Peterson 2017 Christmas Blend – es weihnachtet sehr …

PETERSON CHRISTMAS BLEND 2017Bei mir im Atelier, im Arbeitszimmer, überall weihnachtet es schon sehr und das schon seit ein paar Wochen. Also nicht so wie im Discounter, wo schon seit September die Zucker-Nikoläuse und Backtriebmittel-Spekulatien vor sich hin rotten, während andere noch den Polyester-Badehandtuch-Sale plündern, sondern so, wie es hier in der Stadt der Lebkuchen bei Westwind duftet, wenn die Lebkuchen Fabriken Weissella, Schmidt und Co, ihre Öfen anwerfen. Bei mir duftet es nach Früchten, Mandeln und Vanille.

Wie meine liebsten Freunde, Familienmitglieder und Kunstsammler wissen, beginnt für mich die Weihnachtszeit ja auch weit vor dem Dezember, denn ich arbeite auch dieses Jahr wieder viele Wochen an der jährlichen Holzschnitt-Weihnachtskarte.

Auch in diesem Jahr verrate ich nicht zu viel, wenn ich sage, unser Heiland ist auch diesmal in den verschneiten, heimischen Alpen zur Welt gekommen. Anders ist allerdings, dass meine Pfeifen einen ungeheuer weihnachtlichen Duft verströmen, während ich zeichne, hoble, schleife und schnitze. Nicht gerade Weihrauch und Myrrhe, aber doch so ein bisserl in die Richtung.

Eigentlich rauche ich keine Aromaten und Weihnachtsmischungen erst recht nicht. Allesamt sind sie zu teuer, nikotinlose Black Cavendish Rauchpappen in kitschigen Dosen. Warum ist das diesmal anders? Zunächst einmal muss ich anführen, dass ich als Mitbetreiber dieses Pfeifenblogs hin und wieder mit Testtabaken bedacht werde. Über manche hülle ich wohlwollend den Mantel des Schweigens, manche werden verschenkt und andere probiere ich und ab und zu lohnt sich der Aufwand des Herstellers und ich blogge darüber.

Atelier Alexande BroyAls ich das Packerl, welches unverhofft bei mir hereinschneit öffne, finde ich darin eine weihnachtliche Blechdose in rot, weiss und grün gehalten, wie auch sonst. Nach etwas Gerubbel und Gefummel und dem großzügigen Einsatz von Waschbenzin erkenne ich, diese Dose ist wirklich gelungen, blindgeprägt kein verblödeter Weihnachtsmann oder doofe Rentiere darauf. Schnee, Bäume, eine Schleife, sehr geschmackvoll, finde ich. Ich goutiere auch, dass es „Peterson Christmas Blend“ heisst und nicht etwa politisch verblödet „Holiday Blend“ oder „Jahresend-Blend“.

Ich öffne die Dose, innen ist ein Cellophan-Tütchen mit Goldsiegel. Auch sehr hübsch, ich breche das Siegel und auf einmal bereue ich, dies getan zu haben. All der wundervolle Geruch von frischem Holz, Farben, Latakia und Perique wird durch die Fensterritzen meines Ateliers nach aussen gepresst und eine Aromawolke süss und fruchtig übernimmt mein Hütterl bis in die letzte Ritze. Es schüttelt mich leicht. Dann wandert mein Blick über die Tabakfasern, die fest gepresst vor mir liegen. Sie sind rötlich, gelb mit braunen Flakestreifchen durchsetzt. Nichts ist schwarz, also kein Black Cavendish, vermute ich. Black Cavendish ist für mich der Schienenersatzverkehr des Pfeifenrauchers. Ich suche eine Meerschaumpfeife heraus – ich will keinesfalls ein gutes Holz mit diesen Weihnachtsaromen verderben – und fange an zu stopfen.

Peterson 2017 Christmas BlendIch zünde und bin erneut überrascht. Also weihnachtlich ist das streng genommen nicht. Leicht fruchtig, mandelig. Ich schmecke Honig, etwas Vanille, aber keine Lebkuchengewürze und vor allem der Rauch schmeckt satt und überhaupt nicht so schrecklich intensiv, wie die Dose, die ich sofort wieder verschliesse. Eigentlich sehr lecker. Ich rauche die erste Pfeife, arbeite weiter und stopfe mir die nächste. Wieder weiche ich vor dem Dosen-Geruchs-Flash zurück, aber auch die nächste Füllung schmeckt mir. Ich verlasse irgendwann mein Atelier und als ich wiederkomme, riecht es so wundervoll dort, dass ich betört an der Tür stehend verweile.

