Die Rockgitarre ist tot – Zeit war`s, oder nicht?
Die Rockgitarre ist tot – endlich!
Nun ist sie den Weg alles Irdischen gegangen. Sie, die sich gut 100 Jahre lang unangefochten als Königin im Reich von Rock, Blues und R&B gerieren konnte, der sich alle anderen Stimmen, bis auf die menschliche, unterordnen mußten. Sie hat alles gesagt, alle Höhenflüge und Erniedrigungen erleiden müssen, jeglichen technischen Schnick-Schnick mitgemacht, ist von einer Abermillion ton- und melodieloser Frickel-Frackel Musiker vergewaltigt worden, die Tonnen von Pedalboards, so zahlreich mit Effekthaschern bestückt, daß nur noch eine App den sinnvoll erscheinenden Einsatz möglich macht, mit denen so unsäglich viel Geräuschmüll erzeugt wird. Hat die Flippers, Ricky King und Freddy Quinn überlebt. Verloren gegangen das Streben nach dem originären Klang, nach Seele von Korpus und Zarge, nach dem sensiblen Schwingen des ganzen Instrumentes. Einheit von Künstler und Gitarre, Alleinstellungsmerkmale und untrügliche Wiedererkennung? Das sind nur noch Raritäten in einer Zeit, in der junge Hörer nicht einmal mehr den Begriff R&B richtig deuten können.
Was gab es in den 1950/60/70/80er Jahren für atemberaubende Entwicklungen im Instrumentenbau, in der Spieltechnik. Duane Eddy, Les Paul – die Pioniere. Chet Atkins, von dem Mark Knopfler noch lernen konnte, das Vorbild Hank Marvin.
Was soll nach Hendrix , Clapton und Peter Green, nach BB King, Jimmy Page und Mark Knopfler, nach den Erfindern des Dual Leads – Andy Powell und Ted Turner (Wishbone Ash) und Duane Allman und Dicky Betts (Allman Bros.), nach David Gilmour, John McLaughlin, Carlos Santana, Rory Gallagher, Joe Walsh und der herausragenden Handvoll anderer wie Ritchie Blackmore und Chris Rea, die alles zum Klingen gebracht haben, was sechs oder zwölf Saiten hergeben, noch kommen?
Diejenigen von ihnen, die noch tätig sind, verbreiten schiere Langeweile, kopieren sich wie in einer Schleife nur noch selbst. Und der wirkliche Liebhaber, der sie 40, 50 Jahre oder länger begleitet hat, fragt sich, warum Clapton, Knopfler und Santana noch Alben herausbringen, mit dem sie höchstens noch den Mainstream bedienen, wenn überhaupt. Damit meine Sammlung möglichst lückenlos bleibt, kauf ich ihre Alben weiterhin, aber stets mit einem schalen Geschmack.
Wie hat sich der einst geniale Ton von Carlos Santana in ein unsägliches Pop-Gesäusel verändert, seit er zu Paul Reed Smith (PRS) Gitarren wechselte und damit nun alle Bühnen beglückt, auf denen sich junge Künstler in seiner Bekanntheit sonnen dürfen. Musikalisch ein Friedhof, vor dem ihn nicht einmal Abraxas, Caravanserai, Welcome und Borboletta bewahren konnten.
Auch die Zeit für den gitarrelastigen, nun totgearbeiteten Südstaaten-Rock, einst ein bestauntes Vielgitarren Phänomen mit den (ehemaligen) Urgesteinen Allman Brothers und Lynyrd Skynyrd ist Schnee von Gestern.
Satriani und Vai, die seelenlos Formel 1 fahren, der hochgelobte, jüngst verstorbene Eddie van Halen, dessen stupides, lächerliche Tapping und ein paar Riffs ( ja, Sie haben Recht, ist ein wenig überzogen und der Kolportage geschuldet) schon ausreichten, um ihn von Vielen zum Gitarrengott zu stilisieren und der zeitlebens wie viele tausend Andere nicht begriffen hat, was Emotion, was Melodie ist. Posen, shredden, schrillen. Und alles hat nur eine geringe Halbwertzeit.
