Two of a perfect Pair: McConnell Notting Hill und Oxford Street

Ich habe ein gewisses Faible für die vorgeblichen „Mauerblümchen“ unter den Tabaken, besonders bei Dunhill und seinen Nachfahren. Jenseits der vielgerühmten und vielgerauchten Early Mornings und 965er, die ich persönlich gar nicht soo toll finde, gibt es und gab es für mich immer echte Schätze bei den weniger frequentierten Mischungen zu entdecken. Der Aperitif mit seinem Feuerwerk an Geschmacks-Nuancen etwa, oder der wunderbar blumig-vielschichtige Durbar zum Beispiel, die die etablierten My Mixture 965 und London Mixture mehr als locker in die Tasche stecken.

Hier möchte ich von zwei weiteren „unscheinbareren Mixtures berichten. Keine von beiden ist in irgendeiner Weise „vielschichtig“ oder entwickelt während des genussvollen Verqualmens auch nur entfernt multidimensionale Überraschungen. Ganz im Gegenteil. Beide Tabake sind vergleichsweise einfach gestrickt und bleiben beharrlich beim einmal angeschlagenen Tonfall. Es ist die Rede von zwei Tabaken aus der „Heritage“-Reihe von McConnell, die ja insgesamt als Nachfolger / Nachbauten der derzeit nicht erhältlichen Dunhill-Klassiker angelegt sind. Eine Nachfolge unter dem Peterson-Label scheint zwar in Aussicht, aber unter schmerzhaften Verlusten, wie den eingangs genannten Sorten „Aperitif und Durbar“.

Der McConnell Notting Hill ist der Dunhill Standard Mixture nachempfunden. Das Original, zumal unter Murray- oder gar noch genuiner Dunhill-Produktion habe ich nie geraucht, daher fehlt mir hier der direkte Vergleich, früher war ja bekanntlich ohnehin alles besser. Der Notting Hill ist ein schwerer Tabak. Weniger vom Nikotingehalt, da spielt er bestenfalls in der Mittelklasse, als vielmehr von der beinahe schon als mächtig zu bezeichnenden Geschmacksfülle. Der Rauch ist dick und vollmundig, würzig und zugleich mild. Keine spritzigen „Oberlichter“ oder wechselnde Nuancen, der einmal angeschlagene Tonfall wird vom Anfang bis zum Ende durchgehlten. Ein Langweiler also? Mitnichten! Selten habe ich eine englische Mixture erlebt, die so perfekt abgestimmt war. Die Grundtabake – Latakia, Orient und Virginia – werden durch eine Röstung harmonisch miteinander verbunden und das Ergebnis ist einfach großartig. Mild, weich, sättigend und rund – in gewisser Weise ein Gegenpol zum Aperitif (als Nachbau: McConnell St. James Park“), der eben diese Tabake und zusätzlich einen feinen englischen Cavendish gleichsam in allen Nuancen aufzufächern scheint. Der St. James Park / Aperitif ist ein Tabak, den ich sehr schätze, wie man unschwer an meiner ausufernden Prosa erkennen mag. Aber immerhin: Der Notting Hill ist einer der wenigen Tabake, die mich dazu verleiten, mir immer noch eine weitere Pfeife zu stopfen, weil er so perfekt abgestimmt ist. Vielschichtigkeit ist (für mich jedenfalls) wohl doch nicht alles.

Und dann gibt es noch so etwas wie einen „kleinen Bruder“: Der Oxford Street (angelehnt an den Dunhill Standard Mixture Medium) besteht grundsätzlich aus den gleichen Basis-Tabaken wie der Notting Hill, auch er ist geröstet. Hier dominiert allerdings der Virginia, er ist deutlich „heller“ und spritziger, aber auch etwas schärfer im Geschmack. Sein spürbar leichteres Naturell macht ihn eher zu einem Allday-Tabak als es der opulente Notting Hill je sein könnte. Die tiefgründige Würzigkeit aus dem Latakia und Orient tritt deutlich in den Hintergrund, der recht trockene Virginia mit brotartigen Röstnoten übernimmt das Ruder. Das ist ein Tabak für entspannte Vormittagsstunden, am späteren Abend hat er im Vergleich dann doch zu wenig Gehalt.