Peterson 2017 Christmas BlendAls ich mit angehaltenem Atem den Tabak genauer inspiziere, erkenne ich ordentlich viele Flake-Stückchen, lockeren Burley und Virgina loose-cut, welcher perfekt konditioniert ist. Auch hat der Tabak durchaus eine sättigende Stärke, er ist bei weitem keine Rauchpappe.

Was soll ich lange herumreden, ich mag ihn sehr und freue mich, mal etwas anderes in meinen Pfeifen zu haben und widmete diesem Tabak eine eigene alte Oldenkott. Aber auch in anderen Hölzern ist er schon gewesen und hat sie keinesfalls verdorben.

Ich werde ihn bestimmt die Weihnachtszeit über rauchen und ihn bei meinem nächsten Besuch in München bei Pfeifen Huber nachkaufen. 23 Euro für 100 Gramm erstklassigen Tabak, das ist nicht geschenkt, aber auch nicht überzogen und ausserdem ist doch nur einmal im Jahr Weihnachten.

Ach ja, danke, für diese Probedose.

 

Alexander Broy

Alexander Broy ist Künstler, Grafiker und YouTuber. Mehr zu sehen, hören oder lesen gibt es auf seinem Blog Künstlertagebuch. | Abonniere auch seinen NEWSLETTER

8 Antworten

  1. Karl Hirsch sagt:

    „Black Cavendish ist für mich der Schienenersatzverkehr des Pfeifenrauchers.“ – Wie kann ich Dir für diese weihnachtstabakköstliche Definition dieses schäbigen Füllmaterials danken? – Durch ein schon ewig nicht mehr gebrauchtes Looooooooooob für die Besprechung.

  2. Stephan sagt:

    Servus Alexander,
    obwohl ich eingefleischter Nichtaromatenraucher (Ausnahme ein paar Tabake von HU, die irgendwie an einer Aromatisierung vorbeigerutscht sind), werde ich mir aufgrund Deines Reviews eine Dose davon besorgen.
    Wenn sie mir nicht schmeckt, was ich fast erwarte, spricht das um so mehr für Dein Review.
    Gruß
    Stephan

  3. HaJo Ziglowski (HaJo) sagt:

    Nein, diesem Urteil über Black Cavendish kann und werde ich mich nicht anschließen.
    Es gibt sehr wohl hervorragende Tabake die BC enthalten die auch hier im Blog beschrieben stehen. Zum Beispiel der Fayyum und der Fayyum Kake von Hans und Peter. Und ausserdem der wunderbare Huber Balkan.
    Diese drei Tabake enthalten „ungesoßten“ BC was eben der Unterschied zu Aromaten ist.

  4. Anonymous sagt:

    Oha, anscheinend ist es dem Herrn Broy jetzt auf der Alm zu kalt geworden und er steigt hinab, in wärmere Gefilde, heim an Schmidts Herde um sich an den köstlichen Spezereien der alljährlich wiederkehrenden Zuckerbäckertradition zu laben.
    Dass das sogar bis hin zum Tabak reicht, hätte ich indes nicht vermuten wollen.
    Sei es drum, das Review ist nicht schlecht, wäre auch nicht anders zu erwarten gewesen, angesichts der bekannten, des Autors eigener Rhetorik. Den BC allerdings derart zu verteufeln dürfte wohl auch dieser dem Autor eigenen Rhetorik geschuldet sein. Denn HaJo hat völlig recht, BC ist nicht das, was teilweise aus ihm gemacht wird, und schon gar nicht das, was viele von ihm halten. Hier greift des alten Lateiners Weisheit: dosis solum facit venenum.
    Im Fayyum ist er drin, ohne aufzufallen, und würde er fehlen, würde genau das vermutlich auffallen.
    Allerdings erscheint es mir völlig unverständlich, warum, wenn der Tabak doch so gut ist, jedesmal zu Weihnachten wieder eine neue Dose zu kreieren als erforderlich erachtet wird. Wenn er doch so gut ist, warum gibt es ihn dann nicht das ganze Jahr? Oder gibt es ihn das ganze Jahr und man führt den geneigten Konsumenten, in seiner Lust was Neues zu proberen, einfach an der Nase herum? Verkauft man alten Wein in neuen Schläuchen?
    Ich kann diesem Weihnachtsproduktespezifizismus nichts abgewinnen, allein schon deshalb, weil für mich ein Tabak nach Tabak schmecken sollte, insofern ist die einleitentende Metapher „Aromawolke“ schon ein ausreichendes Ausschlußkriterium. Mandeln, Honig etc, das mag ich schon auch. Halt im Lebkuchen aus eben jeder eingangs genannten Werkstätte sogar am allerliebsten, aber sowas macht man doch nicht in den Tabak….
    Aber gut, wie der französische Philosoph zum Besten gab: chacun a son gout (die felhelnden accents möge man mir verzeihen, das ist der Ursache eines leicht antiquierten IT-Systhems geschuldet…..)