Jahrelang habe ich Gitarrenmusik und Gitarren gesammelt. Neulich, im Kreise von zwei Gleichgesinnten, haben wir uns und die guten alten Zeiten bejammert. Der Bordeaux war erstklassig, Zigarren und Tabak sorgten für die stimmungsvolle Dichte und dafür, daß die Sinne immer bedrückter wurden. Was für ein musikalisches Elend. Ja, sicher, Joe Bonamassa ist schon ein schier unbegreiflicher Gitarrist, wie es derzeit keinen zweiten gibt, aber er ist am Ende, was Ideen angeht. Das neue Album Royal Tea macht es deutlich. Kenny Wayne bringt schönen, unprätentiösen Blues und R&B mit richtig Druck, rotzig-clean, aber – mit wenigen Ausnahmen – nichts wirklich Neues. John Mayer, einst ein von Clapton gefördertes Hochtalent, ist zum Schnulzensänger hinabgestiegen. „Leg doch mal „Flight over Rio“ von Al Di Meola auf, das bringt ein wenig Frische in unsere Runde“ so ein Vorschlag. Aber nein, geht ja nicht, ist doch Fusion Jazz und nicht Rock. Und das Thema war schließlich genau dieses nicht. Ja dann ……
Ich hatte es, das Album, das uns dahin bringen konnte, wonach der eigentliche Sinn stand. Archaische Bühnenmusik, ohne Synthi, ohne Schnörkel, völlig unzeitgemäß. Vier Mann und ein Befehl …. und immer noch reichlich Bordeaux.
Als Stevie Ray Vaughan (SRV) tödlich verunglückte, ging das texanische Blueswunder zuende, was folgte, kaum mehr so zu bezeichnen. Johnny Winter war nie wirklich dominant und das Glimmertrio ZZ Top sich ständig replizierend beim Gitarren-Pop gelandet. Die Austin-Houston-Dallas-San Antonio Texas Blues Quelle war versiegt.
SRV gab mir dann die Anregung: Doyle Bramhall II, der Sohn des großen Songschreibers Doyle Bramhall, deshalb die römische Zwei. Der Junior hatte schon bei den Fabulous Thunderbirds, der Band von Kim Wilson und dem SRV Bruder Jimmy Vaughan gespielt, während der Senior zahlreiche Hits für SRV und dessen Band Double Trouble schrieb. Als der abstürzende Hubschrauber Stevie Ray 1990 geradewegs in den Himmel sandte (bestimmt!), hing Double Trouble in der Luft. Und nach kurzer, orientierungsloser Zeit, rafften sich 1991 Gitarrist und Sänger Doyle Bramhall II, Bassist Thommy Shannon und Schlagzeuger Chris Layton – also Double Trouble, ergänzt um den Gitarristen und Sänger Charlie Sexton- auf und gründeten die Band ARC Angels, die bis 1994 bestand und sich 2009 noch einmal zu einem grandiosen Live Konzert in Austin einfand: Living in a Dream.
Das genau war`s. Nach all dem bestaunenswerten Technik-Hype, den Übertönen, dem Stadiongerumse der großen Gitarrenbands in den 1980ern – der einfache, trockene, emotionsvolle Bluesrock. Keine Soli-Orgie, sondern das Ineinanderfliessen von Rhythmus und Melodie, jeder Song eine instrumentale Einheit, ein Monolith. Wunderbare Variationen in der Struktur. Also das sollten Sie sich anhören. Nicht auf dem iPhone und nicht über das schicke Bluetooth-Raumklang-Böxchen mit seinen verbogenen Equalizer Automatismen. Nein, über ein wuchtiges HiFi-Besteck, das Druck für Ohren und Bauch erzeugt. Und bestellen Sie sich gleichgesinnte Gesellschaft ein und verzichten Sie keineswegs auf einen ebenso wuchtigen Bordeaux …….. bei Tabak und Zigarren haben Sie freie Wahl.
Meine Freunde und ich hatten Ihnen gegenüber einen gewissen Vorteil, denn wir kannten das ARC Angels Album seit vielen Jahren. Das audiale Wohlgefühl stellte sich sofort wieder ein. Wenn das für Sie Neuland ist, dann wird vielleicht nicht gerade beim ersten Hören Verständnis für unsere Begeisterung aufgebracht. Seien Sie versichert, nach dem „Zweiten hört man besser“ und sind Sie einmal in den Sog des Klangs geraten, verstehen Sie, warum ich Ihnen heute dieses antiquierte, wie aus der Zeit gefallene Album vorstelle. Es ist ein „echtes“ Livealbum, ohne nachgefügte Overdubs und Samples und weiß der Henker, was uns heute so alles als live angeboten wird. Das heißt aber auch, daß es bei der Aufnahme durchaus Abstriche an die Tonqualität geben kann. Für mich zählt das ausnahmsweise hier nicht, denn das Gesamthörbild dieses Konzertes wiegt alles auf. Das ist Sound pur.
Also gut: ja, die Gitarre wird doch noch gebraucht.
