Cargo under sail – AVONTUUR Rum

„Es gibt sie noch, die guten alten Sachen“ oder so ähnlich lautet ein Werbespruch des namhaften Warenhauses für schöne Dinge aus zurückliegenden Zeiten, die eigentlich niemand braucht. Angewendet auf die neue Bewegung des althergebrachten Frachtensegeln allerdings ergibt das einen gänzlich anderen Sinn. Wie faszinierend und überzeugend die Idee ist, für gewisse Güter eine alternative Methode für den Transport zu schaffen, zeigt der TV Bericht des NDR „Frachtsegeln“ aus der Reihe „Die Nordstory“, den Sie am Ende des Berichtes ansehen können. Ein Muß für alle, die solchen Projekten aufgeschlossen sind. Ich bin zufällig beim mitternächtlichen Herumzappen auf die Sendung gestoßen und war HIN UND WEG. Das werden Sie auch sein, wenn Sie einem abenteuerlichen Optimismus, einer uneingeschränkten Passion und Leidenschaft trotz zunächst widriger Umstände, meist finanzieller Art, nicht gleichgültig gegenüberstehen.

Und so lernte ich die Abenteuer des 100 Jahre alten Gaffelschoners „AVONTUUR“ kennen, seines unglaublichen Kapitäns Cornelius Bockermann und einer fantastischen Land und See Mannschaft, die den Atlantik, die Karibik und andere Gewässer besegelt. AVONTUUR ist das niederländische Wort für Abenteuer, wahrlich bezeichnend  für das ganze Timbercoast Projekt. Timbercoast, so der Name der Reederei aus dem kleinen historischen Elsfleth in Niedersachsen, verschifft Produkte an Orte, an denen sie nicht produziert werden können. Somit wird ein Zeichen gesetzt gegen die Umweltzerstörung durch die internationale Schiffahrtsindustrie, die nie gekannte Ausmaße angenommen hat.

Dagegen nimmt sich die durch die Automobilindustrie verursachte wie die viel gerühmten Erdnüsse des Herrn Breuer aus. Der Naturschutzbund Deutschland gibt bekannt, daß ein Kreuzfahrtschiff an einem Tag so viele Luftschadstoffe verursacht wie eine Million Autos. Berechnungen für Containerschiffe, owohl nicht direkt vergleichbar, zeigen aber adäquate Verhältnisse.

Dieses nachhaltige Frachtsegeln schafft umweltfreundlich per Windkraft eine Verbindung zwischen öko-fairer Produktion und einem verantwortungsvollem Konsum. Denn die Erzeuger und Lieferanten von Timbercoast sind allesamt kleine Unternehmen, die der Umweltschonung verpflichtet sind.

Die Frachten-Törns, die Nordamerika, Mexiko, die Karibischen Inseln, Azoren, Kanaren, Kapverden, Madeira und Portugal anlaufen, dauern in der Regel zwischen 6 und 18 Monaten, bevor die AVONTUUR, derzeit noch der einzige Frachtensegler von Timbercoast, wieder in Elsfleth einläuft. Die gesegelten Waren, darunter Kaffee, Kakao, Rum, Gin, Korn, Schokolade, Honig und Salz, werden direkt im schönen Laden in Elsfleth und im Onlineshop angeboten. Dort habe ich auch die zwei Flaschen AVONTUUR Rum gekauft, die als  cargo under sail mein besonderes Augenmerk fanden. Wer im TV Bericht gesehen hat, wie die Crew an den Rum gelangt ist und mit welchen Mühen er an Bord geladen wurde, hat ein doppeltes Vergnügen an dieser Spirituose.


Die erfreuliche Zukunft: Kapitän Bockermann, der Visionär, hat im vergangenen Dezember einen ebenso realistisch visionären Investor gefunden, den deutschen Millardär Hans Georg Näder, ein besonderer Wohltäter auch auf anderen Feldern. Der passionierte Weltensegler und Besitzer der zur Zeit weltweit größten Carbon Segelyacht, die 70 Millionen Euro teure Pink Gin, plant mit Timbercoast zusammen eine Frachtensegler Flotte aufzubauen. Zwei Gleiche im Geiste haben sich zu einem Zeitpunkt getroffen, als für das AVONTUUR Abenteuer fast Matthäi am Letzten war und der Klabautermann bereits kräftig an den Masten zerrte. Welch ein Glück für diese von einer Botschaft für uns alle beseelten Idee.