    Trotzdem sei dem Künstler für die Unterbrechung seiner tatsächlich wichtigen Arbeit des Broterwerbs, zugunsten der Verfassung eines solchen Reviews gedankt, denn immerhin zeigt diese Begebenheit, dass allen Widrigkeiten zum Trotz, es sich immer noch zu lohnen scheint, Tabak zu produzieren und damit anscheinend gutes Geld verdient wird. In diesen Zeiten doch ein gutes Zeichen.

    Viele Grüße
    Jens

  5. Servus Künstler,

    gute Aromaten leiden unter dem vorherrschenden Image der schlechten, das bleibt unausrottbar. Dennoch ist Dein Artikel sehr dazu geeignet, trotz seit gefühlten 100 Jahren eingefahrener Geschmacksautobahn eine kurze Abzweigung zu nehmen. Das liegt Ausschließlich an der gelungenen Ausformung Deines Raucherlebnisses, nicht an der abscheulich gestalten Verpackung. Die hätte mich ohne Kenntnis Deines Erlebnisberichtes davon abgehalten, auch nur einen zweiten Blick auf das Erschröcknis zu werfen. Ich werde mich gleich zu einer Rauchrunde bei Jens Meyer im Tal auf den Weg machen und mal den Peterson -zunächst optisch- betrachten. Und dann …… mal sehen.

    Allerdings stört mich etwas an Deiner Veröffentlichung: das Datum des Erscheinens! Hergo….. noch mal, es sind noch fast zwei Monate bis zum Fest, und alle drehen schon wieder am Mammon-Rad. Wie soll da Freude entstehen, wie soll man sich auf die schöne Adventszeit einrichten, wenn sie jetzt eigentlch schon angebrochen „wurde“ ?

  6. Karl Hirsch sagt:

    Die Frage, wieso es solche Sondertabake zur Saison überhaupt gibt, beantwortet sich zum einen bequem mit dem „das hat es immer schon gegeben“. Tatsächlich habe ich in diversen alten, sporadisch (Weihnachten?) im Ebay auftauchenden alten Katalogen und aus Heften herausgerissenen Annoncen den X-Mas Tobacco schon in die Dreißigerjahre rückverfolgen können. Dazu das Bild der das Geschenk (gerne kniend) darbietenden Mommy und des strahlenden pfeifebeissenden Daddy, vollkommenes Glück versprechend. Und das ist glaub ich auch der ganze Hintergrund der Weihnachtstabake, man kennt einen Vetter aus Dingsda und weiß nicht was schenken, bis – selten genug – die erlösende Erkenntnis „Raucht der nicht Pfeife?“ zündet. Und wie schön erst, wenn auf der Dose Weihnachtssymbole und sogar ein Mascherl aufgedruckt sind, denn „das brauch ich ja garnicht einpacken!“ ist ein endgültig schlagendes Argument. Ob man da einen Ausnahmetreffer gelandet hat, und der Vetter in geradezu alexandrinischen Wonnen schwelgt, oder sich nach einer Höflichkeitsfüllung mit der Frage an seine Frau „Kannst Du die Blechdose brauchen?“ – (Frau riecht dran) – „Bäh, die stinkt zuviel“ vom Inhalt oder beidem verabschiedet, das ist egal, das Geschäft ist gemacht. Umso lieber wird er seine gewohnten Sorten genießen.
    Die „Sommertabake“ und „Jahrestabake“ sind ebenfalls eher Geschenkpackungen, in der Mischung ziemlich ähnlich. Eine Ausnahmeerscheinung war der Larsen Jahrestabak 2009, von welchem ich ein paar Dosen gehamstert habe. So glaube ich Alexander gerne, dass auch er eine Ausnahme entdeckt hat. Aber dann schnell aufbrauchen, das Cellophan ist ein Trocknungsbeschleuniger.

  7. Ich habe diesen Weihnachts- oder Adventschreck gestern …. gerochen. Eine Pfeife habe ich nicht befüllt. Und das wird auch nicht geschehen. Die Gestaltung der Dose ist noch fürchterlicher als auf dem Foto. Belassen wir es dabei: es ist immerhin ein sehr schön geschriebener Artikel, ginge es um Wollsocken, ebenfalls.

  8. WillyR sagt:

    Die interessante Frage ist doch, welchen Serientabak Peterson möglicherweise hier als Limited Edition Christmas Blend 2017 in die Dose gepackt hat. Wäre schließlich nicht das erste Mal. Ich erinnere an den St. Patrick’s Day 2015, der ganz offensichtlich ein W.Ø. Larsen Belle Epoque war.

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