HU Tobacco | RaiKo InBeTween

HU Tobacco, RaiKo InBeTweenZu diesem Tabak bin ich mal wieder wie die Jungfrau zum Kinde gekommen, also vielmehr wie der Fotograf zur Tabaksdose. Wie am Fließband des ehrenwerten Henry Ford stand ich und gab mich der Eintönigkeit meines Tuns hin. Sämtliche Tabaksdosen von HU Tobacco mussten geöffnet, ein Häufchen Tabak entnommen und dann pittoresk im Lichtzelt mit einer Pfeife drapiert fotografiert werden. Stunden vergingen, die Zeit schlich nur so dahin. Öffnen, Häuflein bilden, Dose hinstellen, Pfeife daneben, ausleuchten, Blende, Verschlusszeit, Klick. Dann Tabak wieder zurück in die Dose, Lichtbox staubsaugen, nächste Dose. Meine Gedanke schweiften unruhig durch Raum und Zeit, längst vom Körper getrennt. Würde ich diese stupide Gleichförmigkeit unbeschadet an Geist und Seele überleben? Welche Erschwerniszuschläge könnte ich Hans berechnen? Welche Gewerkschaft ist für mich armen Tabakknipser überhaupt zuständig? Musste ich mit einer Sehnenscheidenentzündung vom Tabaksdosenöffnen rechnen und was würde die Berufsgenossenschaft dazu sagen. Kurz es war ein Jammerthal – wie mein Freund der Gryphius Anderl, immer gesagt hat.

Einzige Entschädigung für diese jammervolle Plackerei war der Duft, der mich umgab. Zuerst hatte ich Bedenken, dass es mir wie einer Verkäuferin bei Douglas ginge, deren Atmosphäre von den unzähligen Düften irgendwann einmal so vermischt und gesättigt ist, dass sie davon träumt an einem Würst’lstand zu arbeiten. Aber so war es zum Glück überhaupt nicht. Jeder Dose entfleuchte ein anderer dezenter und appetitlicher Duft und verschwand mit dem Schliessen auch wieder. Das schöne an den HU-Tabaken ist, dass kein einziger Aromabomben-Däne darunter ist. Manchmal hielt ich mir auch die eine oder andere Dose direkt unter die Nase und inhalierte zur Motivationsteigerung die köstlichen Tabakdüfte.

HU Tobacco, RaiKo InBeTweenAls ich irgendwann die 50 Gramm Dose des RaiKo InBeTween aufschraubte stutzte ich kurz. Das Deckblatt hatte keine Windrose (also kein DTM Tabak), war aber dafür dunkel vollgesogen und ein absolut betörender Duft erreichte meine Nase. Das war ein Engländer, keine Frage – ordentlich Latakia. Als ich das Deckblatt an dem einiges an Tabak haftete, anhob verstärkte sich das wundervolle Aroma noch einmal. War der Tabak zu feucht? Ich entnahm eine große Portion und rieb den Tabak zwischen den Fingern. Er war perfekt, gar nicht feucht, aber irgendwie cremig. Es roch rauchig und herb, aber doch auch etwas süß, eine wundervolle Süße – Schokolade, Kakao! Hatte Hans etwa eine Latakiabombe mit Schokolade aromatisiert? Was für eine fantastische Idee! Nachdem das Foto geschossen war, wanderte der Tabak sofort in meine Kameratasche – den würde ich nicht mehr hergeben!

Während der gesamten Postproduktion der Aufnahmen habe ich diesen Tabak nun geraucht. Wie alle Engländer ohne Filter und das in verschiedenen Pfeifen. Auf den Fotos hier im Blog sieht man einmal eine filigrane Bamboo von Eckhard Stöhr, sowie eine recht wuchtige Mastro de Paja, Cherrywood. Ich habe natürlich inzwischen auch die Beschreibung zu diesem Tabak gelesen. Er besteht fast zur Hälfte aus zyprischen Latakia, ungesoßtem Black Cavendish und etwas Burley und Virginia. Und wie ich sofort richtig gerochen habe ist er mit Schokoladen Aroma versetzt. Um jetzt aber etwaigen Missverständnissen vorzubeugen – sehr dezent aromatisiert, aber doch schon merklich.

HU Tobacco InBeTween

Er schmeckt exakt so, wie er riecht, ist unglaublich sanft und cremig, beisst in keiner Sekunde auf der Zunge und wird auch beim unbedachten Rauchen niemals heiss. Ich würde ihn vom Nikotingehalt als recht leicht einstufen. Es ist ein unglaublich appetitlicher Tabakgenuss. Lange habe ich nicht mehr so etwas köstliches im englischen Tabaksegment geraucht.

