Paul Olsen | My Own Blend – 800 Ø – die Dritte

Es gibt Tabake, die sind so herausragend gut, dass zwei Reviews ( 2016 und 2018) nicht ausreichen, um ihre Besonderheiten und die Bedeutung für ambitionierte Afficionados fest und im Bewußtsein zu halten. Sind sie gar nach einigen Jahren der Verfügbarkeit in deutschen Landen plötzlich nur noch im Ausland erhältlich, beginnt die Legendenbildung. Je knapper der Bezug und schwieriger, umso größer der Eindruck der Einzigartigkeit. Ist dann – wie beim My Own Blend 800 Ø – der Lieferant, hier der Danish Pipe Shop als Lizenznehmer, der Hersteller ist Orlik/STG – nicht mehr bereit, die europäischen Nachbarn zu  beliefern – so kann dieser Tabak ein schier überirdisches Image erreichen. Trotz seines mittlerweile gleichermaßen überirdischen Preises von fast 40€ /100 g.

Ich gehöre zu den Glücklichen, die einen malenden, pfeiferauchenden Künstler zu ihren Freunden rechnen dürfen. Fühlt dieser auch noch alljährlich den kuriosen Drang, im Land der Wikinger vor Ort dänische Dünenlandschaften, die mit langweiligsten auf diesem Planeten, als Aquarell, Ölbild oder japanischen Holzschnitt festhalten zu  müssen, so ist sein Abstecher hierhin sehr fruchtbar und taugt mir ungemein.

Klar ausgedrückt, ich habe nicht Rücken, sondern Bestand!

Schon 2016 erhielten wir von einem geneigten Leser die Information, daß es in Hamburg bei Gerd Jansens Pfeifendepot  den MOB 800 Ø als Hausmischung No. 45 gäbe, außerdem zu einem wirklich vernünftigen Preis. Leider entsprach die No. 45 zwar vom Tabakbild her in etwa dem 800 Ø, allerdings war er mit einem deutlich dominanten Vanille / Karamellaroma versehen, das dem Original völlig fehlt. Es gab die Vermutung, es könnte sich um einen Chargen- oder Verpackungsfehler handeln. Das kommt häufig vor, ich erinnere an Probleme bei Kohlhase & Kopp (Marlin Flake, Robert McConnell) und öfter mal bei Samuel Gawith. Vor einigen Wochen stellte ein Blogleser erneut die Frage, ob und bei wem in Deutschland die My Own Blends zu erhalten seien und ob es irgendwelche Derivate und Hausmischungen gäbe. Ich erinnerte mich an meinen untauglichen Versuch von 2019 und an die damalige Vermutung, ergo könnte eine erneute Bestellung zur Erhellung der Frage beitragen. Gesagt, getan.

Genau 2 Tage nach der Onlinebestellung bei Gerd Jansen traf der No.45 Copenhagen Ø ein und leider gab es keine Überraschung: die 100g Malerdose enthielt wieder das bereits bekannte Vanille Top Flavour (?). Ich habe sodann eine Dose des originalen My Own Blend – 800 Ø geöffnet und was soll ich sagen, die Tabake sind sich nur im Tabakbild sehr ähnlich, olfaktorisch und im Geschmack haben sie nichts gemein.

Die No.45 ist ein sauberer, durchaus gefälliger Tabak, wenn man aromatisierte Mischungen mag und er hat zu Recht ganz bestimmt zahlreiche Liebhaber. Er erinnert mich ein wenig an den Diablo Nero. Franz Fleischmann, der Inhaber des Gerd Jansens Pfeifendepots, ist ein honoriger Kaufmann und ausgewiesener Tabakfachmann. Warum aber, um Himmels Willen, soll hier der Eindruck erweckt werden, das die Hausmischung No.45 dem originalen 800 Ø entspräche?

Um dieser falschen Behauptung die Krone aufzusetzen, befindet sich am Dosenboden locker aufgeklebt das alte Paul Olsen 800 Ø Label, wie ich es aus den 1980ern her kenne. Also, diese Art der Verzerrung braucht`s wirklich nicht und sie ist zur gerechten Beurteilung eines ansonsten guten Tabaks wie dem No.45 wenig hilfreich. Ich finde ein solch fehlgepoltes „Marketing“ schlichtweg unerhört, im günstigsten Fall nenne ich es unbedacht. Da das Gerd Jansen Pfeifendepot ein seriöser Fachhändler ist, verbieten sich andere denkbare Bezeichnungen.