Die beiden Tabake können ihre Verwandtschaft nicht verleugnen – durch die Röstung verschmelzen die Einzelkomponenten zu einem homogenen und in sich stimmigen Geschmack. Während der Notting Hill ein Hammer an Aromafülle ist, gibt sich der Oxford Street deutllich zurückhaltender und damit wohl auch tauglicher für Einsteiger in die Welt der englischen Mixtures. Mir persönlich ist er vielleicht einen Tick zu „harmlos“ geraten und konkurriert als leichter Allday-Tabak in meiner Tabakbar zum Beispiel mit klassischen dänischen Mixtures wie dem Stanwell Jubilee oder dem Mac Baren Plumcake (der übrigens ebenfalls einen gar nicht so geringen Latakia-Anteil hat). Aber das ist natürlich schon wieder höchst subjektiv. Wer vieldimensionale Schattierungen sucht, wird vielleicht von beiden McConnells enttäuscht sein, aber wer analog zur Musik – weniger nach Spaltklang, denn nach perfekt verschmolzenem Mischklang sucht, der ist hier am Ziel angelangt.

Andreas Krebs

Andreas Krebs, Psychologe mit großer Affinität zur Informatik, experimenteller Elektronik-Musiker und Sachbuchautor, Freund großer Hunde und moderner Literatur, Tarotpsychologie-Blogger und grundsätzlicher Liebhaber von Dingen, die mehr Arbeit als Ruhm und Reichtum mit sich bringen.

3 Antworten

  1. Luca sagt:

    Sorry for the English… but while I can understand some German, I am not able to write it well. Your review actually surprises me! According to what one can read about, Notting Hill should be the equivalent of the Standard Mixture (formerly Mild/Mellow), and Oxford Street should be the equivalent of the Standard Mixture Medium.

    And so – if one follows the style of the Dunhill originals – Notting Hill should be the „lighter“ one, and „Oxford Street“ should be the more „full bodied and rich“ one. And yet, your review seems to describe them as completely the opposite, as if their names were swapped.

    I am smoking Oxford Street now, and I agree that it’s very light (both in body and in Latakia content): much lighter than, for example, the wonderful Piccadilly Circus. To me, with this level of lightness, Oxford Street is much closer to the Mild/Mellow of old. I haven’t had a chance to try Notting Hill yet, though.

    So… can you confirm that Notting Hill is the richer, darker, more full bodied and Latakia-loaded of the two? Because that would really mean that NH is actually the SM Medium clone… contrarily to what anyone says (probably just by copy and paste).

    • Andreas Krebs sagt:

      Hello Luca,
      yes, the Notting Hill is definitely richer and more full-bodied than the Oxford Street. Since there seem to have been at least three Dunhill Standard Mixtures in the past (Mild/Mellow, Medium and Full), maybe they just left the mild and the medium one and changed names of the lightest one to „Medium“ and the medium one to plain „Standard Mixture“. I do not know the old Standarf Mixture Full, but its descriptions in the net seem to be of a much stronger tobacco than the Notting Hill is. So everything is made much „lighter“ today, just as it happened years ago with Dunhills Nightcap (which nowadays is a rich, but only slightly more than medium strong tobacco).
      Happy smoking,
      Andreas

      • Luca sagt:

        Thanks, Andreas! I spoke with K&K, and they confirmed that Notting Hill has much more Latakia and is fuller than Oxford Street. That said, I guess that somewhere the names were swapped, and (contrarily to what is normally written on the internet), Notting Hill is then the equivalent of the old (>20 years ago) Standard Medium, and Oxford Street of the old Standard Mild/Mellow. The Standard Full… Well, I have smoked some aged tins of it a couple of decades ago, and it was marvelous: think Nightcap in terms of darkness and Latakia content, but without the Perique. It was so tasty, juicy and overwhelming, and yet not heavy or tiresome.

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