Alexander Broy | harter Gruß aus nächster Zukunft

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Herr B. hat München dauerhaft verlassen. Seine Geburtsstadt. Seinen innigsten Kosmos. Herr B. darf sich jetzt nur noch erinnern, wie er stets am späten Morgen von seinem Atelier in F. aufgebrochen ist. Der Kreisstadt, die, moos- und auenumschlossen, im Aufmarschgelände der Märchenstadt M. eine geringere Rolle zugewiesen bekommen hat, als andere illustere Orte. Orte, deren Bekanntheit und sozialeminente Verbundenheit zur geldigen Welt der Rasant-Humanoiden begrifflich geworden sind. Wenn der neue Tag Geschäftigkeit aufgenommen hat und der Tagesaufbruch in den Sog der Metropole geraten ist. Der gefühlsbefüllte Umhergang durch die Stadt seiner Geburt, M., das lustvolle Wissen über Wege und Richtungen, Strömungen, Menschliches, manchmal beglückend, manchmal verwerflich, die Kenntnis architektonischer Geheimnisse, all das befähigte Herrn B. zur geraden Nachfolge früherer, berühmter Stadtgänger und Flaneurs. Weit davon entfernt, selbst einen denkmalgleichen Zustand erreicht zu haben, läßt er Freunde, auch gelegentliche oder zufällige, an den Flaneuriaden teilnehmen, die oftmals den ganzen Tag einnehmen. B. führt ein sequentielles Künstlertagebuch.

 

Auch dieses, wie sein Äußeres, von starkem Lokalkolorit geprägt, das eine Erdverbundenheit zur bajuwarischen Scholle offenbart. Ein Künstler wie er erspürt die immerwährenden Veränderungen in und an seiner Stadt, er leidet daran und er begeistert sich, je nachdem, welche Richtungen sie nehmen. Bohemien. Münchner. Seine Richtung allerdings hat sich gewendet. Nach Franken. Denkt man an die Kleinstadt F., dann bietet so eine fränkische Metropole vermutlich den einen oder anderen Vorteil. Flaniert aber hatte Herr B. eben nicht in der Kleinstadt F., sondern in der Großstad M. Und da stellt man vorzugsweise und aus Gründen der Pietät keinen Vergleich an. Nur wenig Zeit  geht ins Land und Herr B. wird seinen geneigten Lesern, malerisch und mit des Dichters Worten, in feinem Versmaß gewogen, die wundersame Beglückung aufzeigen, die ihm seine jetzige provinzielle Heimatstadt angedeihen läßt. Das liegt in der Natur der Sache und entspricht dem Bild, das wir Daheimgebliebenen von Fortgezogenen  immer wieder vermittelt bekommen: jetzt ist schöner!

All das täuscht aber keineswegs einen rückwartsgeprägten, wenn auch kontemplativen Kreativen vor, sondern beantwort das Erstaunen darüber, warum B. befähigt war, einen knallharten, sexgeladenen, punk-brutalen, stakkatoesken Roman zu schreiben, der im Jahre 2037 spielt und fantasie- und ideenreich eine Zukunftsgesellschaft zeigt, der brisante und exotische Lösungsansätze vorführt.

Mit banaler Gegensätzlichkeit kracht der bräsige Titel Die Urlauber ins zeitgenössisch spießige Wohnzimmer. Wir schreiben das Jahr 2037. Vor dreißig Jahren hat die Bundesregierung in einer mutigen und nicht unumstrittenen Sozialreform den in der Hightech-Gesellschaft nicht mehr vermittelbaren Arbeitslosen ein Leben in Urlaubscamps in der Dritten Welt angeboten. Die Aussicht auf Sonne, Meer, ewigen Urlaub bei Vollpension und süßes Nichtstun auf Lebenszeit hatte einige Millionen Deutsche diesen neuen Lebensstil wählen lassen. Für den Staat ist die Unterbringung in diesen Camps weitaus billiger als die damals übliche Sozialhilfe. Der berühmte und exzentrische Virtual-Reality-Spieledesigner Zeth Texas kehrt nach über zwanzig Jahren wieder in das Camp zurück, in dem er geboren wurde und in dem seine Familie nach wie vor lebt. Eigentlich suchte er nur nach einer künstlerischen Inspiration für ein neues Modul seines Gewaltspiels Blood Ranger, welches eine der Hauptattraktionen der gelangweilten Campbewohner geworden ist. Die Reise in die merkwürdige Parallelgesellschaft wird für ihn zu einer emotionalen Achterbahnfahrt aus Gewalt, Sex, wahrer Liebe und Freundschaft.

Alexander Broy,  Mitgestalter der freitäglichen Münchner Tobacconisten Runde, hat einen anregenden „Schmöker“ vorgelegt, der –frech, ruppig, provokant und zum Glück erotomanisch gut bedacht-ein kurzweiliges Vergnügen mit aussergewöhnlicher Ideengrundlage bietet.

 

Der Künstler, der Maler Broy, den es immer wieder mit Rad, Staffelei, Wein und Käse in die Ammersee Auen, das Ampermoos oder aber –wie jüngst- auf die winterliche Südtiroler Seiser Alm, nach Irland treibt oder ins sommerliche Dänemark, der als Müßiggänger den unikaten Cosmos Monaciensis durchgangen hat und uns in seinem Blog „Das Künstlertagebuch“ mitnimmt, der echte bayerische Lebensart so angenehm vorlebt und der den schönen Dingen des Lebens als Pfeifenraucher und Tabakfreund zugeneigt ist, ist dennoch in seiner Vielschichtigkeit Archetypus in unserem Kreis. Einerseits der modernen (Medien-) Gesellschaft zugehörig, lebt in ihm nicht wenig Geist eines Ludwig Thoma. Eine stolze, ländlich geprägte Eleganz in Erscheinung und Ausstrahlung, die nichtsdestotrotz die Zukunft fest im Auge hält. Paßt. Mehr als gut.

Die Vorgeschichte zu diesem Roman lesen Sie bitte hier.

Alexander Broy
Die Urlauber
Roman, Cyber Punk Thriller
Gebundene Ausgabe: 319 Seiten
Verlag: KoF publishing
Sprache: Deutsch
ISBN-10: 3940313017
ISBN-13: 978-3940313010
erhältlich im Buchhandel, bei Amazon oder direkt beim Autor


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Das Künstlertagebuch

Bodo Falkenried

exemplarischer Niederrheiner, seit über 55 Jahren in München daheim, genauso lang Pfeifen- und Tabaksammler, versessen auf Musik, Literatur und andere Künste. Unternehmer, Segler, Reisender [..unser Mann in Asien]. Intensiver Marktgeher, immer an Feuer & Herd, sofern in der Nähe.  

1 Antwort

  1. 7. Dezember 2016

    […] Was nach dem Stillstand der Maschine geschieht, beschreibt Alexander Broy hier anschaulich im Härte 10 Roman „Die […]

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