Tabak | Bildband, Kompendium oder Katalog?
Jetzt könnte man auf den Gedanken kommen, Pfeifenblog sei gerade auf dem HU-Tobacco Trip. Aber ein solcher wäre durchaus zu vertreten, denn bei der derzeitigen Ödnis in der Tabakentwicklung, den gesetzlich geforderten Verschönerungsmaßnahmen für Verpackung und dem fehlenden Einfallsreichtum der meisten Hersteller, Blender, Fachhändler oder sonstigen Anbieter, ist eine Unternehmung wie die von Hans W. einer der zwei, drei tobacconistischen Leuchttürme, die wir in Deutschland haben. Nicht zu vergessen die mittlerweile traurige, europäische „Holzgewerkschaft“, die sich scheinbar der Allianz der Billigst-Estate-Konsumenten und von YouTube Kanalisten ergeben hat, die das sammlerische Mittelmaß noch einmal kräftig unterschreiten und in der Darbietung grottigen Dilettantismus abfeiern. Erschreckend, das sich damit tatsächlich ein Podium hat aufbauen lassen.
„Ihr sitt widderlich, ni’ mieh zo erdraare“ dichtete einst BAP`s Wolfgang, sicherlich für ein anderes, ernsthafteres Szenario, nichtsdestoweniger passend.
HU-Tobacco legt soeben ein kleines, liebevoll und sehr professionell gemachtes Büchlein, ein Brevier oder ein Katalog, über sein mittlerweile erstaunlich gewachsenes Angebot an interessanten Tabaken verschiedener Provenienzen, Formate und Geschmacksrichtungen vor.
Braucht es das ? Und wie.
Das Durchschnittliche gibt der Welt ihren Bestand, das Außergewöhnliche ihren Wert
Oscars Sinnspruch wirkt an dieser Stelle genauso überhöht wie der zuvor zitierte Text von BAP, trifft es aber genau. Zunächst die Aufmachung. Ein Bilderbuch, ästethisch, elegant. anstiftend, informativ. Ich bin völlig überrascht, was für ein kleines „Tabak Imperium“ Hans Wiedemann in den Jahren aufgebaut hat: United Passion Flakes & Blends, Hommage to my Friends, Original Warehouseblends, The Blender`s Pride und –meine Favoritin- die African Line.
Die Texte zu den einzelnen Tabaken aber sind das wahre Highlight und der Aspekt, der den über 70-seitigen Band so lesenswert macht. Keine sinnschwachen, blumigen und wenig aussagekräftigen Kurzbeschreibungen, wie wir sie von den meisten Tabakanbietern gewohnt sind (…. Florale, gemähte Alpenwiese mit im Nachgang hervorstechenden Aromen von gut abgehangenem Cross-Country Beef und bretonischem Salzlamm sowie Liquid Moly Schmierstoffen, umwölkt von einem Hauch Leberpastete) sondern fundiertes Wissen über Tabake, deren Komponenten, über Herstellungsprozesse, Definitionen von Geschmacksrichtungen, die allesamt HU-Tabake in einem anderen Licht zeigen. Und Lust darauf machen, den nächsten Tabakshop zu stürmen und sich einen Wochenendvorrat anzulegen. Das gelingt natürlich, wenn man im weltgewandten bayerischen Wellness-Ort Fürstenfeldbruck (bei München) oder in dessen Umgebung wohnt (Tabak Bosch), ansonsten bleibt der Onlinebezug.
Das Hans Wiedemann unterstützende Kreativ Team, hinreichend für ihren Professionalismus bei Wort und Bild bekannte Afficionados, legen aber noch Einmaliges drauf: zu fast allen Tabaken wird eine Pfeife abgebildet, deren Schöpfer Maßstäbe hinsichtlich Idee, Formensprache und Qualität in jeder Hinsicht gesetzt hat : Bo Nordh, Jörn Micke, Kurt Balleby, Poul Ilsted, Tom Eltang, Peter Hedegaard, Former und Jess Chonowitsch, die Künstler von Bang, die drei Generationen der Ivarssons, Japans Gotoh und Tokutomi, die Deutschen Rainer Barbi, Cornelius Mänz und Wolfgang Becker, generös zur Ablichtung zur Verfügung gestellt durch einen privaten Sammler. In dieser Dichte schwerlich öffentlich an anderer Stelle anzutreffen.
