Joshua Redman (Quartett) – LongGone
Der gefeierte Tenorsaxophonist Joshua Redman (1969) ist ein nachdenklicher, zukunftsorientierter Jazzkünstler, dessen robuster Improvisationsstil die Post-Bop-Tradition mit einem Gespür für fortschrittliche Harmonie und spielerische Erkundung verbindet. Der Sohn des bekannten Saxophonisten Dewey Redman (1931-2006) hatte seinen großen Durchbruch 1991, als er die renommierten Thelonious Monk Institute of Jazz International Saxophone Competition gewann. Für sein zwei Jahre später erschienenes Debüt Joshua Redman erhielt er eine Grammy-Nominierung und 1993 mit seinem zweiten Album Wish, auf dem Gitarrist Pat Metheny mitwirkte, erreichte er die Spitze der Billboard Jazz Charts.
1994 veröffentlichte er MoodSwing, ein Album mit Originalkompositionen, das sein Quartett mit dem Pianisten Brad Mehldau, dem Bassisten Christian McBride und dem Schlagzeuger Brian Blade vorstellte. Die Gruppe blieb nicht lange zusammen, da jedes Mitglied bereits sehr gefragt war. Nichtsdestotrotz arbeitete Redman noch jahrelang eng mit jedem seiner Quartett-Kollegen zusammen. 2020 spielte die gleiche Besetzung nach über 26 Jahren Pause das ausgezeichnete Album RoundAgain ein und legt nun LongGone vor, ein weiteres sensationelles Werk in dem mittlerweile 16 Alben umfassenden Katalog von Alben, die unter seinem Namen veröffentlicht wurden.
LongGone – mit Brad Mehldau, Christian McBride & Brian Blade
Der gefühlvolle Titeltrack des Albums wird von Redmans Tenor eingeleitet, Brian Blade fügt geradezu leichte, aber deutliche „Pinselstriche“ hinzu, das Piano stößt Akkorde in das Bild. Christian MacBrides Bass umgibt das alles mit feinen, federnden und gegenläufigen Melodien. Da weiß der aufmerksame Hörer, wo es lang geht und ist richtig eingestimmt. Disco Ears ist ein lebhaftes, dennoch harmonisches Soprano-Sax Stück, Statuesque eine düster-hymnische Deep-Tenor-Meditation, die zu einem abgehackten, improvisationsfreudigen Groove wird, Ship to Shore ein glatter, bluesiger Spaziergang. Aber es ist die gospel-geladene 12-minütige Live-Aufnahme Rejoice, die verblüfft: ein gemeinsam-gleichzeitiger Jam, der mit einer einladenden Bass-Hook beginnt und in einem ausufernden Finale endet, bei dem die Band zu einer fast choralen Einheitsstimme verschmilzt – hier wird deutlich, warum diese Gruppe nach all den Jahren immer noch die Konzertsäle der Welt im Nu ausverkauft.
Plattenspieler
Joshua Redman – saxophone
Brad Mehldau – piano
Christian McBride – bass
Brian Blade – drums
Bereits im Jahre 2013 war sein Album Walking Shadows hier im pfeifenblog.de ein Album des Monats.
Nach mehreren Versuchen mit diesem neuen Joshua Redman Album klarzukommen, habe ich es erst mal beiseite gelegt. Es erschien mir im Gegensatz zu seinen früheren Alben zu sperrig und abgehoben. Durch obigen Beitrag angeregt, habe ich mir das Werk nochmals vorgenommen und siehe da: Es ist wieder ein Album, welches erst durch mehrmaliges Hören seine ganze Klasse zeigt. Es läuft bei mir gerade im Dauereinsatz und die Riffs haben mittlerweile schon Ohrwurmcharakter. Ein ganz großes Jazz Album. Übrigens wie alle Redman CD’s.
Servus Bernd, kann ich durchaus nachvollziehen, auch mir geht es oftmals so. Das ist manchmal wie mit neuem Tabak. Erst schmeckt er grauslich, dann, nach einiger Zeit führt ein erneuter Versuch zu einem Hochgemuß. Das muß einfach Magie sein. Und was ist schöner, als magische Momente. Ich wünsche Dir einen schönen Club-Nachmittag und ein schönes Wochenende.
