Dhafer Youssef | Jazz Stories zum Träumen

Wenn Sie diesen, den zeitgenössischen Jazz um eine eigenständige, inspirierende, wundervolle Strömung erweiternden tunesischen Oudspieler, Sänger und Komponisten bisher nicht wahrgenommen haben, dann lesen Sie bitte nicht weiter, bevor Sie die folgende Komposition angehört haben. Sie erscheint mir sehr dazu geeignet, Ihnen ein Bild des Künstlers zu vermitteln. Und dann erzähle ich ein wenig mehr …….


Dhafer Youssef ist längst angekommen. Der Weg zu einem wichtigen Jazzmusiker war nicht leicht, wie bei so vielen und er führte von der tunesischen Sahelzone nach Wien und dann weiter nach Paris. Hier lebt der heute 51jährige Kosmopolit seit über 15 Jahren, einst gefördert von so bekannten Kollegen wie Jack Dejohnette, Wolfgang Muthspiel, Bill Laswell, Nils Petter Molvær und zahlreichen anderen. Zu dieser wohl vorerst festen Bleibe gelangte Dhafer Moussef über Graz und Wien, Barcelona, Berlin, New York, Marokko und Dakar. So wird man zum Weltmusiker.

Photo:Tore Sætre

Die Oud, die arabische Laute, erschloß sich ihm als Autodidakt und seine Stimme, vor allem in den Kopflagen, ist gleichermaßen ein mit der Oud korrespondierendes Instrument, perfekt eingesetzt. Dem Komponisten aber ist es gelungen, sich vollständig auf der kosmopolitischen Jazzbühne zu integrieren. Hier wird Ihnen kein folkloristes Sahara-Afrika Bild geboten, sondern ein vom europäischen Jazz und vor allem seinen skandinavischen Einflüssen nicht zu trennendes Moment. Klassisch die weitere Besetzung: Piano, Kontrabass, Schlagzeug, Trompete, Saxophon und das eine oder andere arabische Blasinstrument.

Von Beginn an habe ich seine Alben genossen, ausnahmslos alle. Wer kontemplative Stimmungen mag, die von Kompositionen erzeugt werden, die den Hörer regelrecht entführen, die den Alltag zurückweichen lassen, dann ist es die Zeit für Dhafer Moussef. Und am besten beginnen Sie Ihre Reise zu den geheimnisvollen Orten und in fantastische Hörwelten, zu denen der Musiker und seine Begleiter Sie führen – der türkische Klarinettist Hüsnü Şenlendirici, der norwegische Gitarrist Eivind Aarset und der indische Tabla-Virtouse Zakir Hussein, mit dem aktuellen Album Sound of Mirrors. Die 12 Stücke sind sämtlich Kompositionen von Dhafer Moussef.


Dazu zwei Stimmen aus der Fachpresse

»Hier bewegen sich Musiker aus ihren angestammten Komfortzonen heraus, verwischen künstliche Grenzen, sind im Einklang und – pathetisch formuliert – treten in ein Reich ein, das so schön ist, dass man als Zuhörer lange darin verweilen möchte.« (Jazz thing, September / Oktober 2018)

»Spektakulär, wie sich … die markante Oud samt hypnotischer Stimme des 51-jährigen Weltbürgers mit der zart näselnden Klarinette von Hüsnü Senlendirici, die türkische Sufi-Tradition diskret spiegelt, zu traumschönen Soundscapes von entrückender Intensität verweben.« (Stereo, Oktober 2018)




Ein echtes „New Yorker“ Album ist das 2016er Diwan of Beauty and Odd, dessen 13 Songs dem christlichen (!) arabischen Dichter Al-Akhtal al-Taghlibî aus dem 7. Jahrhundert gewidmet sind. Begleitet wird Dhafer Moussef von Cracks aus der New Yorker Studioszene, dem Pianisten Aaron Parks, dem Bassisten Ben Williams und dem Schlagzeuger Mark Guiliana. Das Album klingt sehr different zum neuen Sound of Mirrors oder dem Bird Requiem, auf denen es eher um ein formvollendetes Treffen von Okzident und Orient erscheint. Augenblicklich ist es mein Favorit unter den sechs Alben, die ich besitze. Ihm ist auch das Eingangsstück Fly Shadow Fly entnommen, mit dem ich Ihr Ohr für die Kompositionen öffnen wollte.


In fast gleicher Besetzung, allerdings ohne Zakir Hussein, wurde 2013 das Album Birds Requiem eingespielt,das ich Ihnen nicht vorenthalten kann.Dhafer Moussef spannt seine erstaunliche Stimme von einem samtenen Bariton hin zu schwindelerregenden Falsetts, immer absolut sicher schwingen die Vierteltöne. Das Album ist wie ein  Gemälde, bei dem Sujet, Farben und Schatten während der Lautmalerei entstehen und sich von Komposition zu Komposition zu einem fertigen Bild hin entwickeln, stets eine wunderbare Überraschung für den Zuhörer.

Besetzung:  Piano – Kristjan Randalu | Trompete –  Nils-Petter Molvaer | Klarinette – Hüsnu Senlendirici | Bass – Phil Donkin | Drums – Chander Sardjoe | Gitarre – Eivind Aarset | Aytac Dogan – Kanun (Zither)


Wenn Sie dem Künstler nun soweit gefolgt sind, dann brauchen Sie vermutlich diese drei Alben ebenfalls

  • 2006 Divine Shadows
  • 2007 Glow – mit Wolfgang Muthspiel
  • 2010 Abu Nawas Rhapsody

Bodo Falkenried

exemplarischer Niederrheiner, seit über 55 Jahren in München daheim, genauso lang Pfeifen- und Tabaksammler, versessen auf Musik, Literatur und andere Künste. Unternehmer, Segler, Reisender [..unser Mann in Asien]. Intensiver Marktgeher, immer an Feuer & Herd, sofern in der Nähe.  

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