Vielleicht lassen Sie bei Gelegenheit einmal hören, ob Sie unsere Stimmung nachvollziehen konnten. Wir haben uns jedenfalls vorgenommen, uns bald einmal wieder zum Thema „Jazz Gitarre oder die Gitarre im Jazz“ zusammen zu finden, dann aber vielleicht mit einem oder zwei Barolos.
Ich kann mir das überhaupt nicht vorstellen, dass es nicht wieder den einen oder anderen Spitzen-Gitarristen geben sollte … Ein paar ganz Große von damals haben ja auch keine Erwähnung gefunden. Was ist zum Beispiel mit Slash? … Da fällt mir noch eine Anekdote ein. Ein Reporter soll einmal Eric Clapton gefragt haben: „How does it feel, to be the best Gitarrist in the world?“ Er soll mit den Achseln gezuckt und geantwortet haben: „I don’t know, ask Prince“
Nachtrag: Überhaupt keine Frau auf der Liste dieser Gitarrist*innen? Ich lasse dann mal den Namen „Nita Strauss“ fallen …
Eine Liste der Großen aufzustellen, ist eine Aufgabe für Referendare oder Praktikanten, die können sich ein paar Wochen damit beschäftigen …… mal sehen. Du hast Recht, die Erwähnungen sind lückenhaft, aber es gibt bereits genügend name dropping in dem Artikel.
Und das mit Prince ist glaubhaft, man höre sich nur seinen Beitrag im „Concert for George (Harrison)“ bei While my Guitar Gently Weeps an – ab 3:30. Meine vier bevorzugten Gitarristen habe ich ebenfalls nicht erwähnt … Snowy White, JJ Cale, Peter Stroud und Geoff Whitehorn, aber es gibt noch 100 andere für meine private Liste, wobei die meisten aus dem Jazz Lager stammen.
Hallo Alex,
das ist ein guter Einwand! Ich glaube jedoch, ähnlich wie Bodo, nicht, dass es noch mal zu einem Maßenphänomen ausgelöst durch eine gitarrendoninierte Band oder Künstler kommt. Dazu sieht es im Mainstream doch recht düster aus, was das angeht. Aber in der Nische gebe ich dir recht. Da gibt es viel Talente. Hoffen wir, das ich und Bodo uns irren, und demnächst was spannendes passiert!
… und Joanne Shaw Taylor, Susan Tedeschi und und , @Alex: ich konnte nicht auf jeden womanizer eingehen.
Lieber Bodo,
als Schalgzeuger (allerdings eher im Jazz unterwegs) und Musiklehrer, sowie einem gitarrespielendem Bruder mit reichlich Bluesrock-Hintergrund, kann ich dir in weiten Teilen folgen und zustimmen. Die Zeit der Gitarrenbands im Maintream ist wohl endgültig vorbei! Ich würde zu deiner Liste noch John Hiatt hinzufügen wollen. Seine Songs werden sehr oft von sehr viel bekannteren Künstlern gecovert. Der Herr ist ja aber auch schon an die 70.
Allein Martin Miller, oder Phill X würde ich derzeit im E-Gitarrenbereich als vielversprechend bezeichnen. Wobei ersterer ja doch wieder eher im Fusion zuhause ist. Wir echte Gitarrenkunst sehen will, sollt einen Blick auf dne Fingerstyle richten. Da insbesondere auf Tommy Emanuell. Da hat man sein Freude dran. Hier einige Beispiele:
https://www.youtube.com/watch?v=cQWLXe6KgXs
https://www.youtube.com/watch?v=O1QV0b-Yy5M
https://www.youtube.com/watch?v=S33tWZqXhnk
Wobei letzterer hin und wieder auch elektrisch kann:
https://www.youtube.com/watch?v=s78WCIJD734
DIe zukunft der Rock-Gitarre wird wohl in der Nische zu suchen sein. Denn schaut man sich die aktuelle Mainstream Musik an, kann es ja nicht elektronisch und gesampelt genug sein! Darunter leidet übrigens auch der Schlagzeuger. Echtes Rock/Pop Drumming al a Aaron Comess oder eines Abe Laboriel jr. hört man heute doch recht selten.
Herzliche und musikalische Grüße
Jürgen
ach Jürgen, da zeigst ein weiteres Trauerspiel auf – die Drummer. Wer und wo hört man noch Simon Philipps, Terry Bozio, Ainsley Dunbar, Mike Shrieve oder Graham Lear und zig andere? Vinnie Colaiuta kommt ab zu noch vor, bei Jeff Beck z.B. Im Jazz sieht das zum Glück gänzlich anders aus …….
