Paul Olsen | My Own Blend – 800 Ø

Mit Legenden ist es so eine Sache. Es gibt die öffentlichen, die allgemein als solche anerkannt sind und Legenden, die sehr persönlich sein können. Das sind  Vorkommnisse in allen Lebensbereichen und davon sind engagierte und ambitionierte Pfeifen- und Tabaksammler nicht ausgenommen. Etablierte Tabaklegenden wie der Balkan Sobranie 759, die Drucquer Tabake, die frühen Dunhill Nightcap oder Early Morning Pipe, Cope`s Escudo oder Bell`s Three Nuns haben alle eine Eigenschaft: es gibt sie nicht mehr. Meistens sind sie merkantilen Anforderungen zum Opfer gefallen, oftmals ist die Tabakmanufaktur geschlossen worden. Ein Schicksal, das besonders häufig im Vereinigten Königreich  anzutreffen ist, aber beileibe nicht nur dort.

Eine meiner persönlichen Legenden ist der bis in 1980er Jahre erhältliche 800 Ø aus der My Own Blend Serie des Kopenhagener Tobacconisten Paul Olsen, der letztlich kommerziellen Zwängen folgend seine 1939 gegründete Unternehmung an die Scandinavian Tobacco Group (STG, u.a. Orlik, Stanwell) verkaufte.  2008 verlegte STG das Ladengeschäft von Paul Olsen in den Kopenhagener Davidoff Shop, der seitdem unter dem Namen Davidoff My Own Blend geführt wird. Der Shop bietet Zigarren und Zigarrenzubehör sowie Pfeifen und Pfeifentabak. Er ist einer  der letzten Orte in Dänemark, in dem sich der Kunde – wie früher bei Paul Olsen – eine persönliche Mischung zusammenstellen kann.

Bei dem 800 Ø handelt es sich um eine der leckersten (im wahrsten Sinne des Wortes) Latakiamischungen, die ich je geraucht habe. Es war in den ausgehenden 70er Jahren, als ich die originale Paul Olsen My Own Blend Reihe bei Pfeifen Hille in Duisburg kennenlernte. Zu dieser Zeit war auch der 759 noch erhältlich und mein Latakiafavorit, der er bis heute ist. Der 800 Ø aber war anders. Kein Konkurrent, sondern eine geschmacklich seidenmatte Ergänzung. Leider verschwand er nach einigen Jahren aus deutschen Tabakregalen und aus meinem Sinn. Aber wie es so ist, mit der Nostalgie. Ab und zu blitzte es auf, dieses in der Erinnerung immer aussergewöhnlicher werdende Raucherlebnis. Bis ich vor einiger Zeit von der Zusammenlegung der beiden Firmen hörte und herausfand, das der 800 Ø wieder erhältlich und der Blender immer noch Michael Mortensen sei. Leider nur in Dänemark, immerhin in einem Onlineshop, allerdings mit exorbitanten Versandkosten und Bankspesen. Sei`s drum: vor kurzem bestellte ich eine 100 g Dose für insgesamt 300,70 DKK.

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Die untauglichen Erfahrungen, die ich nach dem Einstellen des Balkan Sobranie 759 mit den zahlreichen, angeblichen Nachfolgern machen mußte, bis endlich der Huber Balkan auf den Markt kam, ließ mich arges vermuten. Zu Unrecht, wie ich jetzt weiss. Der Tabak ist unverändert eine kleine Sensation. Ein ganz milder Duft entströmt der Dose, wie er früher typisch für das Zimmer in meinem Elternhaus war, in dem ich rauchen durfte. Das war ja zu dieser Zeit kein Thema.

Der Tabak besteht zu weit über die Hälfte aus Latakia, vermutlich so um die 55-60%, verschiedenen Orientals und Black Cavendish*. Ich rauche ihn in einer der Pfeifen, die ich für Englische Mischungen vorsehe und die das Grundaroma und den Duft durch jahrelangen, allerdings äußerst gepflegten Gebrauch schon ein wenig mitbringen. Heute habe ich mich für eine alte, gestrahlte wundervolle Kriswill Bernadotte von 1972 entschieden, die mir ideal dafür zu sein scheint. Vermutlich hat das auch wieder ein wenig mit Nostagie zu tun. Dennoch ein perfektes Paar.