Gerade lege ich mir eine Playlist mit Balladen von Rod Stewart aus den Jahren 1967-1972 an, die haben auch eine ganz besondere Stimmung und nichts mit dem späteren Pop-Idol zu tun.
https://open.spotify.com/playlist/4POS4Kt0lEqdFcEzhf4Glg?si=aca0613fba904450
Tipp, sofern nicht bekannt, gerade erschienen: Seong-Jin Cho – The Handel Project
https://open.spotify.com/playlist/6dWziy6GJoV90uZHOlaZz0?si=5a596a9f95074743
Wenn ich längere Strecken mit dem Zug fahre wird es so gefährlich wie wenn ich über Tabake im Pfeifenblog lese. Ich kaufe mir dann für die Fahrt die Zeitschreift Jazz Thing und verfalle meist in einen Musik-Kauf- und Konzertbuchungsrausch.
Unter vielem anderen stieß ich diesmal auf dies:
Joshua Redmans neue CD „Where are we“.
Ich zitiere aus Jazz Thing:
„Es ist Redmans Premiere für Blue Note und das erste Album,das der inzwischen 54 jährigemit einer Sängerin aufgenommen hat. Jedes Stück auf dieser „Meditation über Amerika und die Macht und Bedeutung des Ortes“ widmet sich einer amerikanischen Metropole oder Region, immer mit dem Hintergedanken der gesellschaftlichen Spaltung im Nachbeben des Mordes an George Floyd.“
Die neue Band besteht aus Aaron Parks (p), Brian Blade (dr), Joe Sanders (b) gemeinsam mit Gabrielle Cavassa (voc).
Gäste: Peter Bernstein (g), Joell Ross (vib), Nicholas Payton (tp), Kurt Rosenwinkel (g).
Wer im Großraum München wohnt und Gefallen an dieser neuen CD findet interessiert sich vielleicht auf für diesen Konzerttermin:
https://www.muenchenticket.de/tickets/performances/ez804jxid6rd/Joshua-Redman-Group-feat-Gabrielle-Cavassa
Viel Spaß beim Hören.
W.K.
Ich konnte mir das neue Album „Where We Are“ heute auf Spotify anhören. Es ist außergewöhnlich, nicht so zupackend und musikalische Grenzen auslotend wie seine vorangegangen Alben. Es sind größtenteils Jazz Standards, die uns Redman zusammen mit der Sängerin Gabrielle Cavassa und einer exquisiten Band darbietet. Sein melodisches Saxophonspiel fügt sich hier wunderbar in die ruhigen und atmosphärisch dargebrachten Songs ein. Wieder ein herausragender Meilenstein in seinem an Höhepunkten nicht armen Oevre.
Für Hörer, die einen passablen Plattenspieler besitzen, empfehle ich unbedingt die Doppel LP Version, es ist das erste Album von Redman auf dem Blue Note Label. Und der Pianist – Aaron Parks – war schon Album des Monats im pfeifenblog.de
Redmans Beweggründe für das Album hatte ich oben zitiert.
Der musikalische Ductus und die Stimmung dieses Albums werden noch klarer, wenn man weiß, dass sich Redman im oben zitierten Interview als „nicht optimistische Person“ bezeichnet, der dennoch Hoffnung schöpft, in Bezug auf Auseinanderfallen der Gesellschaft, das aber ohne eigentlichen Protest artikulieren möchte. So sieht er auch die Texte der einzelnen Songs, teils doch Protestsongs, in Zusammenhang zueinander, die sich dann doch teilweise in ihrer Bedeutung verändern können.
Komplizierte Gedankenwelt.
Beindruckend wie er, im Gegensatz zur Expressivität früherer Alben, deutlich zurückgenommen die Sängerin geradezu umspielt.
Was natürlich ohne die exzellente Band nur die halbe Miete wäre.