Eine Caminetto mit Deckel

Der Herbst hat Einzug gehalten und mit ihm kommt nach diesem extrem trockenen und sonnigen Sommer, die kalte und feuchte Jahreszeit. Die bunten Blätter fallen, die Eichkatzerl und die Eichelhäher werfen Kastanien und Eicheln nach unten, da konnte ich gerade noch rechtzeitig eine neue Pfeife mit Deckel erwerben. Meine allererste Caminetto. Meine Faszination für Deckelpfeifen habe ich ja hier schon einmal beschrieben. Nicht auszudenken, dass mir einmal beim Malen nebliger Auen und prächtiger, bunt belaubter Bäume, Flora und Fauna in den „Kamin“ fallen, welcher ja auf italienisch „Camino“ heisst und in seiner Verniedlichungsform „Caminetto“ genannt wird. Die Legende besagt, dass die drei Gründer dieser italienischen Pfeifenmanufaktur eines langen Abends bei Pfeife und Wein am offenen Kamin saßen und dabei auf diesem Firmennamen kamen. „Caminetto – La Pipa del Baffo“, Die Pfeife mit dem Schnauzbart. Die drei besagten Herren, trugen alle einen Schnauzer und kamen so auch gleich auf ihr Logo. Ich gehe davon aus, dass das ein sehr kreativer und vor allem sehr weinseliger Abend war, den sie vor dem Kamin verbrachten.

Giuseppe Ascorti arbeitete seit 1959 als Pfeifenmacher bei Castello, bis er sich 1968 selbstständig machte und mit dem Pfeifenmacher Luigi Radice eine kleine Pfeifenmanufaktur in ihrer Heimatstadt Cucciago gründete. Mit Gianni Davoli, der einen Tabakladen in Mailand betrieb, fanden die beiden einen Partner für eine weltweiten Distribution ihrer Pfeifen. Im Kielwasser des großen Castello-Booms vor allem in den USA erzielten die drei mit Ihren hochwertigen, handgemachten Pfeifen schon bald rasenden Absatz. Das Konzept war einfach und wirkungsvoll, sie boten die gleiche Qualität wie Castello und das zur Hälfte des Preises. Schon bald hatte die kleine Firma Caminetto mehr Aufträge, als sie bewältigen konnte und sie wuchs und wuchs. Moderne Maschinen wurden eingesetzt und die Produktion gesteigert. Aber wie es manchmal so kommt, waren die drei sich immer mehr uneins, gerade was die maschinelle Produktion der Pfeifen und die darunter leidende Qualität anging. Ende der Siebziger verließ Radice das Unternehmen und auch Ascorti gründete bald darauf mit seinem Sohn Roberto eine neue Firma unter ihrem Familiennamen Ascorti. Kurz darauf zerstörte ein verheerender Brand die gesamten Werkstätten von Caminetto, die zu dieser Zeit nur noch von Davoli geführt wurde. Was auch immer damals genau geschah, wir werden es vermutlich nie erfahren.

Jedenfalls kaufte sich Giuseppe Ascortis Sohn, Roberto Ascorti den Namen Caminetto zurück und die Firma erhob sich unter seinem Regiment wie Phoenix aus der Asche, nur sind die Preise der Caminettos inzwischen schon lange nicht mehr nur halb so hoch, wie die der Castellos.

Meine Caminetto ist eine rustizierte Pot, die folgendermaßen gemarkt ist: Caminetto HAND MADE CUCCIAGO-ITALY 8L10
Meine Recherchen haben ergeben, dass sie 2010 (10) gemacht wurde und sie das sogenannte Business-Finish (8) hat – rustiziert und rot, was das L bedeutet, weiss ich leider nicht.

Der Deckel, auf dem sich eine Gravur des Schnauzbartes und der Zahl 800 – Silber? befindet, ist seitlich aufschiebbar und sehr schön gearbeitet. eine kleine Nut in der Unterseite der Mechanik verhindert, dass man den Deckel über die Mitte hinausschiebt. Wirklich raffiniert gelöst und funktional.

Geraucht habe ich die Pfeife noch nicht, da warte ich immer noch auf den richtigen Moment, aber ich wollte sie als Anlass nehmen, einmal etwas über Caminetto zu schreiben.

NACHTRAG: Während ich diese Pfeife gerade mit zwei wunderbaren Dunhill Navy Rolls Scheiben rauche, ist mir aufgefallen, dass der Deckel – wie es sonst nämlich immer der Fall ist – gar nicht heiß wird, sondern höchstens lauwarm. Das liegt daran, dass unter dem Silberdeckel noch eine ungefähr ein bis zwei Millimeter dicke Bruyereschicht angebracht ist. Das schützt davor sich beim Rauchen die Finger zu verbrennen. Schlau gelöst.

Alexander Broy

Alexander Broy ist Künstler, Grafiker und YouTuber. Mehr zu sehen, hören oder lesen gibt es auf seinem Blog Künstlertagebuch. | Abonniere auch seinen NEWSLETTER

1 Antwort

  1. Dobi sagt:

    Offensichtlich weiß niemand so genau, wofür das „L“ steht! Auch hier im pipedia Eintrag rätselt man dazu nur: https://pipedia.org/wiki/The_History_of_Caminetto_(shapes,_stamping,_articles,_etc.)

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Wenn Sie einen Kommentar hinterlassen, speichert das System automatisch folgende Daten:

1. Ihren Namen oder Ihr Pseudonym (Pflichtangabe / wird veröffentlicht)

2. Ihre E-Mail-Adresse (Pflichtangabe / wird nicht veröffentlicht)

3. Ihre IP (Die IP wird nach 60 Tagen automatisch gelöscht)

4. Datum und Uhrzeit des abgegebenen Kommentars

5. Eine Website (freiwillige Angabe)

6. Ihren Kommentartext und dort enthaltene personenbezogene Daten

7. Ich erkläre mich auch damit einverstanden, dass alle eingegebenen Daten und meine IP-Adresse nur zum Zweck der Spamvermeidung durch das Programm  Akismet in den USA überprüft und gespeichert werden. Weitere Informationen zu Akismet und Widerrufsmöglichkeiten

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.