Man tut sich leicht mit Engländern, wenn es nicht gerade Plugs oder Flakes sind und so bleibt über die Befüllung der Kriswill nichts zu erwähnen. Das zündeln ist ein Kinderspiel. Es dauert nur wenige Augenblicke und der Geschmack ist sofort da, vollmundig, sehr weich, milde, überhaupt nicht so machtvoll wie der Huber Balkan. Er fordert aber auch die Geschmacksempfindungen mehr heraus, verlangt einiges an Erfahrung ab, wenn man Nuancen herausschmecken will. Das ist ein Vergnügen der besonderen Art.

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Was auffällt: der 800 Ø entwickelt sich nicht unter dem Rauchen, er bleibt unverändert der elegante, geschmeidige Latakia Blend. Weder kratzt oder beißt er zum Ende hin, noch hat er ähnliche unangenehme Eigenschaften. Kühl bleibt er im Rauch und auch das Holz verhält sich wunderbar. Das ist Genuß wie er sein soll.

Ach, was kümmern mich da die Frachtkosten, fahr ich halt selbst demnächst nach Kopenhagen.

My Own Blend – individuel – 800 Ø
Paul Olsen A/S
made by Scandinavian Tobacco Group (Orlik)
100g Runddose
DKK 193,30 Ladenpreis (51,09 DMWink – ca. 26 €)

Bezug in Dänemark

*Black Cavendish Verfahren: Tabak (das können verschiedene Sorten sein) werden zunächst mit Wasserdampf belegt, eventuell werden Zucker und Aromastoffe zugesetzt und der Tabak gepresst, geröstet und anschliessend geschnitten: beim Orlik Bulls Eye Flake wird er z.B. als Curly geschnitten, beim 800 Ø in gleicher Länge und Breite wie die anderen Komponenten.

Bodo Falkenried

exemplarischer Niederrheiner, seit über 55 Jahren in München daheim, genauso lang Pfeifen- und Tabaksammler, versessen auf Musik, Literatur und andere Künste. Unternehmer, Segler, Reisender [..unser Mann in Asien]. Intensiver Marktgeher, immer an Feuer & Herd, sofern in der Nähe.  

8 Antworten

  1. flakepipe sagt:

    Hallo Bodo !

    Neu beim Danish Pipe Shop ist der originale Balkan Sobranie 759 unter My Own Blend Englische Tabake BS 759 !

    Liebe Grüße aus Österreich
    Helmut

    • Servus Helmut, danke für die Info. diesen Tabak gibt es schon einige Jahre, siehe bitte auch hier. Da habe ich ihn erwähnt.
      Mittlerweile gibt es wieder so viele, wirklich gute Latakia Blends und auch Flakes, dass jeder Gusto zufriedengstellt werden kann. Ein schönes Wochenende in die Nachbarschaft.

  2. intent1879 sagt:

    Lieber Bodo,
    der gute 800 Ø ist ganz einfach in Deutschland zu kriegen: Gerd Jansen No. 041 ist original 800 Ø.
    Gruß aus Hamburg

    • Bodo Falkenried sagt:

      Herzlichen Dank, aber laut Gerd Jansen Webseite ist die Hausmischung 041 ein Aromat:

      „GJ – No. 041, 100g Dose
      Bei dieser Hausmischung handelt es sich um eine leicht bis mittelstarke Mixture bestehend aus extrem milden Virginias, einer guten Portion Black Cavendish und harmonischem Burley zur Abrundung. Eine kräftige Mirabellennote verleiht diesem Tabak seinen angenehmen Geschmack und eine geradezu attraktive Raumnote. Mit Abstand unser meisterverkaufter Aromat.
      Loose Cut, Aromat

  3. Axel Kern sagt:

    Früher kaufte ich jedes Jahr in Ringköping mehrere Dosen Skipper nr. 8.
    Der Laden existiert nicht mehr. Die Mischung ist offenbar nirgends erhältlich.
    Bin für Hinweis dankbar auf welche Weise auch immer diese 100 Gramm Dosen zu ergattern sind.
    Habe Ersatz gesucht, nichts adäquates gefunden !

    • Na ja, die Angaben sind ein wenig dürftig. Welcher Tabakhersteller? Was ist „früher“? Ich kenne lediglich einen Skipper Flake (Virginia, 50 g Dose), hergestellt von Dan Pipe (DTM), derzeit noch auf einigen deutschen Onlineshops erhältlich.

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