Dona Flor und ihre zwei Ehemänner
Dieses Buch, bereits 1966 vom brasilianischen Schriftsteller Jorge Amado (1912-2001) verfaßt, ist ein Muß für jeden, bei dem Genuß nicht bei Tabak und Pfeife aufhört. Wer dieser Empfehlung folgt -und damit ist er gut beraten – sollte seinen Lieblingsplatz in der Küche haben und sich dort mit Phantasie, Hingabe, Fertigkeit und einer unbedingt notwendigen Sinnlichkeit bewegen können. Es ist kein Büch über das Kochen, schon gar kein Rezeptbuch – es ist wundervolle Literatur, die aber einen gefährlichen Angelhaken hat, nach dem Gourmets sofort schnappen: Dona Flors Rezept für ein außergewöhnliches Krabbenragout.
Sieben Jahre lang war die schöne Dona Flor mit Vadinho verheiratet, einem Sausewind und Tagedieb, der seiner Frau den letzten Cruzeiro abknöpfte, um ihn beim Glücksspiel zu versetzen – und manchmal auch in Gesellschaft stadtbekannter Damen. Als Vadinho mitten im Karnevalstrubel der Schlag trifft, wird Dona Flor über Nacht zur begehrten Witwe. Eingedenk aller guten Ratschläge von seiten besorgter Freundinnen, läßt sie bei ihrer Wiederverheiratung auch die Vernunft zu Worte kommen. Für Dr. Madureiro, den pedantischen Apotheker, hat alles im Leben seinen festen Platz – auch die Liebe. Nach diesem „Rezept“ betreut er seine Gattin zweimal die Woche. Seine phantasielose Art zu lieben weckt bei Dona Flor Erinnerungen an ihren ersten Mann, den Wüstling Vadinho. So sehr sie sich gegen alle sündhaften Gedanken wehrt: oft führt sie regelrecht Zwiesprache mit dem „Ehemaligen“. Und berauscht sich immer wieder an Vadinhos Lieblingsgericht und ich hoffe, dem geneigten Leser geht es ebenso. Beginnen wir mit der im Buch minutiös beschriebenen Praxis:
„Reibt zwei Zwiebeln, zerstampft den Knoblauch im Mörser;
Zwiebel und Knoblauch verpesten nicht die Luft, meine Damen,
sie sind Früchte der Erde und duften.
Schneidet recht fein den Koriander, die Petersilie, einige Tomaten.
Den Schnittlauch und eine halbe Pfefferschote.
Vermengt alles mit Olivenöl und stellt
diese saftige, aromatische Sauce beiseite.
(Diese törichten Hühner finden, daß Zwiebel stinkt,
was wissen sie von reinen Gerüchen ?
Vadinho aß ums Leben gern rohe Zwiebeln.
Und dann brannte sein Kuß.)
Wascht die ganzen Krabben in Zitronenwasser,
wascht sie gut, noch ein bißchen, damit zwar
der Schmutz weicht, aber der Meergeruch bleibt.
Und nun würzt sie mir: taucht eine nach der anderen
in die Sauce, legt sie sodann Stück für Stück
in die Pfanne, die Krabben in ihrer Würze.
Schüttet den Rest der Sauce über die Krabben.
Aber langsam, denn dieses Gericht ist sehr empfindlich.
(Ach, Vadinhos Lieblingsgericht!)
Nehmt vier ausgesuchte Tomaten, eine Pfefferschote.
Eine Zwiebel, garniert das Ganze in Ringen darüber,
damit es schön aussieht. Laßt es zwei Stunden ziehen.
Stellt sodann die Pfanne auf das Feuer.
(Er selbst kaufte immer die weichen Krabben auf dem Markt,
er hatte dort einen alten Lieferanten….)
Erst wenn es fast gar ist, gießt die Kokosmilch darüber
und ganz zum Schluß das Dendé-Öl, kurz bevor ihr die
Pfanne vom Feuer nehmt.
(Eine bessere Feinschmeckerzunge gab es nicht)
Fertig ist dieses feine, erlesene Gericht der besten Küche. Wer es zustande bringt, darf sich mit gutem Grund als erstklassige Köchin oder Koch rühmen. Wer aber hierfür keine Begabung hat, lasse lieber die Finger davon. Nicht jeder ist ist ein geborener Künstler des Küchenherd.(Das war Vadinhos Lieblingsgericht, nie mehr werde ich ihn an meinem Tisch bedienen. Seine Zähne bissen in die weichen Krabben, seine Lippen gelb vom Dendé-Öl. Ach, nie mehr seine Lippen, seine Zunge, nie mehr sein von roher Zwiebel brennender Mund!)“
Zutaten für 8 Personen
1 Tasse reine Kokosmilch (ohne Wasser!), 1 Tasse Dendé-Öl, 1 Kilo (frische) Krabben. Für die Sauce: 3 Zehen Knoblauch, Salz nach Gefühl, Saft 1 ganzen Zitrone, Koriander, Petersil, Schnittlauch, 2 Zwiebeln oder 4 Schalotten, eine halbe Tasse Olivenöl (bestes!), 1 Pfefferschote, ein halbes Kilo Tomaten. Als Beilage: vier Tomaten, eine Zwiebel, eine Pfefferschote. Unverzichtbar ist das Dendé-Öl.
Aus eigener Erfahrung empfehle ich, dieses Gericht an einem samstäglichen Spätnachmittag zu bereiten, die weiblichen Gäste können sich während der Zubereitung mit dem Büchlein beschäftigen und finden so die sinnliche Vorbereitung, der Anteil der männlichen Teilnehmer an diesem Mahl sollte auf 1-2, den Hausherrn und Koch eingeschlossen, beschränkt bleiben. Macht einfach mehr Spaß. Die Krönung kann noch aufsetzen, wer zum späteren Desert mit der gleichnamigen Verfilmung aufwarten kann, in der die atemberaubende Sonia Braga die Titelrole spielt.
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