Gawith Hoggarth & Co | Bob’s Chocolate Flake

Wenn es um die Rezension von „Schokoladen-Tabaken“ geht, kommt man an meiner Wenigkeit unmöglich vorbei. Mit aller mir eigenen Bescheidenheit: Man kann mich schon mit Fug und Recht, den Ranicki des Schokoladen-Aromas nennen, schliesslich ist dies schon mein drittes Review zu diesem Thema. 2018 schrieb ich hier über den HU Tobacco | RaiKo InBeTween und 2019 über das Fehlen der Schokolade im Samuel Gawith | CF Flake. 
Einer, der meine Expertise zu diesem Thema anscheinend tatsächlich anerkennt, ist der langjährige Leser Stephan T. aus München. Und nicht nur das, er kontaktierte mich nach meinem letzten Aufruf zu einer Empfehlung eines weiteren Schokoladen-Aroma-Tabaks und sandte mir dann umgehend eine überaus großzügige Portion Gawith Hoggarth & Co – Bob’s Chocolate Flake zu. Vielen herzlichen Dank, Stephan.
Neben der Tatsache, dass es sich wirklich um eine riesige Rauchprobe handelte, war der Flake noch dazu hochprofessionell vakuumiert und eingeschweißt. Das war vermutlich auch der Grund dafür, dass er so lange bei mir herumlag, bis ich mich endlich einmal dazu aufraffen konnte, ihn zu probieren. Es bestand einfach kein Druck aufgrund zu befürchtender Alterung oder Austrocknung.
Aber nun genug der Vorrede und Dankesworte, was ist das für ein Tabak?
Möchte man als Autor des Pfeifenblogs seine Leser auf einen winzigen Bruchteil reduzieren, dann muss man einfach nur gewisse Begriffe wie zufällig in den Text einstreuen. Bei einem habe ich das schon gemacht: „AROMA“. Mindestens die Hälfte der Leser hat sich schon angeekelt abgewendet, ein Teil der Leserschaft ist allerdings jetzt gerade wirklich neugierig geworden: „Mmmm Aroma, lecker!“ denken sie sich. Den Aromaten-Raucher vergraulen? Das kann ich: „LATAKIA“, so jetzt sind wir unter uns, wer raucht schon aromatisierte Engländer? 
„Sind noch ein paar Leser da? Hallo? lesen Sie mich noch?“
„Ah, da sind Sie ja, ein ganz Hartgesottener …“ kein Problem ich habe noch ein Reizwort zum Wegklicken: „LAKELAND“

So, spätestens jetzt schreibe ich nur noch für mich selbst… „Liebes Tagebuch…“

Um den großzügigen Spender dieser Tabakprobe zu ehren, bemühe ich mich jetzt um eine gewisse Seriosität.
Nachdem ich den Tabak aus seiner Folie geschnitten habe, schnuppere ich natürlich sofort daran. Tatsächlich kann ich eine gehörige Portion Schokoladenaroma riechen. Ich vernehme aber auch etwas Erde und ein kleines Bisschen Rauch. Ganz Profi-Tabak-Rezensent, habe ich natürlich immer Lineal und Messschieber zur Hand. Die ordentlichen dunkelbraunen Flakescheiben sind 15cm lang und 3cm breit und weisen eine Dicke von 1,75mm auf. Es handelt sich wohl um die Bulk-Version des Tabaks, denn so lang ist keine Dose.

Die Feuchtigkeit ist als absolut ideal zu bezeichnen, ist aber sicherlich der hervorragenden Behandlung durch den Spender zu verdanken, wie der Tabak direkt aus der Originalverpackung beschaffen ist, vermag ich aus Mangel an einer solchen, natürlich nicht zu sagen. Ich knicke, falte und brösel den Tabak in eine kleine filterlose Pfeife. Es ist mal wieder die kleine rustizierte Bambuspfeife des leider 2018 verstorbenen Pfeifenmachers Eckhard Stör.

Anfänglich ziert sich der Tabak, weil er doch relativ grob gefaltet ist, wenn er allerdings dann brennt, erlebt man einen langen und ungestörten Rauchgenuß ohne lästiges Nachfeuern.

Ich habe den Tabak bestimmt an die zehn mal geraucht und dies sind die Aromen, die ich herausschmecken konnte:
Etwas „van Houten Kakaopulver“ Kennt das noch jemand? (Meine Mutter hatte mir damit früher immer meinen Kakao angerührt), dann etwas Flieder (blumig) und Vanille. Das ist jetzt bestimmt keine vollständige Aromenliste, sondern das, was ich persönlich eben sinnlich erfahren konnte.