 

Um die nun noch eindeutiger als 2019 geklärte Frage nach der Originalität der Hausmischung No. 45 klar zu beantworten: nein, sie kann keineswegs als die authentische OEM-Version des originalen Paul Olsen My Own Blend  800 Ø gelten. Die Unterschiede sind offensichtlich und feststellbar.

Bodo Falkenried

exemplarischer Niederrheiner, seit über 55 Jahren in München daheim, genauso lang Pfeifen- und Tabaksammler, versessen auf Musik, Literatur und andere Künste. Unternehmer, Segler, Reisender [..unser Mann in Asien]. Intensiver Marktgeher, immer an Feuer & Herd, sofern in der Nähe.  

15 Antworten

  1. Heinz Jürgen sagt:

    Leider kann man nicht nur bei den sog. Hausmischungen bzw. OEM sein „blaues Wunder“ erleben: So geschehen bei einem meiner favorisierten Tabake, nämlich Paul Olsen MOB 75th Anniversary Blend. Ebenfalls lange Zeit von einem Dänemark-Freund mitgebracht aus Kerteminde, gekauft beim dortigen Den Gamle Wein- und Tabakladen.
    „A beautiful mix of Virginia tobaccos which are flake pressed then rubbed with a deep black cavendish and an added subtle flavour of Creme De Cassis. A semi aromatic with great charm!“
    Nichts davon ist in der im vergangenen Jahr mitgebrachten Charge mehr enthalten! Stattdessen: Holzaromen, Heugeruch, Bahndammkraut-Aroma – wenn überhaupt. An der neu gestalteten, klinisch-weißen Dose kann es kaum liegen; die Herstellerangaben und Bezeichnung sind gleich geblieben. Aber der Inhalt …. Offensichtlich hat STG semi-aromatic und great charm neu definiert – schade!

    • Servus Heinz-Jürgen, der Katalog der „Nachgeburten“, die nur noch den Namen, aber nicht mehr die Charakteristik ihrer „Eltern“ tragen, hat mittlerweile viele Seiten. Ob es nun die Three Nuns oder die Bengal Slices sind, der Erinmore Flake oder einige Dunhill Neuauflagen, wer die Originale kennt, dem tut`s weh. Nicht vergessen dürfen wir, in welchem Tabak-Paradies wir dennoch leben.

  2. Peter Hemmer sagt:

    Also Ähnlichkeit zum Diablo Nero sehe ich da nicht wirklich, aber ich stimme dir vollkommen zu, dass die Ähnlichkeit zum 800 Ø wegen dieses leichten Casings nicht wirklich gegeben ist. Allerdings muß ich auch sagen, dass mir Jansens No.45 eigentlich recht gut gefällt und ich ihn ganz gerne rauche – als eine durchaus eigenständige Komposition, die nicht so ganz alltäglich ist. Und die verbauten Tabake sind absolut erstklassig! Ich würde den Tabak also gerne empfehlen, nur nicht, wenn man wirklich einen 800 Ø rauchen will…

    • Das sehe ich ja auch so, außer daß er meinem Gusto nicht entspricht. Der Artikel befasst sich dementsprechend nicht mit einer positiven oder negativen Kritik über den No.45, sondern ausschließlich mit dem mißglückten Vehikel in der Produkt Kommunikation.
      Franz Fleischmann, Inhaber von Gerd Jansens Pfeifendepot hat sich bei mir gemeldet und eine einleuchtende Erklärung zur Thematik abgegeben, die ich hier an dieser Stelle im Laufe des Tages kommunizieren werde.
      Der Vergleich zum Diablo Nero ist kein ultimativer, sondern beschreibt mein Geruchsempfinden nach Öffnung der Dosen. Da sehe ich eine Parallele.

  3. bemi sagt:

    sind Seitenhiebe auf den Bayern in Franken nur zufällig oder beabsichtigt 😀 ? sehr nett zu lesen.