Der HU Tobacco Katalog wird so zu einem zeitlosen Kompendium, das ich nicht mehr missen möchte. Und immer wieder zur Hand nehmen werde, so wie ich es mit dem Dunhill Katalog von 1923 oder dem 1970er Jahre Kriswill Katalog mache. Eine klare Empfehlung für einen inspirierenden und wunderschönen Bildband.
HU Tobacco Hans Wiedemann
Pfeifentabake 2018
Text: Hans Wiedemann, Peter Hemmer, Arno van Goor
Design der Dosenetiketten: Alexander Broy | www.broy.de
Fotos: Alexander Broy
Layout & Design: broy new media
erhältlich bei HU Tobacco
Gibts das? Noch? Oder positiver – wieder? Ein Druckwerk über Pfeifentabake, begleitet von Pfeifenschönheiten, die prompt zu des edlen Tabakes Grab bestimmt sind…Schwulstmode aus.
Schöne Bilder, vermutlich schöner Text, aber unerreichbar, weil HU-website under construction. Opfer der EU Rechtsanwaltsbeschäftigungsgarantiedatenschutzordnung.
Lange mußte man warten nach dem Lopez.
Lieber Karl, dazu erstmal diesen Kalauer:
A: „Kennst du einen guten DSGVO-Berater?“
B: „Ja“
A: Kannst du mir seine E-Mailadresse geben?“
B: „Nein“
Nachdem ich mich seit Wochen mit kaum etwas anderem als diesem Mist herumärgere, komme ich tatsächlich nicht darum Hans‘ neue Website fertig zu machen. Aber es wird sie geben, versprochen … (sowie auch eine 2. Auflage des inzwischen vergriffenen Kataloges)
Für dich, lieber Karl, liegt noch eine handsignierte Erstausgabe im Münchner Pfeifenclub, du musst, nur von deinem Berg herabsteigen und es abholen kommen …
Heute in Fürstenfeldbruck konnte ich ein Exemplar erstehen (natürlich zusammen mit dem neuen Manyara von HU Tobacco). Tolles Druckwerk, nochmal Lob und Dank an Fotografen, Texter und natürlich die Tabak-Macher. Gefährlich ist das gute Stück aber schon (vergleichbar mit dem Necronomicon…), meine Liste der noch zu probierenden Tabake ist bei der Lektüre bedenklich gewachsen! 😉
VG
Andi
Sehr geehrter Herr Falkenried.
Ihre Begeisterung, sowohl für das Kompendium als auch für die HU Tabake und die unermüdliche Arbeit von Hans Wiedemann kann ich uneingeschränkt teilen.
Aber muß das Lob für den einen denn immer mit einem Seitenhieb für den anderen verbunden sein?
Ich zum Beispiel bin froh darüber, die ein oder andere, für mich sonst unerschwingliche Pfeife, als Estate kaufen zu können. Und die abgebildeten Pfeifen des nicht genannten Sammlers gehören mit Sicherheit zur hohen Schule des Pfeifenbaus. Doch bin ich der Meinung, daß auch viele Pfeifenraucher mit ihren Estates oder Serienpfeifen einen ebensolchen Genuss eines guten Tabaks empfinden, wie diese, die die handwerkliche Kõnigsklasse ihr Eigen nennen.Ich rauche diese einzigartigen HU Tabake gerne aus meinen Pfeifen aus Nürnberg oder meinen Oldenkotts.
Ich glaube Herr Falkenried hat gar nichts gegen billige, ältere Pfeifen – ich selbst habe ihn schon mehrfach eine alte Dunhill rauchen gesehen (Witzle) – und auch gar nichts gegen Estates, vielmehr geht es ihm daraum, dass ein Hype um das schnäppchenhafte Erwerben von ohnehin günstigen Serienpfeifen entsteht.