Ich hatte ja vorhin das Reizwort „LAKELAND“ fallen lassen, um damit auch noch den letzten Leser abzuhalten bis zu dieser Stelle zu kommen. Sie, liebe*r Leser*in wissen vermutlich nicht, was das bedeutet, sonst würden Sie ja hier nicht mehr weiterlesen, also will ich es kurz erläutern. Als Lakeland bezeichnet man Tabake, die ursprünglich aus der Umgebung des „Lake District National Parks“, genauer gesagt aus der Stadt Kendal stammen. Dort entstanden aus einer Schnupftabakfabrik namens Gawith, Hoggarth and Cie die beiden (erst getrennten und inzwischen wiedervereinten) Firmen Samuel Gawith und Gawith Hoggarth.

Aus juristischen Gründen, war es in England nicht erlaubt künstliche Aromastoffe zu verwenden, Verfahren mit in Alkohol und Ölen gelösten natürlichen Aromen, wie sie in der Parfum-Produktion Verwendung finden, waren (warum auch immer) jedoch zugelassen. Deshalb war es den Engländern nicht möglich – wie bei uns Vanillin-Pulver und Kirsch-Aroma über den Tabak zu sprühen, sondern sie hatten ihn zu „parfümieren“. Dieses etwas andere Verfahren führt zu einer manchmal etwas sonderbar anmutenden Begleiterscheinung, welche unter Tabakkennern als „seifig“ beschrieben wird. Die einen lieben es, die meisten hassen es. Berühmtestes Beispiel für seifigen Tabak ist der „Ennerdale“, der Tabak, der bisher die meisten Pfeifen auf dem Gewissen hat, weil diese nach dem einmaligen Gebrauch diesen besonderen „Au goût“ nie mehr los werden. Anmerkung: Die von mir entwickelte Reinigungsmethode mit Golden Glow (in dem Artikel ganz unten beschrieben) ist leider noch nicht jedem bekannt.

Bob’s Chocolate Flake ist allerdings nicht seifig, man könnte ihn nur vielleicht als etwas „ölig“ bezeichnen, was mich persönlich überhaupt nicht stört. Sonst kann ich mit Lakeland-Tabaken nämlich eigentlich nicht sehr viel anfangen. Überhaupt ist die Aromatisierung als durchaus dezent zu bezeichnen, was auch für den Latakiaanteil in diesem Tabak zutrifft. Laut meiner Recherchen enthält der Tabak lediglich 8% Latakia, dafür viel Virginia und ein wenig Burley. Also war auch das kein Grund weitere Pfeifenraucher zu verschrecken.

Lassen Sie mich also zusammenfassen:
Erst vergraule ich alle „Natur-Tabak-Raucher“ mit der Erwähnung von AROMA, welches ich dann aber Seiten später als „sehr dezent“ beschreibe.
Dann die Aromatenraucher mit dem Reizwort „LATAKIA“, bei einem winzigen Anteil dieses Würztabaks von nur 8%.
Und dann auch noch die Lakeland-Feinde, obwohl der Tabak überhaupt nicht seifig, sondern höchstens etwas ölig schmeckt.

Wie kann man einen wirklich guten Tabak, der im Grunde jedem vorzüglich schmecken könnte, so rezensieren?
Ich kann das, wie Sie sehen …

„Dieser auf Virginia-Basis kreierte Flake mit einem Hauch rauchiger Latakiawürze und einer leicht floralen Schokoladennote ist ein einzigartiger Tabakgenuss.“ Auch so hätte man dieses Tabakreview beginnen können, aber das wäre mir zu langweilig geworden.
Aber es ist tatsächlich genau so. Bob’s Chocolate Flake ist ein wirklich guter Tabak. Viel schokoladiger, als der enttäuschende CF-Flake und nicht so rauchig, englisch wie der HU-RaikoInBetween. Keine Aromabombe, sondern ein ausgewogener sehr feiner und intensiver Tabak. Die Stärke würde ich als „mittel/stark“ einordnen.
Ich habe den Tabak ausnahmslos ohne Filter geraucht, niemals hat er auf der Zunge gebissen oder war je unangenehm, jederzeit kühl und vollmundig.

