Die Bagdadbahn | Kaiser, Osmanen und Geheimdienste – ein Serial, Teil 1
Der koloniale Traum war für das deutsche Kaiserreich längst ausgeträumt. Wilhelm II allerdings noch erfüllt von deutscher Großmannssucht, imperialen Wahnvorstellungen und hegemonialen Phantasien, die nicht weiter entfernt von der Realität waren als der monströse Aufrüstungsplan für die Marine. Ziel war einmal mehr das Britische Empire–trotz enger verwandschaftlicher Verflechtungen. Königin Victoria war immerhin die Großmutter des Kaisers, verstarb 1901 gar in seiner Anwesenheit. Der Nahe Osten fest in Britischer und Französischer Hand, zumal das Osmanische Reich schon zerfallen war und die Hohe Pforte in Konstantinopel, das ehemalige machtpolitische Zentrum eines Reiches, in seiner Blütezeit unter Süleyman I. (1520-1566) die beherrschende Weltmacht im Östlichen Mittelmeerraum, dem Maghreb und Mesopotamien, hochverschuldet und von französischen und britischen Banken abhängig war. Man sprach vom kranken Mann am Bosporus.
Zwar war die Landmasse des Osmanischen Reiches um 1866 zumindest auf der Weltkarte unter Sultan Abdülhamid II. noch eine sehr beachtliche, allerdings hatten neben dem ägyptischen Statthalter Muhammad Ali Pascha (1770-1849) und dessen Nachfolgern, den Franzosen und Engländern und dem erstarkten Zarenreich längst andere Mächte großen Einfluß gewonnen.
Außen vor: das Deutsche Reich, das sich in der Südsee und im süd-westlichen Afrika mit kleinen kolonialen Erfolgen zufrieden geben mußte. Als Wilhelm II. 1888 Kaiser wurde, führte er den Militarismus zum alles bestimmenden Faktor seines präpotenten Deutschtums und zu einer Blüte, die 30 Jahre später ins Desaster führte.
Die deutsche Wirtschaft entdeckt das Osmanische Reich
Als im osmanischen Irak die ersten Erdölquellen entdeckt werden, haben sich deutsche Banken und Industrielle bereits lange vor den Briten um eine Nutzung bemüht. Der aufstrebende Handel zwischen dem Deutschen Reich und der Pforte, bisher außenpolitisch eher unbeachtet und von geringer Bedeutung, wurde allerdings von Franzosen und Briten schnell weitsichtiger bewertet, als im gesamten Nahen Osten und der arabischen Halbinsel zunehmend Erdölfelder entdeckt wurden. Eine technische Revolution wurde durch die neue Energie eingeleitet, die die Welt rapide verändern sollte. In den 1880er Jahren verliert die Kohlebefeuerung in der Schiffahrt ihre Bedeutung, eine rudimentäre Erweiterung der Reichweite bei der Handels- und der Kriegsmarine ist die Folge. Mit Benzin (1883)- und zehn Jahre später dem Dieselmotor. Schließlich geht ohne Erdöl nichts mehr und dieses wird für die aufstrebenden Industrienationen überlebenswichtig und letztlich –wie die Geschichte zeigen wird – zum kriegsentscheidenden Faktor. Und da kommt die Bagdadbahn ins Blickfeld, um deren Bau und späteren Betrieb ein Ränkespiel der Sonderklasse entsteht, dessen Auswirkungen bis in die heutige Zeit reichen. [wird fortgesetzt]
2 Antworten
[…] mich ein unglaublich herrlicher Duft von orientalischen Tabaken umströmte, wähnte ich mich in der Bagdadbahn sitzend, in angeregter Konversation mit levantinischen und arabischen Mitreisenden, den Mokka […]
[…] habe ich vor einigen Jahren die Beschreibung eines englischen Reisenden über eine Fahrt mit der Bagdadbahn von Konya nach Aleppo gelesen, in der er ausführlich und anregend erzählt, wie er in einem […]