Rattray`s Accountants`Mixture

Es gibt Tabake, die vom Namen her fast jeder kennt, aber auf Nachfrage kaum detailliert beschreiben kann. So ging es mir mit der Accountants` Mixture, vermutlich der älteste Tabak von Charles Rattray. Ursprünglich ab 1903 in Schottland hergestellt, nun in Deutschland bei Kohlhase & Kopp, immerhin ein Garant für Qualtität. Warum habe ich den Accountant zwar zur Kenntnis genommen, aber nie geraucht? Gab es in den 1970ern und einige Zeit danach noch zu viele seiner Art?  Sei`s drum: es ist nie zu spät.Die Mischung aus Virginias, *Black Cavendish, Orientals und einem kräftigen Anteil cypriotischen Latakia schafft eine typische englische Mischung, und das im besten Sinne. Der geöffneten, von Rattray gewohnten hohen 100g Dose, entströmt ein kräftiger Geruch nach Leder, würzig, schnörkellos, ohne jedes künstliche Aroma, aber nicht beissend oder scharf. Sehr ausgewogen, es kommen Erinnerungen hoch an längst vergangene Studentenzeiten, in der man entweder Dunhill rauchte …. oder MacBaren`s.

Das Tabakbild zeigt eine schön gesprenkelte Mischung mit sauberem Schnitt. Ich erspare mir Anmerkungen, wie man eine Pfeife mit diesem Tabak befüllt, dazu würde mir nichts einfallen. Einfach machen. Auch das Anzünden ist banal. Geht.

Kann man sagen, es ist ein ehrlicher Tabak, sowie der Squadron Leader, der Finest British, die London Mixture, der 965 oder Nightcap oder die englische Reihe von Huber, die Erstklassigen von Hans Wiedemann`s HU Tobacco?

Ja, das trifft es. Vom ersten Zug an ist er da, aber nichts überwältigt. Diese feine Komplexität zeigt das hohe handwerkliche Können des Blenders, sie entwickelt sich in Nuancen von gelinder Würzigkeit zu trockenem Stallaroma, sehr naturrein, aber niemals streng. Ich mag hier die leicht süßlichen Virginias, die Würze des Orientals und den *Black Cavendish, den verhaltenen Latakia. Was nicht stimmt, ist der Aufdruck “ A Full Tobacco“, sofern er sich nicht darauf beziehen soll, das in dieser 100g Dose auch 100 g enthalten sind. Der Accountant ist alles andere als geschmacklich „Full“, da ist er eher etwas blässlich. Ob er das früher einmal war, weiß ich nicht. Ist auch unerheblich, denn er schmeckt einfach gut, brennt sehr gleichmäßig, hinterläßt einen feinen, hellgrauen Ascherest, es gibt kein Kondensat, wenn der Raucher kein getriebener Mittagspausenraucher ist. Die geschmacklich runde Mischung kann zu jeder Tageszeit genossen werden, sie ist niemals aufdringlich. In Räumen wird man nicht unbemerkt bleiben, soviel zur sogannten Raumnote, die für mich nur minderen Informationswert hat.

Will ich stärkeres, so greife ich zum Huber Balkan, der für mich unverändert die Latakia Krönung ist, zum Penzance oder zum Balkan Flake von Samuel Gawith. Auf keinen Fall zum Black XXL.

Was bleibt: ein nur mittelstarker Engländer, den der Tweed Sakko Träger unbedingt braucht, der dem Ein- oder Aromatenumsteiger in die Latakiafraktion verhilft, dem Erfahrenen die Gewissheit seiner Geschmackssicherheit gibt und den ich nicht mehr missen möchte.

Rattray`s Accountants`Mixture
Blender und Hersteller: Kohlhase & Kopp, Deutschland
100g Hochdose mit Ringpull Verschluss
RattrayRedR_P1000418

Raucher, für die ein reduzierter Latakiaanteil zum Vorzug von mehr Oriental eine Alternative ist, greifen zum Red Rapparee aus gleichem Hause, hier noch in der von Charles Rattray in Schottland hergestellten Originalversion.

*Black Cavendish Verfahren: Tabak (das können verschiedene Sorten sein) werden zunächst mit Wasserdampf belegt, eventuell  Zucker und Aromastoffe zugesetzt und der Tabak gepresst, geröstet und anschliessend geschnitten: beim Bulls Eye Flake wird er z.B. als Curly geschnitten, beim Accountants in gleicher Länge und Breite wie die anderen 3 Komponenten.

Bulls Eye Flake mit Black Cavendish-Kern

Bodo Falkenried

exemplarischer Niederrheiner, seit über 55 Jahren in München daheim, genauso lang Pfeifen- und Tabaksammler, versessen auf Musik, Literatur und andere Künste. Unternehmer, Segler, Reisender [..unser Mann in Asien]. Intensiver Marktgeher, immer an Feuer & Herd, sofern in der Nähe.  

5 Antworten

  1. Matthias S. sagt:

    Als ein großer Fan des Squadron Leader – welchen soll ich mir nun (zuerst) holen?
    Diesen hier oder doch eher den Huber oder gar „House of Smoke No.8 English Mixture“, von dem es hier leider noch kein Review gibt. Und was ist mit Hubers „ENGLISH SMOKING MIXTURE“?
    Fragen über Fragen.

  2. Peter Hemmer sagt:

    Die „English Smoking Mixture“ ist sicher keine schlechte Wahl, zumal sie aus demselben Haus wie der Squadron Leader stammt. Unter den Rattrays würde ich den „Black Mallory“ probieren, der in der Zusammensetzung näher am Squadron Leader ist als der Accountants. Mein Lieblingslatakia von S.Gawith ist die Skiff Mixture!
    Beste Grüße

  3. Paul K. sagt:

    Hallo, ist die Smoking Mixture eine für Huber eigens hergestellte Mischung oder entspricht sie einer Mischung, welche auf dem Markt sonst in 50g Dosen existiert?

    Viele Grüße

    • Der Unterschied besteht nicht nur in der Dosengröße. Beide Tabake stammen zwar vom selben UK Herstreller, sind aber geringfügig anders. Wobei immer der 100g Dose Vorzug gegeben werden sollte, wenn der Tabak nicht in kurzer Zeit aufgeraucht wird. Die sogenannte „Malerdose“ von Hubers Smoking Mixture ist hinsichtlich ihrer Luftdichtigkeit um Längen besser als eine Rechteckdose.

  1. 17. Oktober 2016

    […] Balkan, an den immer noch kein 759-Nachbau herankommt (wahrscheinlich nicht einmal das Original ), Rattray`s Accountant, dem neuen alten Dunhill 221B oder einem SG Squadron Leader. Für mich ist Geschmack und Duft […]

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