Der einzige Wermutstropfen: Man kann ihn hierzulande nicht kaufen. Geschockt? Ich hätte das auch gleich zu Anfangs erwähnen können, aber dann hätten NICHT EINMAL SIE weitergelesen …

 

 

 

 

 
 

Alexander Broy

Alexander Broy ist Künstler, Grafiker und YouTuber. Mehr zu sehen, hören oder lesen gibt es auf seinem Blog Künstlertagebuch. | Abonniere auch seinen NEWSLETTER

7 Antworten

  1. …. schönes Taschenmesser ……

    • Häri sagt:

      Nur konsequent und schlüssig. Die liebevoll drapierten Herrenmagazine…pardon….Magazine für Herrenkultur belegen, daß der Rezensent offenbar auch den kleinene Dingen des Alltags gewisse Beachtung schenkt…

  2. bemi sagt:

    Ich suche hier einen like Button. Gibt’s nicht. Auch egal. Ich gehe in den Keller und suche den Bob’s Flake Vorrat. Den gibt’s irgendwo.

  3. Jürgen Gradenegger sagt:

    Also ich hab weiter gelesen wegen der ungewöhnlichen Einführung! Ich rauche ja aber auch hin und wieder Aromaten. Auch welche mit Latakia und ich mag Lakeland Tabake. Du siehst mit graut vor nichts! 😉 Der Bob´s Choc muss definitiv mal von mir probiert werden. Ansonsten hab ich mich köstlich amüsiert!

    Rauchige Grüße!
    Jürgen

  4. Karl Hirsch sagt:

    Die Lakelandallergie ist mir bis dato unbekannt gewesen. Ich hab auch den Ennerdale-Gout durch einfaches Weiterrauchen mit einem anderen Tabak nach wenigen Füllungen vertrieben. Legenden gibts. Dann wird der Rest auch nicht stimmen.

  5. Rainer sagt:

    Hi Alex,

    Tabake mit „Choco inside“ habe immer so was ambivalentes in/an sich, weil man sich schnell mal in die Süßbapp-Abteilung des Supermarkts der Wahl katapultiert sieht, und nur noch ein Lila Sause Paradigma vor sich hat…
    Deswegen danke ich auch gelangweilten EU-Spitzfindigkeitsfindern, dass ein ehemals „ChocoLat“ nach den Nilpferdpeitschenhieben aus Brüssel nun „InBeTween“ (man betrachte die jeweiligen Schreibweisen) heißen darf. Fazit: Kein blaues, sondern ein glückliches Auge davongetragen… 🙂

    Zurück zum Bob:
    Ein gewisser lieber Stephan T. ist immer eine zuverlässige Quelle, wenn es um das übermitteln absolut probierenswerter Tabake geht ! (…man könnte ihm höchstens ankreiden, dass er das nicht schon vor 10 jahren getan hat… 😉
    Kurz: Dem Bob sein Schokodingens ist ein wirklich echt klasse Tabak ! …und ein schönes Review von dir dazu nochmals dieses Wunderkraut frisch aufpoliert… (wenn auch min. 10 Jahre zu spät… 😉 )

    „Lakeland“: Nun weiß doch ein jeder, dass das spezielle Aroma eines ‚Ennerdale‘ es schafft, 25cm Stahlbeton mühelos zu durchdringen, es schafft, den schnöden Lenorgeruch des Nachbars zwei Häuser weiter aus seiner Bettwäsche zu vertreiben, und Stammtischkumpels (so sie E. rauchen) sich schon rein nasal ca. 15min. vor ihrem Eintreffen ankündigen.
    Somit ist also auch nicht auszuschließen, dass sich da mal gelegentlich ein paar wenige Duftmoleküle in der Fabrikhalle von G&H beim dezenten beträufeln des E. andere Wunderkräuter kontaminieren… …diese Illusion verschwindet allerdings nach ein paar Zügen bei allen G&H’s, die sich erfolgreich einer absichtlichen…ahem… Lakelanderie entziehen konnten……

    Somit, happy wasauchimmerchocouundwievielauchimmerlatakiadrinpuffing,
    Rainer
    PS: Der aus der seit einiger Zeit gleichen Fabrikhalle kommende SG „Chocolate Flake“ aka nowadays namely CF-Flake konnte mich pers. gegensätzlich zum dem Bob sein Ding nie so recht überzeugen, eine Erklärung dafür bleibe ich aber schuldig…weil, Genuss und Geschmack entziehen sich manchmal rein verbaler Definitionen…

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