Absolut! Und ich muss dan im Unterricht die immer gleichen Sample für irgend eine Rap-Nummer zerlegen bzw. einen Drum Part aufbauen. Denn oft hat das zu hörende mehr mit einer Aneinanderreihung von Geräuschkulissen zu tun. Nach dem Motto: Wir greifen blind in die Sample Bibliothek und bauen uns daraus einen „Groove“. Es sei hier Mark Foster als abschreckendes Beispiel genannt. Der letzte Drum Part im Pop, der mich begeistert hat, ist dieser hier: https://www.youtube.com/watch?v=Cwkej79U3ek
Hier speilt Abe Laboriell an den Drums, Lee Sklar am Bass und Luis Conte an der Percussion. Die Gitarre bedient hier Gerry Brown, wenn ich mich nicht irrre. Und das ist jetzt auch schon wieder 16 Jahre her. DEi von dier zu Recht geannten Drummer findet man, wie cih schon sagte, leoider nur noch in ihrer jeweiligen Nische.
Nita Strauss spielt digitale Bodentreter und ist allein deshalb schon disqualifiziert 😀
Ansonsten bin ich komplett anderer Meinung. Der Markt hat sich verändert und ist breiter geworden. Das Kunstwerk „Album“ hat zur Zeit eine Flaute, da die Konsumenten eben genau keine „Anlage“ mehr haben und keine Muße sich mehr als 10 Minuten auf einen Hörgenuss zu konzentrieren. Im Privaten geht es mir ja selber so. Das spiegelt sich auch wider im Hochhalten von Smartphones auf Livekonzerten. Es hat sich genau das breit etabliert, was die Ur-Bayern früher asiatischen Touristen vorgeworfen haben: alles fotografieren und filmen, damit man daheim schauen kann wo man war (und zwar bloß nicht als langweilige Diashow, sondern in Schnipseln weniger Sekunden bis Minuten).
Mir sind auch in anderen Bereichen Künstler bekannt, die sich neumodischem Kram wie youtube widmen *hehe*
VG bemi
… sich der neuen Firmware Version auf seinem Kemper widmend *PFUIIIII*
Bemi, Bemi …. Du und Kemper, ein Grauen! Aber das ist bestimmt aus Deinem beruflichen Umfeld zu Dir geflogen. Nein, natürlich sind Pedal Boards nicht per se disqualifiziert, aber wenn ich mir so manche „Bühnenauslage“ mit riesig langen Boards anschaue, dann muß ich immer lachen und ziehe mir schnell Ladi Geisler rein …..
Der hier wäre wohl besser Organist geworden ….
ganz ehrlich: der Kemper fühlt sich sehr wohl neben Fender, Supro, Palmer, Joyo „Röhrenanalogkemper“ und div. Corona Eigenbau Vollröhrenamps (deren Energie meist, zumindest teilweise, im TwoNotes Captor X verheizt wird *PFUIIIIII*). Und die Kiste inspiriert mich ungemein, obwohl ich ursprünglich genau das Gegenteil befürchtet hatte. Man kann digital rumspielen und in die Tiefen des digitalen Wahnsinns abtauchen, aber man kann auch einfach – ohne ein Kabel zu stöpseln – einen virtuellen Tubescreamer (und seit gestern als Beta User auch viele andere Overdrives) vor einen virtuellen Fender Twin hängen und drauf los spielen (auch wunderbar und vor allem über Kopfhörer, versteht sich *PFUIIII*). Sobald es langweilig wird, wechselt man mit einem Klick den Amp oder die Box. Um das live einzusetzen muss man sich gewaltig vorbereiten, das ist klar. Deshalb spiele ich live (was bisher sehr selten war) einen Blug Amp1 (Class D *PFUIIII*). Gitarre direkt anstecken, Deeflex vor die Box, los geht’s. Kann ich (nicht nur allen Jungstars) uneingeschränkt empfehlen. Nur dran rumbasteln kann man leider nicht; geht aber bei aktuellen Röhrenamps von der Stange auch nicht mehr so leicht.
Egal welche Technik im Einsatz ist muss ich dich enttäuschen: aus mir wird leider kein Gitarrengott mehr 😀
Doch, es gibt sie noch!! Da ich nicht nur Klassik höre, sondern auch gerne andere Stilrichtungen, hier mal ein kleiner Tipp. Klaus Heuser Band – vermutlich sagt das nicht vielen von Euch etwas. Klaus war „der“ Gitarrist von BAP. Vor Corona war er mit der Klaus Heuser Band unterwegs und hat wunderbare Club- und andere Konzerte in kleinem Rahmen gespielt. Ich war mittlerweile auf mehreren Konzerten, es ist jedesmal ein Erlebnis. Es gibt auch mehrere CD’s mit wirklich richtig guter, handgemachter Musik. Seine Gitarrensoli sind ein absoluter Traum. Ein paar Beispiele habe ich mal angefügt. Auf Youtube gibt’s auch komplette Konzerte. Viel Spaß beim Hören….
https://www.youtube.com/watch?v=OKAHuIquK3I
https://www.youtube.com/watch?v=KKtsB6VuKiY
Servus Wolfgang, den Major habe ich schon immer im Visier ….. seit der 2013er Men in Trouble und bis heute höre ich ihm immer wieder gerne zu – auf dem Plattenteller natürlich. Leider kam er nie bis München und heutzutage …… .