Degustationsnotiz: Der ungemein elegante wie schlanke Rum lebt von seiner feinfruchtigen Frische. Dezente Vanillenoten unterlegen zart den Geschmack nach Quitten und frischen Äpfeln. Die für viele karibische Rums so typischen breiten Zuckerrohr- und Karamelnoten fehlen völlig. Dieser Rum ist schlank und sehr klar in seiner Fruchtigkeit. Er bewegt sich weitab von jedem Mainstream, demonstriert aber mit jedem Schluck überzeugend, dass wir es hier mit einer absolut erstklassigen Spirituose zu tun haben! (PH)

Der Rum stammt von der 3. Reise der AVONTUUR – die Voyage 5, so der Projektname – ist in Vorbereitung. Nachdem er 8 bis 10 Jahre in Eichenfässern auf La Palma (Kanaren) gelagert war, hat die AVONTUUR ihn zweimal auf der Route Nordamerika-Karibik und zurück gesegelt, bevor die Fässer in Elsfleth gelandet sind und auf 0,5 l Flaschen (42% Vol) abgezogen wurden. Am kommenden Freitag, 30. August 2019, werden wir die erste Flasche in der Münchner Runde öffnen, dazu den einen oder anderen Shanty singen und in Kürze über das Ergebnis berichten.

Es blieb nicht bei dieser ersten Flasche Rum: pünktlich zum Freitagsclub der Münchner Runde am 06.09.2019 ist der AVONTUUR “ Karibik Rum Junger Wilder“ eingetroffen, begleitet von einigen Tafeln AVONTUUR Schokolade, deren gesegelter Kakao aus Belize stammt.


Degustationsnotiz: Dieser karibische Rum Agricole verrät uns seine Herkunft schon eher, denn hier finden wir jene Noten von sehr reifen Bananen, holziger Vanille und Zuckerrohr, allerdings auch in einer eher untypischen, für Rum ziemlich exotischen Art und Weise: hier hat das Fassfinish (es sind für die Fahrt Zweitbelegungen von Sauternesfässern nachdem der Rum ein Jahr vor Ort in Bourbonfässern lagerte) seine Folgen viel deutlicher hinterlassen, was an dem intensiven Weissweinton zu riechen und zu schmecken ist. Das sehr junge und eminent frische Distillat mit seinen schönen Kanten (es ist ja ein Rum Agricole) wirkt wie hinter einem feinen Weissweinschleier, der mit seinen Noten fast ein bisschen an eine sehr frische und feinfruchtige Weissweingrappa erinnert und mit dem Rum eine durchaus untypische Wechselwirkung eingeht. Auch dieser Rum ist weit weg vom Mainstream, aber für sich gesehen ein ebenso eigenständiges wie eigenwilliges Spitzenprodukt. Wer eine süsse Begleitung zur Zigarre sucht, sollte ihn aber eher meiden… Einziger Kritikpunkt meinerseits: man hätte ihm vielleicht ein paar Alkoholprozente mehr lassen können (es sind 38%), um seine Kanten sogar noch ein bisschen stärker zu zeigen!? (PH)

 

 

AVONTUUR Voyages 1 und 3, so ist „unser“ Rum gesegelt.

AVONTUUR Voyage 2

AVONTUUR Voyage 4 und 5

NEU!! Voyage 11 – die AVONTUUR zurück in Hamburg, 28.07.2023

 

Bodo Falkenried

exemplarischer Niederrheiner, seit über 55 Jahren in München daheim, genauso lang Pfeifen- und Tabaksammler, versessen auf Musik, Literatur und andere Künste. Unternehmer, Segler, Reisender [..unser Mann in Asien]. Intensiver Marktgeher, immer an Feuer & Herd, sofern in der Nähe.  

10 Antworten

  1. Jürgen sagt:

    Da kann ich dir nur beipflichten Bodo ich bin von sollchen Ideen und vom Idealismus der Leute genauso begeistert !
    So oder so ähnlich machen es auch die Jungs von „Tres Hombres“.
    Seit 2009 verkehrt ihr Segelschiff Klimaneutral zwischen Europa und Amerika und bringt Waren wie Rum (der übrigens sehr gut ist), Kakaobohnen, Kaffeebohnen und Gewürze mit im Gegenzug transportieren sie waren und Güter aus Europa zum Amerikanischen Kontinent.
    https://de.m.wikipedia.org/wiki/Tres_Hombres_(Schiff)

    Bodo falls du dir aus Rum und Schokolade was machst unbedingt probieren falls noch nicht geschehen.

    Grüße
    Jürgen

  2. Jürgen sagt:

    Das hatte ich ja glatt überlesen…

    Sehr schöner Bericht übrigens will auch !

  3. Nachdem auch der AVONTUUR- Karibik Rum als zweiter gesegelter Rum ausgiebig in der Münchner Runde verkostet wurde, hat Peter Hemmer (PH) die Ergebnisse zusammengefasst. Sie finden seine Reviews unterhalb des jeweiligen Fotos.

  4. Karl Hirsch sagt:

    .

    Im Übrigen danke ich Bodo herzlich für die Kreation des neuen Qualitätsbegriffs „gesegelter Rum“. Stellt das abgegriffene „handgeschöpft“ absolut in den Schatten.

  5. Ich habe ja inzwischen auch beide Rums getrunken und bin vom ersten angetan und vom zweiten absolut begeistert. Beide sind vor allem nicht süß, was mir inzwischen bei Rums fast das wichtigste ist. Ich bin halt ein Freund der ländlichen Trinkkultur deshalb immer Agricole!

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