt. Unlängst hat Dunhill eine ganze Reihe neuer „alter“ Tabake auf den Markt gebracht, die unisono einen anderen Hersteller haben als die Originale. Die Pfeifentabakhersteller sind voll auf dem Trip und nicht immer ist das ein Vorteil für den Pfeifenraucher. So gibt es von GL Pease (Cornell&Diehl) einen Wiederbelebungsversuch für den legendären Tobacconisten Drucquer and Son, gegründet 1841 in London durch John Drucquer, 1928 allerdings von John Drucquer III. nach Berkley in Kalifornien verlegt. Man kann also feststellen, dass der Brexit keine Angelegenheit des 21. Jahrhunderts ist, sondern von schamlos langer Hand vorbereitet wurde. In den frühen 1980er konnte ich den Drucquer`s noch rauchen, bei Marty Pulvers Sherlock`s Haven in San Francisco. Wenig später wurde er eingestellt und zur Legende.

In die Reihe der „gut gemachten“ Pseudo-Vintages schliesst sich der John Cotton`s Smyrna an,   johncotton_smyrna3-72  wahrlich eine feine Angelegenheit. Wer noch aus den 1960ern den Geruch eines klassischen Orient- Engländers mit türkischen Bestandteilen, reichlich Latakia und süßen Virginias erinnern kann, der findet dieses nostalgische Duft- und Raucherlebnis  in der Neuauflage des in den 1980er Jahren eingestellten Smyrna wieder. Und hier gibt es eine Parallele zu Drucquer: John Cotton produzierte im alten Europa so ab 1770, in Edinburgh, Schottland. Im 20. Jahrhundert hielt die Gallaher Ltd London & Belfast die Rechte an der Marke  John Cotton und stellte die 3 Tabake der Serie auch her.  Die neuen Tabake kommen aus den USA.

John Cotton's Smyrna

Smyrna aus den 1960ern

Ich will jetzt nicht zu sehr auf das etwas verschachtelte Firmenkonstrukt eingehen, das die John Cotton Serie neu aufgelegt hat. Aus Erfahrung weiß ich, dass sich jede Menge „Andersgläubige“ melden werden, die Gegenteiliges zu wissen behaupten. Soviel sei gesagt: ich habe die Firmengeschichten von Lane und Standard Tobacco sorgsam recherchiert und einige Archive eingesehen. Wer mehr dazu wissen möchte, kann mich gerne einmal „anfunken“.

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Hergestellt wird der Smyrna von der Scandinavian Tobacco Group Lane Ltd in  Georgia/USA. Der USA Lizenzgeber ist The Standard Tobacco Co., USA. Dahinter steht natürlich die STG aus Dänemark, immerhin der weltweit größte Hersteller von Pfeifentabaken und Zigarren. Der Blender des Tabaks ist ein Oldie in der Blenderriege und wohlbekannt: Russ Ouelette, der u.a. für die Hearth&Home Linie (u.a. Larry`s Blend, Ten to Midnight) verantwortlich war und nun für die Standard Tobacco Company of Pennsylvania tätig ist. Er besaß noch Dosen des originalen Smyrna , der Ende der 1980er eingestellt wurde und hat versucht, daraus den Nachfolger zu mischen, was ihm exzellent gelungen ist.

Stephan aus der Münchner Runde brachte die Neuauflage des Smyrna mit in den Club, er war in früheren Jahren schon Liebhaber dieses Tabaks. Und hat uns nun alle angesteckt. Die Mischung ergibt ein ausgewogenes Tabakbild aus feingeschnittenen, fast gleichlangen Tabaken. Der Geruch der Orienttabake überwiegt, natürlich macht sich auch der cyprirotische Latakia bemerkbar, aber zusammen mit dem Virginia löst sich alles wunderbar in einen harmonischen Gesamtduft auf. Durch den Schnitt des Smyrna ist weder das Befüllen noch der Anbrand ein Problem.

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…. fast ein Feinschnitt, mit hervorragen Glimmeigenschaften

Er glimmt hervorragend, wird nie bissig. Der Geschmack ist mittelvoll, wohltuend fein und unaufdringlich, aber beileibe nicht beliebig. Im Gegenteil. Nach kurzer Zeit stellt sich eine unaufdringliche Virginia-Süße ein, die nie penetrant wird, sondern einen wohlschmeckenden Kontrast zur erdigen Grundnote aus türkischem Blattgut und dem Latakia bildet. Wenn ich jetzt das Prädikat Leichtigkeit anführe, dann gilt das nicht für die Stärke des Tabaks, sehr wohl aber für das Gefühl, das mich nach ausgerauchter Pfeife umfängt. Obwohl ich große Pausen bevorzuge, bevor ich mir die nächste Pfeife stopfe, so ist es beim Syrma anders. Ich könnt schon wieder ……..

Der Symrna findet seinen Platz hervorragend zwischen dem Huber Balkan, an den immer noch kein 759-Nachbau herankommt (wahrscheinlich nicht einmal das Original Freundliches Smiley, als Emoticon:)), Rattray`s Accountant`s, dem neuen alten Dunhill 221B oder einem SG Squadron Leader. Für mich ist Geschmack und Duft schlichtweg herrlich nostalgisch. Wie bei vielen schönen Dingen, so gibt es auch beim Smyrna eine Hürde zu überwinden: den Zoll! Aber das ist eine andere Geschichte und wird den Liebhaber gepflegter Tabake nicht abhalten können, den Tabak in den USA zu bestellen. Wieso auch.

Bodo Falkenried

exemplarischer Niederrheiner, seit über 55 Jahren in München daheim, genauso lang Pfeifen- und Tabaksammler, versessen auf Musik, Literatur und andere Künste. Unternehmer, Segler, Reisender [..unser Mann in Asien]. Intensiver Marktgeher, immer an Feuer & Herd, sofern in der Nähe.  

2 Antworten

  1. Peter Hemmer sagt:

    Also mir hat der Smyrna auch recht gut gefallen, vor allem, weil mich der Tabak geschmacklich überrascht hat: wenn man daran riecht, dann nimmt man doch deutlich die Latakianoten wahr. Im Geschmack dagegen sind die so zart und dezent, wie man sie nicht erwarten würde. Überhaupt ist die „Leichtigkeit“ ein sehr treffendes Stichwort. Ein Tabak, der ein bisschen wie ein kühles Glas guten Weissweins daherkommt!

  1. 21. Februar 2017

    […] Black Sea Sokhum (Georgien!) und Smyrna No.1 (nicht zu verwechseln mit diesem hervorragenden  Smyrna) außen vor. Die folgende Landkarte unterstützt meine […]

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