    Allen frohe Weihnachten und alles Gute, bleibt fit

    • Absicht, Michael, die reine Absicht! Und der Herr Neofranke versteht sich auch auf ein verbales Ränkespiel, somit ist das immer sehr ausgewogen. Natürlich verbirgt sich dahinter eine große Zuneigung …….. und keine Animosität.
      PS: es ist mir vom Host der Münchner Runde verboten worden, Dein in den Clubräumen vor sich hin rottendes Vintage Tobacco Paket postalisch zu senden. Vielmehr sind nicht nur er, sondern auch die anderen Mitglieder der Meinung, daß für Dich eigentlich mal wieder Besuchspflicht anstehe, zumal es – außer im Bayern Radio – derzeit keine Blasmusik gibt, der Almabtrieb längst erledigt und das Allgäu noch weitgehend schnee- und eisfrei ist.

  4. Wie bereits angekündigt, hat sich Franz Fleischmann, Inhaber (und Nachfolger von Gerd Jansen) bei uns gemeldet und das Thema aus seiner Sicht dargestellt. Seinen Ausführungen können wir uns anschliessen, sie sind schlüssig. Herr Fleischmann ist damit einverstanden, daß wir seine per Email gesendete Information hier veröffentlichen. Das erspart, diese mit unseren Worten wiedergeben zu müssen.

    Franz Fleischmann:
    „Ja, ja, alte Zöpfe soll man abschneiden, deshalb habe ich auch diese ganze Reihe seit geraumer Zeit umbenannt. Als ich das Geschäft von Gerd Jansen übernommen hatte, übernahm ich ja auch seine Tabaklinie mitsamt Label und Ausstattung. Bei Gerd Jansen wurde so mancher Tabak nicht aufgegeben, der aus welchen Gründen auch immer vom Markt genommen wurde. Dieses nicht gerade kleine Sortiment mitsamt seiner Überlieferung zu verstehen, aber auch Fehler bei den Beschreibungen oder der Überlieferung zu erkennen ist seither meine Aufgabe als hausinterner Archäologe.
    Der Tabak heißt jetzt bei uns „No. 045 – Copenhagen O“ und sollte auch so beschriftet sein. Sie haben tatsächlich eine Dose erhalten, auf der wir wohl bei der Beschriftung in ein altes Beschriftungs-Muster verfallen sind. Das war ein Lapsus, der wirklich nicht mehr vorkommen sollte, seitdem der Tabak bereits umbenannt wurde, und wir werden in Zukunft sehr genau darauf achten, dass das auch nicht mehr passiert.

    Ich stimme Ihren Argumenten also gerne in aller Form zu und habe auch noch was aus Ihrem Blog gelernt. Nur was die Ähnlichkeit bzw. Anmutung gegenüber dem Diablo Nero angeht möchte ich einer möglichen Irreführung vorbeugen – aufgrund des hohen Latakiagehalts käme der „045 – Copenhagen O“ für die meisten Diablo Nero Fans wohl kaum in Frage, da ist die 045 vom Aufbau und Gedanken her schon eher die dänische Interpretation der englischen Richtung. Ich vergleiche ihn gerne mit HU-Tobacco Port Latakia. Ähnlich wie beim Port Latakia oder auch Fayyum kommt die Süße bei diesem Tabak wohl aus der Grundsaucierung des Black Cavendish, aber auch vom Kentucky, dem Tabak wird aber explizit kein weiteres Aroma (wie Vanille oder Karamell) zugesetzt.

    Haben Sie vielen Dank, seien Sie gegrüßt und schauen Sie doch mal rein (und bringen Sie einen 800 O zur Verkostung mit). Frohe Weihnachten und ein gutes neues Jahr wünscht Ihnen
    Franz Fleischmann
    Gerd Jansens Pfeifendepot & Werkstatt e.K.
    Hamburg-Eimsbüttel

  5. Nachdem ich die No.45 über einen längeren Zeitraum geraucht und auch den seinerzeit vermeintlichen Bezug zum 800 Ø endlich aus dem Kopf bekommen habe, schmeckt er mir richtig gut. Der kräftige Anteil von Latakia und die aus den anderen Komponenten entstehende Süße harmonieren hervorragend.
    Ich rauche ihn nun in einem Triumvirat aus Huber Balkan und 800 Ø immer mal wieder.
    Probiert es aus.

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