Vielleicht kanntest Du ihn, den 2007 verstorbenen Rainer Baumann, bekannt geworden durch seine Mitgliedschaft bei Frumpy. Ein deutscher Ausnahmegitarrist, von dem es drei hörenswerte Alben gibt, darunter das ausgezeichnete „Adoring Jimmy Reed“ aus dem Jahre 1982. Nach seiner aktiven Zeit wirkte er jahrelang als Lehrer und Dozent. Für mich zählt er – wie übrigens auch Matthias Jabs von den Scorpions – zu D E N deutschen Topmusikern. Wie ein Carl Carlton, der komische Marcus Deml, Thomas Blug, Freischlader. Und einer, der mal alle überragte und heute als Top-Berater in der Musikindustrie arbeitet: Abi von Reininghaus aus München.
Sehr schöner Beitrag, Bodo. Ich kann mich noch an Zeiten aus meiner Jugend erinnern, wo wir uns stundenlang über Gittaristen und ihre Eigenarten unterhalten haben. Schon alleine die Namen der Bands zu nennen, die einen herausragenden Gittaristen beschäftigten, verlangte uns sehr viel Zeit und Überlegungen ab. Wenn man jetzt mal die Jazz-, Blues-, Country-, die Flatpicker und die Fingerstyle Gittaristen außer acht läßt, und sich nur auf die Rockgitarristen konzentriert, dann ist alleine hier schon das Feld an Spitzengittaristen unüberschaubar. Im Laufe der Zeit hat dann Vorlieben für bestimmte Künstler entwickelt, deren Laufbahn man dann gerne über längere Zeit mitverfolgt hat. Deine von dir erwähnten Gittaristen haben alle meine vollste Zustimmung. Ich als alter Hippie möchte aber die Wetcoast guitar heroes wie Jerry Garcia, Jorma Kaukonen, John Cipollina und Randy California hervorheben. Ein ganz Großer vor dem Herrn ist Frank Zappa, den ich, fragt mich einer, für einen der kreativsten halte. Da gibt es so viele zu berücksichtigen und es war eine Freude, auf Grund deines Artikels, die tolle Zeit der Guitar Heroes noch einmal Revue passieren zu lassen.
Lieber Bernd, als ich die Idee hatte, meine „Freundes-Session“ in einen Artikel zu fassen, hatte ich genau diese Vorstellung aus längst vergangenen Jugendzeiten vor Augen: man saß zusammen und hörte die neuesten LPs, verzweigte zu vorausgegangegen Scheiben, stellte Vergleiche an, diskutierte und legte eins ums andere auf. Es gab kein Internet, in dem man schnell nachschlagen konnte. Aber jeder wußte alles und in den Plattenläden gab es immer einen Verkäufer, er auf Gott und die Welt spezialisiert war. Waren das Zeiten. Westcoast: hänge an Deine Favoritenliste noch Stephen Stills, die Gitarristen der Eagles und hier vor allem Joe Walsh.
Lieber Bodo!