Die Estate ist nunmal der Tod der Neu-Pfeife daran ist nicht zu rütteln und wer eine Stanwell für 50 Euro erwirbt, oder eine Lorenzo für 10 Euro, kauft eben keine neue Pfeife, welche die Pfeifenmacher oder -hersteller, unterstützt hätte.
Eine Barbi oder Bo Nordh kann man nur noch als Estate erwerben, dagegen hat sicher auch keiner etwas …
Liebe Grüße, Alexander
Da haben sie sicher Recht, Herr Broy.
Dem Hype um billig und billiger kann ich mich auch nicht anschließen.
Doch möchten wir auch an unsere Pfeifenfreunde denken, deren finanzielle Mittel sehr beschränkt sind.
Und da ist es wohl um einiges besser , nen guten Tabak aus ner Estate zu rauchen, als das stinkende Zeug von der Tankstelle in einer Freehand.
Lieber Pernt,
natürlich haben Sie Recht, solche „Seitenhiebe“ sind tatsächlich nicht immer angebracht. Aber manchmal fliesst ein gewisser Unmut in einen Artikel ein, der sich dem Leser ad hoc nicht erschliesst und den man ruhig hätte weglassen können. Aber mir ging es jetzt nicht um eine Herabwürdigung von Pfeifen, die nicht zur sogenannten „Königsklasse“ gezählt werden, sondern um eine Entwicklung im Markt, die Vielen bedenklich erscheint. Bitte gestatten Sie, dass dieses Thema bald hier ein detaillierteres Podium findet und damit vielleicht etwas verständlicher und diskussionswürdiger wird.
Übrigens: ein großer Teil meiner in gut 50 Jahren zusammengetragenen Sammlung ist keineswegs zu High Grades (was für ein fürchterliches Wort) zu zählen, sondern Pfeifen von Peterson, Stanwell, Kriswill, Svenborg u.a., die ich unverändert rauche und auf die ich sehr stolz bin.
siehe hier
Immer noch gehe ich auf die Suche nach Kriswills, Svendborgs und JL Pfeifen, die es nur noch als gebrauchte Pfeifen gibt. Niemals begutachte ich eine Pfeife nur nach ihrem vermeintlichen Wert, es entscheidet immer die Form, die Machart und oft interessiert mich, welche Geschichte sich bei diesem oder jenem Exponat dahinter verbirgt und warum sie gekauft wurde. Ich besitze ältere Pfeifen von augenscheinlich geringem Sammlerwert, einige erscheinen sogar häßlich oder vermurkst, aber für mich sind sie wichtig. Weil sie vielleicht zu einer Zeit erworben wurden, in der die finanziellen Mittel knapp waren und schon eine 70 Mark Stanwell oder Savinelli schier unerschwinglich waren, dennoch Gegenstand großer Begierde. Irgendwie habe ich es selbst als Student ohne Einkommen immer wieder hinbekommen, Pfeifen zu kaufen. Verstehe ich heute auch nur noch schwerlich, ist aber nicht vergessen. Bleiben Sie uns gewogen.
Viele Grüße aus München.
Vielen Dank für ihre Antwort.
Hallo
Ich möchte Bodo Falkenried nur zustimme. Bei yt gibt es durchaus mäßige Pfeifen die präsentiert werden von Leuten die so tun als hätten sie viel Ahnung. Das sich damit ein Bodium aufbauen lässt ist doch klar: Den Leuten wird gesagt was sie hören wollen, leider…
Zum Buch: Man muss es nicht haben, aber ich finde es toll.
Hier kann gar nicht genug gelobt, gejauchzt und frohlockt (noch 100 Tage bis Weihnachten) werden. Zehn HU Tabake gehören dauerhaft in meine Tabakbar und seit Erscheinen dieses Büchleins bin einfach nur noch eins: Ein Fan! Wozu in den USA bestellen? Warum Mittelmaß aus dem Norden hypen? Nö, einfach in FFB bestellen und alles ist gut, zumal seitdem Mcdun weiterbesteht.