Eine Pfeife von: Günter Kittner
Vor drei Jahren verstarb, fast 87 jährig, in Bremen der Pfeifenmacher Günter Kittner. Er gilt als einer der Ersten, wenn nicht sogar als der Erste in Deutschland, der Pfeifen als Einzelstücke mit freien Formen hergestellt hat. Das war in den späten 60er Jahren. Sein erlernter Beruf als Feinmechaniker kam ihm dabei sicherlich zu Gute. Überhaupt erscheint es bemerkenswert, dass sich die junge deutsche Pfeifenmacherszene damals im hohen Norden der Bundesrepublik bildete: Neben Kittner waren es Karlheinz Joura, Rainer Barbi, Hasso Baudis und später Robert Mewis, die dort ihre Pfeifen fertigten oder noch immer fertigen. Lediglich Ingo Garbe, der auch schon in den späten 60er Jahren begann, Pfeifen zu bauen und der damit auch als einer der ersten deutschen Pfeifenmacher gilt, übersiedelte schon 1972 nach Laesø, wo er seitdem arbeitet.
Günter Kittner hat seine Pfeifen immer nebenher und wirtschaftlich unabhängig gemacht, was ihm den kommerziellen Druck abnahm. Deshalb ist die Anzahl der von ihm hergestellten Pfeifen auch sehr gering – man schätzt, dass es nur zwischen 450 und 500 Stück sind, die während seiner gesamten Aktivität als Pfeifenmacher (bis etwa 1990) die Werkstatt verlassen haben. Entsprechend rar und selten sind diese Pfeifen und damit verbunden ist auch die Tatsache, dass der Name Günter Kittner heute eher engagierten Sammlern vertraut ist, aber weniger der Allgemeinheit der Pfeifenraucher.
Das, was Günter Kittners Pfeifen auszeichnet, ist, neben ihrer handwerklichen Perfektion, vor allem ihre starke formale Identität: eine Pfeife von Kittner hat einen extrem hohen Wiedererkennungswert, was an einigen Details wie etwa dem relativ hohen und weichen Holmansatz und dem häufigen Taillieren des Holmes seinen Niederschlag findet. Das Holz bezog Kittner aus Italien und es ist von allererster Güte: relativ leicht und mit meist dichten Maserungen, deren Verlauf von der Form der Pfeife unterstützt wird. Deshalb sind viele Kittner-Pfeifen Bents, Halfbents oder Quarterbents. Gerade Pfeifen sind eher selten zu finden. Trotzdem ist Kittners Umgang mit der Maserung von hohem Understatement geprägt, denn weder formal noch im Finish wird die Maserung exaltiert herausgestellt. Die meisten seiner Pfeifen, die übrigens alle glatt sein dürften, – ich habe jedenfalls noch nie eine sandgestrahlte oder rustizierte Pfeife von Günter Kittner gesehen – sind hell, in einem mittleren Rotbraun oder dunkelbraun gebeizt. Auf extrem starke Kontraste hat er meist verzichtet. Wenn Kittner Applikationen verbaut hat, dann waren diese häufig aus Bein oder Silber und von hoher handwerklicher Qualität, nicht selten auch mit großem Aufwand eingesetzt. Manni Arenz nennt in seinem guten und lesenswerten Artikel über deutsche Pfeifenmacher hier auch Edelsteine, aber wie die gearbeitet waren, kann ich nicht sagen, weil ich eine solche Pfeife noch nicht gesehen habe.
Kittners Logo war eine normalerweise auf der linken Holmseite ins Holz eingelassene goldene Raute mit einem ausgeschnittenen „K“. Der Stempel auf der Holmunterseite sagt lapidar: „Kittner Bremen“ in Form zweier gegenläufiger Segmentbögen.
Vor einiger Zeit habe ich gesehen, dass es im Estate-Sortiment von Pfeifen-Huber neue Pfeifen gab und bin „schauen“ gegangen, da ich eh in der Nähe war. Obwohl mein Interesse eigentlich anderen Pfeifen galt, ist mir diese Kittner aufgefallen, die für Kittners Verhältnisse eher klein ist und damit sehr meiner Vorliebe für nicht ganz so stattliche Pfeifen entspricht. Ich habe nicht lange überlegt und den Kauf getätigt, zumal der Preis sehr fair war.
Dieses Halfbent-Egg hat einen Kopf von fünf Zentimetern Höhe, etwa im Vergleich eine größere Dunhill Group 4 zur Orientierung, es ist aber nur 12,4cm lang und damit ist die Pfeife zwar nicht wirklich klein, aber doch recht handlich und leicht im Mund zu halten – kein Wunder bei der perfekt balancierten Form und dem äußerst bequemen Mundstück. Apropos Mundstück: dem kommt hier in gewisser Weise eine gestalterische Schlüsselstellung zu, denn es ist das Gegenteil eines schnöden funktionalen Verschleißteils und regelt mit seinem Sattel wie ein Verkehrspolizist auf einer Kreuzung alle Richtungen von Kurven, die im Kopf ihren Anfang nehmen. Die untere Holmkonturkurve bricht der Sattel regelrecht ab, verschachtelt sie mit einer neuen starken Kurve bedingt durch die Biegung des Mundstücks und dem weichen Sattelende, die obere Holmkontur dagegen lässt er großzügig weiter ins Leere laufen indem der Sattel die Linien nur unterschliedlich lange fortführt. Die beiden seitlichen Konturlinien dagegen, die wie ihre Pendants vom Holmansatz her nach außen kurven, diese fängt der Sattel achsensymmetrisch wieder ein und führt sie ohne Bruch in einer langezogenen Kurve zum Mundstücksende hin wieder zusammen.