Die Rock – Gitarre ist tot! – Ein Thema über das es sich wirklich lohnt ein wenig zu fabulieren, auch wenn ich vielleicht nicht der ideale Mann für dieses Thema bin – denn meine Liebe gehört seit den späten Sechzigern – dem Blues! Und ohne das Johannes Evangelium strapazieren zu wollen: Am Anfang war der Blues! Dabei denken viele an die Bars der Sechziger in denen nach Mitternacht nur mehr leise Schleicher aus der Juke Box kamen und eng verschlungene Paare durch die von Bierdunst, Zigarettenrauch und östrogen- und testosterongeschwängerte Luft schlurften. Aber was da aus den Automaten mittels 45iger Single tönte, waren meist bereits die marketing – technisch aufbereiteten Spielarten ein und derselben Musik. Aber der Blues war keineswegs nur langsam, todtraurig und nervenaufreibend – es gab auch die flotteren Versionen (Elmore James z.B. „Shake your moneymaker“) und aus diesen „schnelleren“ Versionen entwickelten sich 3 Stilrichtungen die einen unüberbietbaren Vorteil hatten – sie waren absolut „tanzgeeignet“: Der Rhythm and Blues, der Boogie Woogie und der Rock and Roll. Die Grundschemata von Tonika, Subdominante und Dominante blieben fast gleich, der Rhythmus ein wenig anders akzentuiert und vor allem streng durchgehend wegen der Tanzbarkeit. Da kamen dann Bill Hailey, Chuck Barry und viele andere und last but not least Elvis! Was hat das jetzt mit der Rock-Gitarre zu tun? Nun gut: Nicht nur dass viele der damaligen Rock & Roll Stars einfach Gitarristen waren – das Instrument war eben bestens geeignet im Verbund mit den Schlagzeug jene Rhythmen zu erzeugen, die die damalige Jugend veranlasste das Tanzparkett zu stürmen. Der Rest ist dann Geschichte: 2 britische Pop Bands bedienten sich ordentlich in diesem Fundus: 1962 spielten die Beatles im Hamburger Star Club „Roll over Beethoven“ (Chuck Berry). Die Rolling Stones waren eher auf der „bluesigen“ Seite und coverten und klauten von Muddy, Waters Willie Dixon, Robert Johnson und vielen anderen mehr. Die Gitarren- Künste von John Lennon und George Harrison fielen schon damals kaum auf – die einzelnen Nummern waren einfach zu sehr auf den mehrstimmigen Gesang der Fab Four aufgebaut. Anders bei des Stones: Was Brian Jones und Keith Richards auf ihren Klampfen zelebrierten war Kult! Und jetzt kommt mein einziger Kritikpunkt an deinem sonst ausgezeichneten Beitrag, lieber Bodo: Du hast Keith Richards nicht erwähnt! Nun man kann über Keith Richards geteilter Meinung sein. Er spielte manchmal falsch, öfters außerhalb des Taktes, was aber manche Musikwissenschaftler als typisches Soundelement der Stones betrachten: Die Zeitdifferenz zwischen Schlagzeug und Rhythmusgitarre erzeugt eine Spannung die manchmal ihresgleichen sucht. Ob das nun gewollt ist oder auf eine gewisse Reaktionszeitverzögerung auf Grund des immer mit dem Betäubungsmittelgesetz auf Kriegsfuß stehenden Keith Richards zurückzuführen ist, wage ich nicht zu beurteilen. Aber er war einer der ersten Rock Heroes und…….er lebt und spielt noch immer!
Resümierend kann ich sagen: Man kann Pop oder Rock auch ohne Gitarre spielen (Elton John, Jerry Lee Lewis….)…………aber keinen Blues!!!
P.S. an Bodo: Such in deinem Fundus mal nach „Going down slow“ von Duane Allman (An anthology) und horch mal wie Duane ins Solo „einsteigt“ (Normale Gitarristen beginnen einfach ein Solo) – das kann nicht tot sein!
Servus Manfred,
danke für Deine Gedanken zu diesem Thema, das man in der Tat nicht unter einer plakativen Überschrift, wie ich sie gewählt habe, letztgültig behandeln kann, das lag mir auch nicht im Sinn. Zugegeben, provokant und arrogant :)) war meine Intension, zum Nachdenken, zum Gegenreden, zu kontroversen Entgegnungen anzuregen. Oder zur Schilderung von Lesern, wie sie die musikalische Entwicklung erlebt haben und welche Schlüsse sie für sich daraus ziehen, so wie Du es aufzeigst.
Vor 1963 war ich im Blues und Rock & Roll, im Jazz gefangen, das war meine musikalische Welt, auch aus Trotz gegen die in unserer Familie tagesdominante Klassische Musik, die mich aber seit Äonen wieder eingeholt hat. Mit Beatles und Stones und allen anderen Beat- und R&B Bands der Insel trat eine wichtige Wendung ein, der Blickwinkel zum Gehörten erfasste plötzlich auch Instrumente, Technik und Spieltechnik. (und selbstverständlich Mode, Journale und das Medium Radio und Schallplatte, heute so schnöde einfach „die Medien“ genannt). Von Anfang an waren mir Beatles und Stones gleichermaßen wichtig, in der feinen Unterscheidung, die Du gemacht hast. Ja, Brian Jones und Keith Richard waren Tonmeister auf ihren Gitarren, sie haben Ton-Emotionen erzeugt und alles, was heute vielleicht bei Herrn Richards als „schräg“ angesehen wird, war pure Magie, nur wußte man es nicht, aber die unbestimmte Empfindung war da. (Wer kam damals schon auf den Gedanken, bei einem 6-Saiter einfach eine Saite wegzulassen und ein open tuning zu verwenden, auch wenn die Ursache vielleicht zunächst eine andere war, das Ergebnis zählt.)