Auch die Geschichte dieses Kleinods der Tabaksmischkunst möchte ich Ihnen auch nicht vorenthalten. Wie alle Tabake der „Hommage to my Friends“ Serie ist auch der InBeTween, der früher unter Namen ChocoLat verkauft wurde, in Zusammenarbeit mit einem von Hans Freunden entstanden. Ein Rainer – ich kenne ihn nicht persönlich und kann nicht mehr über seine Person sagen, als dass er eben mit Hans Wiedemann befreundet ist und in einem Pfeifenforum schon über seinen RaiKo-Tabak geschrieben hat. Weitere überschwängliche Lobpreisungen dieses Tabaks findet der geneigte Leser hier bei TobaccoReviews.

Ich empfehle ihn zu schwarzem Tee oder Kaffee, genossen wie ein winziges Stück dunkler 85 Prozentiger Bitterschokolade. Ich denke auch, der RaiKo könnte ein guter Einstiegs-Tabak in die Welt der Engländer sein. Ist es nicht wundervoll, dass so ein erstklassiger Tabak bei uns ohne Zoll-Gezeter einfach so zu haben ist? Man klaut ihn einfach am Set oder bestellt ihn im Internet.

Das einzig blöde war nur, dass ich ihn für dieses Blog noch einmal fotografieren musste …

Alexander Broy

Alexander Broy ist Künstler, Grafiker und YouTuber. Mehr zu sehen, hören oder lesen gibt es auf seinem Blog Künstlertagebuch. | Abonniere auch seinen NEWSLETTER

7 Antworten

  1. Michael sagt:

    Schöner könnte man über diesen Tabak kaum schreiben. Für mich bewegt er sich exakt auf dem Grat, wo es auf der einen Seite Richtung „Englisch“, auf der anderen Richtung „Dänisch“ gehen würde. Viel Latakia-Würze, mit sanfter Schokoladigkeit, abgerundet durch einen kleinen süßen Hauch. Das funktionert bei mir sowohl im feuchtkalten niederrheinischen Nebel, als auch unter weiß-blauem Sommerhimmel in München. Abgesehen von einem geringen Anteil breit gerissener Virginia-Fetzen ist er eher schmal geschnitten, könnte also auch in kleineren Köpfen genossen werden. Ich persönlich nehme meist mittelgroße oder größere Köpfe, in denen er seinen Geschmack sehr schön entfaltet. Weil er tatsächlich eher leicht bis maximal mittelstark daherkommt, ist die entsprechend längere Rauchdauer nur Genuss und keine unangenehme Herausforderung.

  2. WillyR sagt:

    Ähnelt der Tabak dem CF (ehemals Chocolate Flake) von Samuel Gawith?

    • Peter Hemmer sagt:

      Also dem Chocolate Flake ähnelt er nicht. Der „InBeTween“ ist eine gestandene Latakiamixture mit einem signifikanten Latakia-Anteil und trotzdem süss und würzig. Die Bitterschokolade unterstreicht das Ganze perfekt! Und das nicht zu dezent! Ich finde, Hans und Rainer ist da ein wirklich ungewöhnlicher Tabak gelungen, der sehr sehr gut schmeckt und sowohl etwas für Latakia-Raucher als auch für Aromatenfreunde sein könnte.
      Mir gefällt er sehr.

      @Alex: OK, Rainers gibt’s viele, aber den Rainer, um den es hier geht, den kennst du sehr wohl und zwar vom Münchner Stammtisch: Ein paar Mal war er da zu Besuch, wenn er in München war, hatte immer eine große Tasche mit ungewöhnlichen und seltenen oder neuen Tabaken dabei und ist auch sonst ein sehr netter Kerl! Es gibt mindestens ein Foto, auf dem ihr beide gemeinsam drauf seid…. Also die Beweislast ist erdrückend. Vielleicht seht ihr euch ja in Lohmar?

      Grüße
      Peter

  3. Plumcake sagt:

    Hallo,

    ich habe mir diesen Tabak nun zugelegt und bin etwas ratlos.
    Die Cremigkeit kann ich bestätigen. Er schmeckt für sich genommen gut.
    Aber von Schokoladigkeit keine Spur. Weder in Nase noch Geschmack.
    Kann die Charge so unterschiedlich ausfallen? (August 2021)

    Viele Grüße
    Plumcake

  4. EG-Gesundheitsminister sagt:

    Nachdem der Gawith Bobs Choc mal einer meiner Lieblingstabake war (die Qualitäts und Geschmacksunterschiede pro Charge sind mitunter katastrophal) habe ich diesen Tabak nach einer gewissen Eingewöhnungszeit wirklich lieben gelernt.
    Herzlichen Dank für den Tipp! Wäre ich so nicht alleine drauf gekommen.

      • EG-Gesundheitsminister sagt:

        Bin ich eigentlich der Einzige, der auch etwas Creme mit herausschmeckt und riecht ? Für mich hat der Tabak neben dem subtil Schokoladigem und dem Englischem eine Cremigkeit – und damit meine ich die Richtung Nivea Creme, als wäre er eingecremt 😉
        Hab ich so bei noch keinem anderen Tabak erlebt. HU braut schon wunderliche Kräuter.

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