Diese Wechselwirkung von Zusammenführen und Auseinanderziehen ist auch das Gestaltungsprinzip des Kopfes: Im Prinzip ein klassisches Egg, das sich nach oben zum Kopfrand hin subtil schließt. Dieser Kopfrand aber ist in sich gekurvt, nämlich in der Längsachse konkav nach oben quasi abschließend, quer dazu wölbt sich der Rand konvex nach innen. Das ist nur ein Detail, aber seine Wirkung im Vergleich zu einem schlichten, neutral gerade abschließenden Kopfrand, ist immens. Während man das symmetrische Schließen in der Vorderansicht des Kopfes hat, wird der Kopf in der Seitenansicht zum Holm und seinem weichen Ansatz hin langgezogen, was eine längsovale Kopfform entstehen lässt, die das klassische Egg entscheidend modifiziert und die für Günter Kittner so typisch ist: Dieser Kopf ist eines der Signature-Shapes von Kittner gewesen; er hat es, kombiniert mit verschiedenen Holmvarianten, mal als Quarterbent, mal als Halfbent ungemein oft wiederholt.
Ach ja, und zum Schluss noch das Wichtigste: Diese Kittner hat einen sehr guten Zug und raucht sich absolut phantastisch. Eine Pfeife, die mich sehr beeindruckt, immer, wenn ich sie mir ansehe, noch mehr, wenn ich sie rauche. Wer also die seltene Gelegenheit hat, eine Pfeife von Günter Kittner zu erwerben, der sollte jedenfalls nicht zögern! Quellen für meinen Text waren der alte Artikel über Günter Kittner auf daft mit einem Beitrag von Jörg Lehmann, Rolf Osterndorffs Text bei Pipedia und der oben verlinkte Artikel von Manni Arenz.
Hallo Peter,
Ich bin bei dir, die Pfeife weist ein eigenständiges Design auf. ALs ich sie das erste Mal in Händen hielt , habe ich gerätselt von wem sie wohl stammen könnte. SIe wollte nicht so recht in eine dänische Schublade passen.
Ein Handschmeichler par excellence, keine Frage, die Form sucht regelrecht die Wärme der Hand und wenn sie noch gut schmeckt – Glückwunsch!
Jens Meyer
2 pfeifen von kittner darf ich als mein eigen nennen eine ungeraucht mit einem breiten elfenbeinring und eine gerauchte lange gerade würde ich sagen
Hallo Peter,
danke für die Vorstellung und den lesenswerten Text. Ich hatte bisher nur ganz wenige Pfeifen von Kittner zu Gesicht bekommen, und diese wenigen waren immer wirklich riesige Pfeifen. Gerade nach deinen Ausführungen finde ich auch: das ist eine sehr stimmige und eigenständige Pfeife. Auf dem ersten Bild und auf den ersten Blick erschienen mir der Mundstücksattel und die Breite des Mundstücks im Vergleich zum sehr schlank, fast wespen-artig ansetzenden Holm etwas voluminös. In der Profilansicht bestätigt sich dieser Eindruck dann zum Glück so gar nicht. Ich glaube aber, in der Draufsicht ist das Mundstück hinter’m Sattel nicht eingezogen, richtig? Vielleicht wäre so ein Einzug als Wiederholung der Taillierung des Holmes etwas stimmiger?
Aber wie auch immer: das ist eine bildhübsche Pfeife!
Viele Grüße, Eddy
Hallo Eddy,
das Sattelende ist die breiteste Stelle und hier wechselt die Linienführung und schließt sich wieder linear zum Biss hin. Unterbrochen ist die Linienführung nur durch den Sattel an der Ober- und Unterseite, seitlich ist die Linie nicht unterbrochen. Nun weiß ich nicht, wie alt genau diese Pfeife ist, aber stilistisch ist das vollkommen harmonisch und passt sehr zu Kittners Stil. Ein seitlich eingezogenes Mundstück wäre vielleicht dynamischer, aber fiele vielleicht sowohl aus der Zeit als auch aus Kittners Modellistik?
Grüsse
Peter
So alt kann man gar nicht werden, um nichts mehr hinzuzulernen. Von diesem Pfeifenmacher hatte ich noch nie etwas gehört, was ich angesichts der hier vorgestellten Pfeife sehr bedauere. Die Form und die Ausführung gefallen mir ausserordentlich gut. Ein Schmuckstück und die gut ersichtliche Patina macht sie so sehr interessant. Für mich korrespondiert das Mundstck harmonisch zum Gesamtbild der Pfeife.
Ich muß mich mal wieder öfter und genauer den bewußten „Seconds“ an dem bewußten „Ort“ widmen, damit solche Pretiosen nicht einfach an mir vorübergehen. Danke für die Vorstellung, es ist wäre interessant, mehr Pfeifen von dem Künstler sehen zu können, so als Rückschau.
Hallo an die Pfeifenexperten,
Habe drei originale Kittner Pfeifen zu verkaufen. Wer kann mir sagen, wo man Interessenten finden kann oder wer kennt jemanden der interessierte ist eine Kittner Pfeife zu kaufen
Und an wen soll sich der Interessierte wenden?
An thkittner@online.de