Für mich die interessanteste und musikalischste Phase der Stones nach den R&B und Blues Anfängen war die mit Mick Taylor, der seinen Einstieg in die Topliga bereits 1968 bei John Mayall auf „Blues from Laurel Canyon“ manifestiert hat, ein Album, das wir auch im Playlisten Pool des Pfeifenblogs unter „MüRu must have“ hörbar gemacht haben. Ähnlich, obwohl als Darbietung völlig anders als bei Duane Allman, sticht hier der Anfang bei „The Bear“ hervor, der nach einem fast psychodelischen Beginn in einen Allman-typischen Lead-Part führt.
„Blues from Laurel Canyon“ ist ein Highlight im Ouevre von John Mayall. 1968 machte sich Mayall auf, um die Band Canned Heat, die ihre Zelte im Laurel Canyon, California aufgeschlagen hatte, zu besuchen und mit ihnen zu jammen. Der Song „The Bear“ ist eine Hymne auf den Sänger der Band John Hite, der wegen seines enormen Körperumfangs „Bear“ genannt wurde. Leider schon viel zu früh verstorben, genau wie der spirituelle Kopf der Gruppe Al Wilson. Was Mayall und Canned Heat verbindet ist der extreme Verschleiß an guten Gittaristen. Bei Canned Heat spielten unter anderem Henry „The Sunflower“ Vestine, Stan Webb, Mike „Hollywood Fats“ Mann, Walter Trout, Junior Watson, Harvey Mandel und Robert Lucas, um nur die bekanntesten zu nennen.
Hallo Bodo – liebe Pfeifenfreunde. Bevor dieser Beitrag noch geschlossen wird, möchte ich auf das Thema noch zurückkehren: Die Rock Gitarre ist tot – bislang ist aber nur von den Gitarristen die Rede gewesen – wo bleiben die „Besteck“ Fetischisten? Was ist mit der Gerätschaften mit denen die Heroen ihre Musik zelebrierten? Meines Erachtens nach waren es eigentlich nur 4 Gitarren die ca. 75% der Gitarristen bevorzugten: 2 von Gibson und 2 von Fender: Da ist einmal die berühmte Stratocaster, von Leo Fender ursprünglich genauso wie ihre Schwester die Telecaster, erdacht und gebaut um erschwingliche Modelle auf den Markt zu bringen und die zahllosen Garagen Bands damit auszustatten. Der Korpus – ein einfaches Brett ursprünglich weiß, schwarz oder rot lackiert und der Ahornhals geschraubt und nicht geleimt (leichtere Serienfertigung). Trotz der bescheidenen Materialien waren diese Gitarren schnell in den oberen Preisklassen angelangt: Eric Clapton spielte die „Strat“ über seinen ganzen Karrierezeitraum aber so richtig berüchtigt wurde sie durch Jimi Hendrix, der in seiner kurzen Laufbahn nur sehr selten ein anderes Modell malträtierte und schließlich anzündete. Die Telecaster, die auch heute noch aussieht wie ein zu früh auf den Markt gelangter Prototyp, wäre eigentlich als Jazzgitarre gedacht gewesen aber den damaligen Jazzern gefiel der leicht schrille Sound nicht und sie blieben bei ihren Archtops. (hauptsächlich von Gibson – wie die legendäre L5) Dafür bemächtigte sich die Country Rock Szene dieser Gitarre – ihr berühmter scheppernder „Twang“ ist noch heute ein unerlässliches Markenzeichen aber die Liebhaber dieser Gitarre gehen quer durch die Musikszene vom soliden Pop-Rock (Bruce Springsteen, Keith Richards) über den Blues (Albert Collins) bis zum Jazz (Bill Frisell) – und nun zum 2ten Duett: Das Gibson Modell „Les Paul“ ist die Rockgitarre schlechthin (obwohl sie mit Hilfe eines Jazz Musikers, Les Paul konstruiert wurde.) Sie ist auch wahrscheinlich die am meisten kopierte Gitarre in der Pop Musik. Der Korpus ist aus schwerem Mahagony, wie auch der verleimte Hals und die massiv ausgeführte gewölbte Decke je nach Preisklasse aus Balken- oder Wolkenahorn. (Von Class A bis AAAA?) Zum Unterschied von den Fender Modellen, die Single-Coil Tonabnehmer haben, sind auf der Gibson Humbucker verbaut, die weniger zum „Feedback“ neigen und einen vollen warmen Klang produzieren. Die vierte – last not least ist die legendäre Gibson ES 335 – die einzige Halbakustische (semi-Hollow) in diesem Quartett. Sie hatte ihren legendärsten Auftritt 1969 in Woodstock – Alvin Lee spielte das Rock&Roll Medley „I’m going home“ auf einer rot lackierten ES 335 mit aufgeklebtem „Peace Zeichen“. Allein über diese beiden Firmen gäbe es viel zu erzählen – Leo Fender, mittlerweile verstorben, verkaufte seine Firma und durfte daher seinen eigenen Namen nicht mehr als Firmennamen verwenden. Er blieb aber der Popszene erhalten und baute Gitarren unter dem Firmennamen Music Man und zuletzt als G&L. Die Firma Gibson glänzte in den letzten Jahren durch schlechte Fertigungsqualität und geht jetzt anscheinend im Halbjahresrhythmus in Konkurs. So verschieden die Konzepte der beiden Gitarren-Firmen auch waren, sie hatten eines gemeinsam: Originale Amerika Fertigungen waren immer sauteuer!
