Peterson Silver Spigot
Mit Peterson Pfeifen assoziiere ich in erster Linie klobig derbe, gebogene Knubbelpfeifen, die in den riesigen Pranken eines (natürlich rothaarigen) irischen Bauern oder Dockarbeiters wie winzige Zahnstocher wirken. Pfeifen, die dem rauen Land, dem ständigen Wind und dem unablässigen Regen stand halten. Die einem nach neun Guinness schon mal aus dem Mundwinkel gleiten könnten und den Sturz auf den mit Salt&Vinegar Bröseln übersäten Pub-Boden aushalten.
Die Tweedmütze tief in die Stirn gezogen, der Cordkragen der zerschlissenen Wachsjacke saugt sich langsam mit Regenwasser voll. Noch wärmt mich der weiße Wollpulli, den ich auf den Araninseln bei einer hundertjährigen Strickerin erworben habe. Die Gischt spritzt meterhoch an den sechseckigen Basaltsäulen des Clochán na bhFómharach (Giant’s Causway) empor. Ich starre unverwandt auf die raue See, die Augen zu Schlitzen verengt. Ist das die Natur, die meine Helden den Maler Jack Butler Yeats und den Schriftsteller Flann O’Brien zu ihren Werken inspiriert hat?
Mich inspiriert diese Szene zu einem ruhigen Abend am wärmenden Kamin mit einem Glas „Writer’s Tears“ dazu der neue „Ye Olde Signe“ wie könnte es anders sein, in einer Peterson.
In diesem Moment der Kontemplation möchte ich allerdings eine etwas elegantere Pfeife im Mundwinkel spüren. Da taugt keine dickbäuchige Bent-Dublin. Denken wir jetzt einmal an die andere Pfeifenart, für die die Dubliner Pfeifenmanufaktur mindestens genauso berühmt ist: Die Silber-, oder gar Gold-Spigot. Feine Silberapplikationen bekleiden Holmabschluss und Steckermundstück und verleihen der Pfeife einen abendlich, festlichen Glanz. Ursprünglich waren diese Metallhülsen nur für eine Verstärkung der filigranen Pfeifenteile gedacht. Angeblich wurden die ersten Army-Mounts – zu denen auch die Spigots gehören – von den britischen Soldaten des Burenkrieges aus abgefeuerten Patronenhülsen gebastelt. Die feinen Silberschmiedearbeiten der Peterson Spigot-Serie wirken allerdings mit ihren unzähligen Stempeln und Punzen in etwa genauso militärisch, wie die goldenen Knöpfe am Blazer des in die Jahre gekommenen Prince of Wales.
In der Vitrine beim freitäglichen Besuch bei Pfeifen Huber in München, sprang mir genau so eine Pfeife ins Auge. Mein elsternhafter Blick schweifte über die Auslagen und das Glitzern der Spigots zog mich magisch an. Entscheidend für den Impuls mir die Billiard von Jens Meyer zeigen zu lassen, war die tiefe Strahlung des tief schwarzen Kopfes. Die wäre auf der anderen Seite genauso schön, versicherte er mir und tatsächlich, als ich sie in der Hand hielt, sah ich eine umlaufende schwarzglänzende Struktur. Die musste es also sein, die ich zur Lektüre von „John Millington Synge, The Aran Islands„, am Kamin rauchen wollte.
Zunächst wurde sie aber direkt vor Ort mit „Ye Olde Signe“ gefüllt und probegeraucht. Zur Rauchqualität kann ich nur sagen, sie qualmt prima, wie eigentlich alle meine Peterson, aber was soll man da auch spektakuläres erwarten? Für diesen Blogpost habe ich sie heute Abend gleich nochmals gefüllt, diesmal mit dem „Huber Virginia Ready rubbed“ und auch damit erwies sie sich als angenehmes Rauchholz. Sie ist federleicht, trotz des Metalls. Das kommt von dem grossen Anteil an weichem Füllholz, welches auch der Grund für die tiefen Rillen bei Sandstrahlen ist. Sie glänzt wunderschön, fasst sich traumhaft handschmeichelnd an und wippt leicht im Mundwinkel, während ich diesen Blogpost schreibe, statt am Feuer irische Geschichten von den Arans zu lesen.
Verarbeitungsmängel – von denen man im Zusammenhang mit Peterson in letzter Zeit immer wieder hören und lesen muss – kann ich auch bei genauem Hinsehen keine finden. Vielleicht liegt das aber auch an der gewissenhaften Qualitätskontrolle meines Händlers. Vielleicht sollte ich einmal nachfragen, wieviele Pfeifen er zurück auf die grüne Insel schicken musste, bevor er genügend tadellose für die Vitrine zusammen hatte.
Eine Spigot, sei sie von Dunhill oder Peterson ist immer eine ganz besondere Pfeife und wenn sich der geneigte Leser einmal – so wie ich – etwas ganz besonderes gönnen möchte, dann sind ihm diese Zeilen hoffentlich Inspiration genug.
„Es gibt sie noch, die guten alten Dinge…“ möchte ich antworten. Aber das ist mir dann doch zu nahe an Manufactum. Als Peterson Spigot Liebhaber kann ich Deiner animierenden elegischen Umgebungsbeschreibung uneingeschränkt folgen. Ich bin kein Freund der für mich eher grobschlächtigen Peterson Pfeifen, aber die Spigots und die wundervollen Silberarbeiten haben es mir angetan. Bisher allerdings habe ich nur Glatte gesammelt. Dein Beispiel zeigt mir, dass ich -unerwartet- noch Nachholbedarf habe.
…und vermutlich auch zu einem lauwarmen Wasser aus einem grünen Zahnputzglas auf einem Küchenhocker neben den Zentralheizungsrippen sitzend zu rauchen… Nur um ein wenig die im Blog (natürlich absichtlich) zur Anwendung gekommenen Edelgemeinplätze einwenig abzuklopfen. Wobei ich mir nicht sicher bin, ob dem einfachen Gemeinplatznehmenden wirklich auch der Elsternblick eingefallen wäre :-).
Lediglich bei der Füllung, der Begleitmusik und der -lektüre wäre ich genauso heikel. So heikel, daß ich das Blog nicht einmal mit Vorschlägen wie Clan und Rosamunde in Lied- und Buchform anpatze.
Am Boden gewälzt, wenn Dir eine Elster die Pfeife wegschnappt.
Lieber Karl, solange das Zahnputzglas grün ist, habe ich keinerlei Bedenken. Was die „Rosamunde“ angeht, so solltest du nach einer Coverversion der Dubliners suchen … Bodo hilft dir da sicher gerne mit einem Spotify-Link weiter …