Ich hoffe dass der eine oder andere sich zu Wort meldet und protestiert, denn da wären ja noch Ibanez, Gretsch, Rickenbacker, Epiphone….usw usf. Aber die beste Gitarre ist für mich die, die ich gerade spiele……
Servus Manfred, verehrte Leser-Hörer,
vorweg: dieser Artikel -wie alle anderen im Pfeifenblog – werden nie nicht geschlossen. Also keine Sorge.
Ja, das „Besteck“, das ist heutzutage ein überweites Feld, dabei hat es doch so simple und einfach begonnen …. und dennoch waren alle zufrieden und haben tolle Musik gemacht. Einfache Leute wie ich haben einfach „einfach“ angefangen. Erst gab es das Philips Philetta Röhrenradio, dem aber ganz schnell das kleine 8 w Röhrentop von Dynacord, gefolgt von einer Selmer Röhrencombi und bereits 1963 konnte ich mir durch Ferienarbeit auf einem niederrheinischen Kartoffelacker einen VOX AC 30 leisten, den ich heute noch besitze. Zwei Jahre später gesellte sich ein Fender 1959 Bassman LTD 4×10 dazu und dabei blieb es jahrelang, Ausflüge zu Hiwatt und Orange wurden schnell wieder abgebrochen und als dritter kam später ein Mesa Boogie Mark I Top hinzu. Von Rivera, Matchless, Randall, Soldano, PRS, Kendrick, 65Amp, Diezel und Engl war noch keine Rede. Aber zurück zu den Gitarren. Wichtige Gitarristen, die man heute als Protagonisten der Gibson Les Paul kennt, haben mit einem anderen Model, nämlich der SG begonnen. So z.B. Peter Green, Eric Clapton, Carlos Santana, Frank Zappa, Mick Taylor, Jerry Garcia, Duane Allman und Dickey Betts, Jimmy Page von Led Zeppelin besaß eine SG Doppelhals, die 1975 gebaut wurde und davon gab es so seltsame Varianten wie eine SG Double Neck, deren unterer Hals der einer Fender Telecaster war. Über Fender, Epiphone, Gretsch, Guild und Heritage will ich mich hier nicht auslassen, das würde den Rahmen des Pfeifenblogs sprengen.
Gibson SG von Angus Young, AC/DC
Auch in Deutschland existierten in den 1960/70ern bei E-Gitarren schon ein paar außerordentliche Innovationen, von den erstklassigen Höfners mal abgesehen. Eine Kuriosität war die Dynacord Cora mit 3 Tonabnehmern und dem damals in Deutschland unvermeintlichen DIN-Stecker, das war 1965.
Ich möchte nur noch zwei Ausnahmegitarristen kurz erwähnen, die eine besondere Einstellung zu ihren Instrumenten haben. Das ist einmal Snowy White, der zeitlebens bis zu ihrem Verkauf vor einigen Jahren überhaupt nur eine Gitarre besaß, eine 1957 Les Paul Goldtop sowie Chris Rea, der auf einer ganz billigen Italia Maranello Phantastisches zustandebrachte… und immer noch bringt.
Ein sehr schönes Beispiel, wie unterschiedlich die wohl bekanntesten Gitarren des Rock und Blues klingen und wie sie sich wundervoll ergänzen können, wenn Meister auf ihnen spielen, zeigt der folgende Ausschnitt eines Roger Waters Konzertes. Bei dem Pink Floyd Song Comfortable Numb bilden Doyle Bramhall II (Linkshänder Fender Stratocaster) und Snowy White (Gibson Les Paul Goldtop 1957) das perfekte Duett, erst solo und dann miteinander.